Weil ein Clever-Shuttle-Fahrer einen betrunkenen weiblichen Fahrgast an der Brust und im Intimbereich angefasst hat, wurde er zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Medien berichteten ausführlich und sprachen dabei immer von einem Taxifahrer. Wenigstens der NDR hat sich nun dafür entschuldigt.
Es ist ein ganz übler Fall. Eine Studentin bestellt ein Fahrzeug, weil sie betrunken ist und wird vom Fahrer während der Fahrt an intimen Stellen angefasst. Davon ist sie so überrascht, dass sie sich nicht wehrt, hinterher jedoch Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und klagt an, es kommt zum Prozess. Der Fahrer versucht, sich rauszureden. „Sie hätte sich doch wehren können“, soll er gesagt haben. Der Richter sieht das anders. Er betonte, dass ein Taxi ein geschützter Raum sei, den man gerade aufsuche, um sicher nach Hause zu kommen. Womit er sicher Recht hat.
Das Fatale: Der geschützte Raum war gar kein Taxi. Es war ein Mietwagen des Unternehmens Clever-Shuttle. Das sind jene Fahrzeuge, die per Sondergenehmigung und mit reichlich Kapital der Deutschen Bahn taxiähnliche Fahrdienste anbieten. Buchbar über eine App, die mehrere Fahrgäste in einem Fahrzeug zusammenfassen kann, wenn Zeitpunkt und Fahrtziel einigermaßen zusammenpassen. Die Studentin war bei dieser Fahrt allerdings alleine unterwegs – mit einem Fahrer eines Mietwagens, der somit kein Taxifahrer war, während der Verhandlung aber wohl immer wieder als solcher bezeichnet wurde.
Was dann auch prompt dazu führte, dass diverse Zeitungen von einem Taxifahrer berichteten, der grapschte und nun wegen sexueller Nötigung verurteilt wurde. Erst später wurde der Irrtum entdeckt und die Headlines geändert. Der NDR machte aus dem Taxifahrer einen CleverShuttle-Fahrer und entschuldigte sich am Ende des Beitrags mit dem Hinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags ist uns ein Fehler unterlaufen. Es wurde von einem Taxifahrer gesprochen. Tatsächlich arbeitete der Mann nicht für ein Taxiunternehmen, sondern für den Fahrdienst „CleverShuttle“. Die Redaktion bittet für diesen Fehler um Entschuldigung. Der Richter des Amtsgerichts St. Georg sowie die Staatsanwaltschaft sprachen allerdings von einem „Taxifahrer“, weshalb wir die Bezeichnung in zitatbezogenen Sätzen beibehalten haben.
Die Hamburger Morgenpost behielt zwar den Begriff Taxifahrer bei, bildete aber immerhin ein CleverShuttle Fahrzeug bei und machte so deutlich, für wen der verurteilte Fahrer in jener Nacht tatsächlich unterwegs war.
Ganz besonders schlimm und ohne jegliche journalistische Sorgfaltspflicht ging allerdings die Bild-Zeitung mit der Geschichte um. Hier findet sich im Internet noch heute die reißerische Headline „Taxi Horror“. Im Beitrag selbst kein Wort darüber, dass es eben kein Taxifahrer war. Im Gegenteil: Im letzten Satz erfährt der Leser, dass der Angeklagte seinen Job als Taxifahrer verloren habe.
Anmerkung der Redaktion: Es ist bedauerlich, dass weder Richter noch Staatsanwaltschaft Wert auf den entscheidenden Unterschied bei ihrer Wortwahl gelegt haben. Sie haben damit einer Branche, die damit gar nichts zu tun hatte, einen immensen Imageschaden zugefügt. Es ehrt den NDR (Nordeutschen Rundfunk), dass er das wenigstens im Machhinein richtiggestellt hat. Dass die Bild-Zeitung auch nach vier Tagen immer noch keine Richtigstellung vornimmt, ist eine Schande, passt allerdings zur Wahrnehmung, die man bei allen Blättern des Springer-Verlags beobachten kann: Seit sich Springer am US-Unternehmen „Uber“ finanziell beteiligt hat, scheint es innerhalb der Springer-Medien eine klare Aufteilung zu geben: die renommierten Titel wie welt oder auch der TV-Sender welt24 berichten positiv und unreflektiert über die neuesten Uber-Aktivitäten, während die Bild-Zeitung keine Gelegenheit auslässt, schlecht über die Taxibranche zu schreiben. jh
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Zu der Entschuldigung des NDR:
So ganz ohne „Anstoß von außen“ ist das wohl nicht passiert.
Wir – die Gemeinschaft angestellter Taxifahrer Hamburg e.V. (GaTH) – sind auf den Artikel aufmerksam geworden und haben den NDR in einer Email aufgefordert, diese falsche Meldung richtig zu stellen.
Ob es dem NDR auch ohne unseren „Hinweis“ aufgefallen wäre … darf bezweifelt werden.
Dieser Kommentar ist natürlich auch ein bisschen Werbung in eigener Sache, aber das sei hier gestattet.
Thomas Gerke – Pressesprecher der GaTH
Wer mit dem Finger auf andere zeigt, lenkt nur von sich ab. 3 Finger nämlich zeigen auf ihn selbst.
Schreibt ein Autor also reißerisch über Andere, enttarnt er sich letztlich selbst.
Paparazzi und andere Sensationsjournalisten die Gaffer und ihresgleichen.