Die Unternehmensberatung Boston hat sein Kapital aus einer gemeinsam mit Shell entwickelten Taxi-App zurückgezogen. Auch der Energieriese ändert seine Strategie und fährt sämtliche weiteren Investitionen gegen Null. Datensammeln will man aber weiterhin.
„FarePilot“ – schon mal gehört? Es handelt sich um eine sogenannte Fahrer-Assistenten-App, die Personenbeförderern aktuelle Hotspots anzeigen soll. Die ‚Daily Mail‘, die britische Boulevardzeitung mit der zweitstärksten Auflagenzahl, titelte letzte Woche „Energieriese Shell macht mit seiner Taxi-App eine Kehrtwende, obwohl er Millionen investiert hat“.
Die App wurde von Royal Dutch Shell und Boston Consulting mit knapp 9 Millionen US-Dollar finanziert und startete im letzten Jahr. Hat man sich als Fahrer registriert, kann man die App herunterladen und stellt seine Daten (durch die unumgängliche Registrierung personengebunden) zur Verfügung. Der Datenschutzerklärung lässt sich entnehmen, dass die App, unabhängig davon, ob sie geöffnet ist oder nicht, unter anderem die Daten des Beschleunigungssensors und des Gyroskops erfasst um „zu erkennen, wann Sie starten, anhalten, ausweichen, die Fahrspur wechseln usw. und wie schnell Sie sich fortbewegen.“
Schon im Juni 2019 berichtete die Financial Times über veränderte Pläne Shells in London. Das Projekt sei drastisch zurückgefahren worden, da man es nicht hätte „zum Laufen bringen können“. Von dem Gedanken, eventuell auch in die Vermittlung von Fahraufträgen einzusteigen, hätte man Abstand genommen. Zu dem Zeitpunkt war noch die Rede von einer App für „Ride-Hailing-Fahrer“, die helfen soll, Kunden zu finden.
Die Daily Mail berichtet nun Anfang Oktober, dass Boston Consulting aus dem Geschäft ausgestiegen sei und Shell, nunmehr alleiniger Inhaber, eine Kehrtwende ankündige. Jetzt, vielleicht nicht zufällig im Zusammenhang mit der nur kurzfristigen Verlängerung der Lizenz für Uber in London, ist von einer App für Taxifahrer die Rede, die helfen soll, den Verdienst zu erhöhen und Emissionen einzusparen. Die Aktionäre hätten zwar beschlossen, die Investitionen in das unrentable Projekt herunterzufahren, die App stünde aber weiterhin zur Verfügung, Fahrer könnten sich weiter registrieren. Es ändert sich also eigentlich nichts, denn „mehr“ bot die App die ganze Zeit nicht.
Laut der Financial Times arbeiteten im Juni 2019 noch 24 Mitarbeiter an dem Projekt und mit dem Aussteigen von Boston Consulting seien, laut Daily Mail, 19 Mitarbeiter entlassen worden. Die Algorithmen aber arbeiten weiter und die so gewonnenen Daten (bis jetzt von über 200.000 Fahrern) haben sicherlich noch ihren Wert. ys
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