Das oberste Gericht Kaliforniens, der Supreme Court, rüttelt mit einem Grundsatzurteil an dem Geschäftsmodell der gesamten ‚Gig-Economy‘: Auch Uber-Fahrer müssten demnach als Arbeitnehmer eingestuft werden und das würde die Kosten des Unternehmens um 20 bis 30 Prozent steigen lassen. „Ein Riesending,“ doch man hat sich vor Klagen abgesichert.
Das Urteil betrifft der New York Times (NYT) zu Folge auch andere Arbeitgeber der „Gig Economy,“ von denen besonders viele in Kalifornien ansässig sind. Die Entscheidung könnte Fahrer für Uber, Lyft u.a. berechtigen, den Mindestlohn und Arbeitszeitregelungen genauso für sich zu beanspruchen wie Arbeitslosenversicherung und die anteilige Übernahme von Lohnsteuer durch den Arbeitgeber. Bisher werden sie als selbstständige Subunternehmer eingestuft.
Die Änderung würde nach eigenen Schätzungen der Industrie 20 bis 30 Prozent Mehrkosten verursachen und das Aus für ihre Geschäftsmodelle sein, schreibt die wohl renommierteste Tageszeitung des Landes. „Das ist ein Riesending – definitiv ändert das alles und es wird jedermann zwingen, das ganze Thema neu zu betrachten,“ wird Richard Meneghello, Rechtsanwalt einer Gig-Economy-AG zitiert.
Das Gericht hat sich in der Bewertung der Arbeitsplätze von einem bisher gültigen 10-Punkte-Katalog getrennt und ist zu anderen Kriterien übergegangen, wie sie vor allem von Gerichten an der Ostküste der Vereinigten Staaten angewendet wird. Es wird weniger darauf abgezielt, wie groß Einfluss und Kontrolle des Arbeitgebers auf die Abläufe des Arbeitnehmers sind, sondern auf die Geschäftsbeziehung. Sobald eine Person die Kernaufgaben -„das gewöhnliche Geschäft“- der Firma erledigt, ist sie nicht mehr als selbstständiger Subunternehmer zu sehen. Zum Beispiel seien Heimarbeiter wie Näher Angestellte eines Kleidungsproduzenten, wenn sie die Rohwaren vom Auftraggeber bekommen. Wesentliches Merkmal sei, dass das Produkt bzw. die Dienstleistung „ein Standardmerkmal“ des Auftraggebers sei.
Bisher hatten Uber, Lyft, GrubHub und andere Betriebe in den sehr vielen anhängigen arbeitsrechtlichen Klagen in den USA meist erfolgreich argumentieren können, dass sie keine oder nur geringe Kontrolle auf die Arbeitnehmer ausüben würden und diese allein deswegen selbstständig seien. Mit dieser Rechtslage konnten Unternehmen ihre Arbeitnehmer entlassen, um sie als vermeintlich „Selbstständige“ zu anderen Konditionen weiter zu beschäftigen. So geschehen im vorliegenden Fall: Geklagt hatten Auslieferungsfahrer der Firma Dynamex, die bis 2004 angestellt waren und anschließend wie selbstständige Subunternehmer behandelt wurden.
Uber wollte dazu keine Stellung nehmen. Die NYT kommt zum dem Schluss, dass der Fahrdienstanbieter auf längere Sicht sein Geschäftsmodell wird ändern müssen. Bevor das Unternehmen aber die Verantwortung für seine Defacto-Angestellten tragen wird, könnte der Fahrdienstleister versuchen, die Geschäftsbedingungen zu ändern. Ein zwischen Fahrer und Kunden frei verhandelbarer Preis wäre eine Möglichkeit.
Unmittelbare Auswirkungen hat das Urteil leider auch nicht: Uber lässt sich von Fahrern und Kunden eine Klausel unterzeichnen, die eine „Schlichtung“ im Streitfalle verpflichtend macht. Sie ist zwar selbst zum Politikum geworden und höchst umstritten, aber müsste selbst erst mal gerichtlich aus dem Weg geschafft werden. prh
Symbolfoto: Landgericht München
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Die Frage ist doch arbeitsrechtlich auch in Deutschland die der Abhängigkeit?
Bei uns gibbet das Instrument der Scheinselbstständigkeit, das scheint sich bei den US-Gerichten nun auch durchzusetzen.