Die Dumpinganbieter Uber und Lyft spannen ihre Kunden mit massiven und manipulativen Mitteln ein, um Druck auf die New Yorker Stadträte auszuüben. Damit wollen sie deren Versuch einer Marktregulierung vereiteln.
Update 02.08.: Fahrdienstanbieter schlagen finanzielle Hilfen für Taxi-Unternehmer vor, aber die Stadt bleibt hart
Wer insgeheim doch gehofft hatte, die Fahrdienstanbieter der ‚Gig Economy‘ hätten inzwischen die Grundprinzipien demokratischer Rechtsstaatlichkeit begriffen, der wird angesichts dieser Meldung ein weiteres mal enttäuscht: Kaum dass der Abstimmungstermin über den Gesetzesentwurf zur Marktregulierung bekannt wurde, starteten Uber und Lyft ihre Kampagnen.
Uber ruft Kunden an
BuzzFeedNews berichtete, dass Uber Kunden anrufe, um sie zu überreden, gegen den Gesetzentwurf zu protestieren. Uber behauptete in den Gesprächen wahrheitswidrig, die Stadt plane die Fahrpreise und die Wartezeiten für Uber-Kunden zu erhöhen. Noch während des Gesprächs bieten Telefonagenten den Kunden an, sie telefonisch sofort und direkt mit „ihrem Stadtrat“ zu verbinden. Sie sollten diesen dann persönlich mitteilen, der Anrufer unterstütze Uber und wäre gegen eine Marktregulierung. Auf BuzzFeeds Frage, ob Uber die privaten Adressen der angerufenen Kunden auswertete, um deren zuständiges Ratsmitglied zu ermitteln, antwortete Uber nicht.
Auch zwei Reporter von BuzzFeed wurden angerufen, wahrscheinlich versehentlich. Als sie verneinten, wurden sie manipulativ gefragt: „Sie wollen also, dass die Fahrpreise steigen? Alles was sie sagen müssen ist ‚ich unterstütze Uber‘ und dann auflegen,“ drängten die Telefonisten die angerufenen Kunden. Der Sprecher des Stadtrates Corey Johnson, Unterstützer der neuen Gesetzesvorschläge, verzeichnete zunehmende Anrufe. Er ließ mitteilen, es seien sowohl negative wie positive Äußerungen dabei gewesen.
Auch Lyft übt Druck aus
Das ist nur Teil von „Uber’s publicity blitz,“ wie BuzzFeed schreibt. Zeitgleich bekommen Kunden unerwünschte E-Mails, in denen, wie auch in Anzeigen und Pop-Up-Benachrichtigungen bei der Benutzung der App, behauptet wird, dass die Fahrpreise steigen würden, wenn die Anzahl der Konzessionen für Uber begrenzt würde. Außerdem würde es bedeutend schwieriger werden, außerhalb Manhattans ein Uber-Fahrzeug zu bekommen. In der üblichen Übertreibung versucht Uber den Hashtag „#DontStrandNYC“ („Strande nicht, New York City“) zu etablieren – als wenn es keine anderen Möglichkeiten des Transportes gäbe.
Auch Lyft führte ein „Pop-Up“ ein, in dem behauptet wird, dass ein Einfrieren der Konzessionen höhere Fahrpreise und längere Wartezeiten zur Folge hätte. Immerhin fordert Lyft darin andere Lösungen, wenngleich diese auch nur ein Hinhalten sind und letztendlich wohl das Problem nicht lösen. Lyft schlägt einen Mindestlohn vor sowie finanzielle Hilfen, zu bezahlen von den Fahrdienstanbietern, um betroffene Taxifahrer zu unterstützen, oder eine „umfassende Stau-Abgabe“, die öffentlichen Verkehrsmitteln zu Gute kommen soll.
Negative Reaktionen
BuzzFeed berichtet auch, dass die Gesetzesvorschläge natürlich zur Rettung des sterbenden Taxigewerbes dienen sollen. Aber auch die ‚Independent Drivers Guild‘, ein von Uber unterstützter Zusammenschluss von Uber-Fahrern, die sich „selbstständige Unternehmern“ nennen, begrüßen den Vorstoß. Sie träten bereits seit zwei Jahren für eine Begrenzung der Anzahl der Uber-Fahrer ein. Man könne die Initiative des Stadtrats kaum erwarten.
BuzzFeed berichtete von sehr verärgerten Reaktionen der Kunden in den sozialen Medien.
Uber wurde zwar für dieses Vorgehen bereits in der Vergangenheit kritisiert, war aber damit erfolgreich: 2015 versuchte der Bürgermeister New Yorks, Bill de Blasio, schon einmal die Zahl der Laien-Taxis zu begrenzen. Darauf hin fuhr Uber eine massive Kampagne. Sowohl Kunden wie Fahrer erhielten SMS-Nachrichten, in denen sie aufgefordert wurden, sich öffentlich gegen die Pläne auszusprechen. Uber organisierte Demonstrationen vor dem Gebäude der Genehmigungsbehörde TLC.
Kunden wurden auch 2015 planmäßig falsch informiert. Ihnen wurde mit einem Pop-Up bei der Bestellung angezeigt, wie lange sie angeblich auf einen Wagen warten müssten, wenn die Anzahl der Mietwagen begrenzt würde. Das nannte man „de-Blasio-View“, weil es den Bürgermeister persönlich anging. Begleitet wurde die Kampagne durch prominent platzierte Anzeigen mit ähnlichen Botschaften. Am Ende knickten die Politiker ein.
Acht Millionen Dollar für Spam verbraten
Genauso ging Uber schon in anderen Städten vor, zum Beispiel in Austin (Texas), wo die Stadt im Mai 2016 über strengere Regeln von Fahrdiensten wie Uber abstimmte. Die Stadtverordneten wollten nach vielen kriminellen Zwischenfällen die lückige polizeiliche Überprüfung der Laien-Taxifahrer durch den Abgleich von Fingerabdrücken, wie sie bei ordentlichen Taxifahrern auch durchgeführt wird, sicherer machen. Auch dort bombardierten Uber und Lyft die Menschen mit unerwünschten E-Mails und SMS. Die Anbieter günstiger Transporte ließen sich CNN zu Folge die Kampagne acht Millionen Dollar kosten – über 10 Dollar pro Einwohner. Als das Gesetz trotzdem passierte, zogen die Fahrdienstanbieter beleidigt aus der Stadt ab. Anderen Städten mit ähnlichen Plänen drohten sie daraufhin ebenso mit einer Einstellung des Betriebes.
Letzteres wäre für New York City zwar die beste Lösung, aber auch die am wenigsten wahrscheinliche. prh
Update: New York macht keine faulen Kompromisse
Lyft, Uber und Via boten der Stadt gestern an, einen „Härtefall-Fond“ in Höhe von 100 Millionen Dollar bereitzustellen, der in Not geratenen Taxi-Unternehmern helfen sollte. Im Gegenzug sollte die Stadt ihren Plan, einen Mindestlohn gesetzlich verbindlich zu machen, fallen lassen. Doch die Stadt blieb hart.
Die Rede war von bis zu „mehreren zehntausend Dollar“ für einzelne Inhaber von Taxikonzessionen. Zum Vergleich: Eine einzige Konzession wurde vor einigen Jahren noch für Preise von bis zu einer Millionen ausgegeben. Das Büro des Bürgermeisters ließ verlauten, dass die Stadt bereits im Vorfeld mit allen Beteiligten Gespräche geführt habe, um eine „ganzheitliche Problemlösung“ zu erreichen. Die Stadt verstehe den Wirbel, den Uber & co veranstalten, eher als Taktik, um Druck aufzubauen.
Symbolfoto: Philipp Rohde
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