Taxi Times hat in der vergangenen Woche bereits über die Odyssee des Stuttgarter Taxifahrers Frank Sailer berichtet. Er wäre fast daran gescheitert seinen Personenbeförderungsschein zu verlängern. Inzwischen ist Sailer unbürokratisch geholfen worden, doch wie geht die Behörde in Zukunft mit der vorherrschenden Situation um?
Ein Taxifahrer ohne P-Schein ist kein Taxifahrer und kann seinen Beruf, der sich und seine Familie ernährt, schlichtweg nicht ausüben. Der Fall von Frank Sailer hat exemplarisch gezeigt, mit welchen Hürden man rechnen muss, wenn man in Stuttgart ordnungsgemäß seinen Personenbeförderungsschein verlängern will. Zur Erinnerung: Die Stuttgarter Führerscheinstelle, bei der man die Verlängerung des P-Scheins beantragen muss, ist personell völlig überlastet. Um bestimmte Vorgänge abarbeiten zu können, sind beispielsweise die Öffnungszeiten eingeschränkt worden. Auch werden, um den Besucherandrang besser kanalisieren zu können, am Morgen Wartemarken ausgegeben, um das Publikumsaufkommen zu regulieren.
Das Ergebnis dieser Praxis ist, dass nur wenige ihr Anliegen bei der Behörde klären können und ein Großteil der ‚Kunden‘ wieder unverrichteter Dinge die Heimreise antreten müssen. Ärgerlich für die Bewohner Stuttgarts, existenzbedrohend für Taxifahrer!
Auf Nachfrage von Taxi Times, wie so eine Situation überhaupt entstehen konnte, räumte die Pressestelle der Stadt ein, dass nachgebessert werden muss, und dass die eigentliche Herausforderung aber die stetig steigende Einwohnerzahl ist.
„Eine „wachsende Stadt“ bedeutet automatisch auch ein Anwachsen der Verwaltungsaufgaben. Hinzu kommen neue Aufgaben, die sich aufgrund von Rechtsänderungen ergeben haben. Dadurch ist der Beratungsbedarf kontinuierlich gewachsen und die Bearbeitung der einzelnen Vorgänge vor allem in der Führerscheinstelle immer zeitaufwändiger geworden. Die Dienststelle kam und kommt deshalb trotz aller Anstrengungen nicht umhin, die Ausgabe von Wartemarken bei hohem Publikumsaufkommen vorzeitig zu beenden und die Zulassungs- und/oder Führerscheinstelle früher zu schließen.“
Daraus liest sich, dass die Führerscheinstelle nicht rechtzeitig auf das rasche Einwohnerwachstum reagiert hat, was letztlich in der aktuellen Situation resultiert.
Die Stadt hat die Probleme erkannt und will elf neue Vollzeitkräfte einstellen. Die im Mai getroffene Entscheidung zieht erste Einstellungen zum ersten Oktober nach sich. Die Sprecher der Stadt gehen davon aus, „dass das zusätzliche Personal bis Ende des Jahres Wirkung zeigt und sich die Situation bis dahin wieder entspannt.“
Kurz- und mittelfristig, so die Stadt, sind noch eine Vielzahl weiterer Maßnahmen entschieden worden, die bereits umgesetzt worden sind, oder sich in der Umsetzung befinden. Sie sollen allesamt den Ablauf verbessern. Für die Stuttgarter Taxifahrer ändern sich aber erst einmal nichts an der Situation, da „Aufgrund der momentanen personellen Situation […] eine Bevorzugung einzelner Berufsgruppen nicht möglich“ ist, deshalb empfiehlt die Führerscheinstelle sich möglichst früh um die Verlängerung des P-Schein zu kümmern.
Wird der Verlängerung des Verlängerungsantrags zugestimmt, strebt die Behörde eine Bündelung der Vorgänge an. Die Unterlagen sollen dann, nach Möglichkeit, an einem speziellen Schalter ausgegeben werden.
Einem Vorschlag seitens der Taxi-Auto Zentrale Stuttgart kann hingegen nicht entgegengekommen werden. Sie hatte vorgeschlagen, die Anträge zur Verlängerung des Personenbeförderungsscheins zukünftig am gleichen Schalter abzuwickeln, an dem Taxiunternehmer bislang ihre konzessionellen Angelegenheiten klären. Dort wird man bislang ohne Wartemarken bedient.
Gegen diese Lösung spricht aus Sicht der Stadt, dass der Aufgabenbereich „nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der für Taxifahrer erforderlichen Fahrerlaubnis steht.“
Für die Stuttgarter Taxifahrer, die ihren P-Schein verlängern wollen, wird sich die Situation also erst gegen Ende des Jahres entspannen, oder sie gehen den Weg von Frank Sailer und sprechen mit allen involvierten Parteien aktiv über die Situation. Ihm hat es letztlich geholfen. sg
Kommentar der Redaktion: Soviel Verständnis man auch für die Situation der Stuttgarter Führerscheinstelle entgegenbringen kann, so schwer fällt es, das städtische Bevölkerungswachstum als Begründung zu akzeptieren. Wenn eine Kommune vom Zuzug überrascht wird und das war, wie die Stadt selber zugibt, in diesem Beispiel offensichtlich der Fall, dann muss sie sich die Frage gefallen lassen, wie das sein kann. Aktuell beschreibt der Wegweiser Demographischer Wandel 2020 von der Bertelsmann-Stiftung ein Wachstum von 2012 bis 2030 um rund 7 Prozent oder ca. 42.000 Einwohner. Mit diesen Zahlen vor dem Auge kann die Stadt sicher besser auf den zukünftigen Andrang bei den örtlichen Behörden reagieren. Bleibt zu hoffen, dass andere Kommunen sich auch rechtzeitig Gedanken über die Zukunft machen. Für München wird beispielsweise ein Bevölkerungswachstum bis zum Jahr 2030 von 14 Prozent vorhergesagt.
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In München ist die Situation sehr ähnlich. Gute 3 Monate Wartezeit um einen Termin für die Verlängerung zu bekommen. Alle total überlastet.
Die selben unhaltbaren Zustände sind in Berlin seit Jahren. Die gesetzliche Vorschrift besagt, dass 12 Wochen vor Ablauf der Gültigkeit des P-Scheins der Antrag auf Verlängerung gestellt werden muss. Anträge kann man nur in dem Bürgeramt stellen. Um einen Termin im Bürgeramt zu bekommen, braucht man aber viel Geduld. Das zuständige Labo nimmt keine Anträge mehr an. Die sind damit beschäftigt den UBER Fahrern ihre Anträge zu bearbeiten. Der Staat vernachlässigt auf allen Ebenen seine Aufgaben. Was ist aus diesem Land geworden?