Allygator Shuttle fährt seine Nutzer jetzt umsonst. Die Fahrkosten trägt der ADAC aus seinem Werbe-Etat. Was soll das?
Bisher fuhr allygator nur in der östlichen Innenstadt von Berlin, jetzt also im gesamten Innenstadtbereich. Der neue Ridesharing-Service wird vorerst für drei Monate freitags und samstags von 17 Uhr bis 1 Uhr innerhalb des gesamten S-Bahnrings angeboten. Bisher musste der Fahrgast einen geringen Kostenanteil bezahlen. Jetzt fährt er umsonst. Der ADAC bezahlt die Kosten. Er will damit sein Image verändern und jüngere Menschen ansprechen.
Der ADAC ist vor allem bekannt als Pannenhelfer („Gelbe Engel“) und als Autofahrerlobby („Freie Fahrt für freie Bürger“). Das ist nicht mehr genug und nicht mehr zeitgemäß. Mit über zwei Millionen Mitgliedern ist er der größte Verein Deutschlands und auf vielen anderen Gebieten tätig. Der ADAC will jetzt seine Funktion als Mobilitätsdienstleister in den Vordergrund stellen, obwohl immer noch „die Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrwesens, des Motorsports und des Tourismus“ als Vereinszweck in seiner Satzung steht.
Der On-Demand-Ridesharing-Dienst „allygator shuttle“ durch die Firma door2door soll sich laut Aussage der Betreiber weder gegen die BVG, das Taxigewerbe oder sonst wen richten, sondern als Ergänzung zu bestehenden Angeboten eine Mobilitätslücke schließen. Worin diese Mobilitätslücke innerhalb des bestens mit Mobilität versorgten Berliner S-Bahnrings bestehen soll, konnte keiner sinnvoll erklären.
Der Mangel an kostenlosen Gütern und Dienstleistungen ist allerdings flächendeckend zu allen Zeiten zu beklagen. Den Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen unter den Herstellungskosten bzw. den Selbstkosten nennt man allgemein Dumping. Ein Dumping-Anbieter nimmt stets kurzfristig einen wirtschaftlichen Verlust in Kauf, um längerfristig für sich positive Folgeeffekte zu erzielen – und negative für die Mitbewerber, die sich das nicht leisten können. Aber in diesem Fall ist das nicht so gemeint…
Tatsächlich wird door2door mit seinem allygator shuttle mit seinen 25 Autos an zwei Abenden in der Woche innerhalb des S-Bahnrings für 30.000 Nutzer (Neukunden werden z. Zt. nicht aufgenommen) weder die BVG noch das Taxigewerbe umbringen.
Auf die Frage, wie diese Firma wirtschaftlich vorankommen will, wenn sie einmal genehmigungsfähig werden sollte, gab es zur Antwort, der Fahrpreis für den Kunden solle sich zwischen BVG-Tarif und Taxi-Tarif bewegen. Hört sich schön an, aber was könnte das bedeuten?
Der BVG-Fahrschein ist deshalb so vergleichsweise billig, weil ein großer Teil der Kosten vom Steuerzahler bezahlt wird. Die BVG, die S-Bahn und ähnliche Anbieter könnten allein von ihren Fahrscheineinnahmen nicht existieren. Der Taxi-Tarif ist deshalb so vergleichsweise teuer, weil man für weniger kein Auto mit Fahrer und den ganzen übrigen Verpflichtungen bereitstellen kann.
Der wirtschaftliche Spielraum „dazwischen“ ist gering, wenn man nicht dauerhaft Sponsoren wie hier dem ADAC auf der Tasche liegen will. Das Auto ohne Fahrer wäre erheblich günstiger, ist aber Zukunftsmusik. Weg mit den übrigen Verpflichtungen? Das ist eine kurzsichtige Forderung. Diese Verpflichtungen sind durchaus sinnvoll (technische/medizinische Überprüfung von Material und Personal, gute Versicherung usw.).
Was bleibt, ist die Möglichkeit zum Teilen (sharing). Das senkt zwar nicht die Kosten des Angebots; ihre Bezahlung verteilt sich jedoch auf die Nutzer, wird also für den Einzelnen geringer. Das ging schon immer. Fünf Mann in einem Taxi auf Kurzstrecke unterbieten sogar den BVG-Tarif. Na schön, die fünf mussten sich persönlich, analog verabreden. Jetzt macht man das digital per App.
Dazu braucht man im Prinzip keinen neuen Anbieter von weiteren Fahrzeugen, der den vorhandenen Mobilitätsanbietern „in freundlicher Zusammenarbeit“ per Dumping das Geschäft verdirbt. Zumindest in Berlin und Hamburg nicht. Taxi Berlin und der Hansafunk haben eine sharing-Funktion in ihre Taxi-Bestell-App integriert.
Damit stehen dem Kunden in Berlin mehrere tausend Taxis zu jeder Zeit im gesamten Stadtgebiet, auch für geteilte Fahrten, zur Verfügung. Angesichts dessen ist die dreimonatige Aktion des ADAC nicht mehr als ein Werbegag. wh
Damit verabschiedet sie die Taxi Times-Redaktion für diese Woche und wünscht ein schönes Wochenende sowie allen Kolleginnen und Kollegen im Schichtdienst unfallfreie Fahrt. Nächste Woche müssen Sie trotz der närrischen Tage nicht auf weitere Meldungen verzichten.
Grafik: Taxi Times
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Hab gleich adac gekündigt