In der Verhandlung vor dem Landgericht Frankfurt am Main um ein mögliches Verbot der Uber-App wurden zwischen Kläger und Beklagter noch einmal die Argumente ausgetauscht, während die Richterin überraschend klar Stellung bezog. Ein Urteil wurde jedoch noch nicht verkündet.
Eine Entscheidung will die vorsitzende Richterin am Donnerstag, dem 19. Dezember, um 10 Uhr bekannt geben. Fünf Tage vor Weihnachten könnte es also aus Sicht des Taxigewerbes eine schöne Bescherung geben, falls das Gericht die App UberX tatsächlich in ganz Deutschland verbietet.
Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht. Das zumindest sind die Eindrücke, die man als Prozessbeobachter aus der Verhandlung mitnimmt, die gestern unter dem Aktenzeichen 3 – 06 O 44/19 am Landgericht Frankfurt stattfand.
Nach einer kurzen Einführung in den Sachverhalt erläuterte die Richterin jene Einschätzungen, die sie in Vorabberatungen mit ihren beiden beisitzenden Handelsrichtern bereits gewonnen hatte.
So sehe man einige Anhaltspunkte dafür, dass Uber nicht als technische Plattform, sondern als Fahrtenvermittler auftrete, der somit dem § 3, Absatz 2, Satz 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) unterliege. Maßgeblich sei die Sicht der Fahrgäste, ließ die Richterin verlauten. Und aus deren Perspektive sei die Firma Uber der Leistungserbringer der Beförderung. Das werde beispielsweise auch aus der großflächigen Werbekampagne deutlich, die aktuell an vielen Flughäfen zu sehen sei. Der deutlich kleinere Hinweis, dass Mietwagenfirmen als Leistungserbringer fungieren, sei für den Kunden kaum wahrnehmbar. Auch die Erwähnung der Uber-Partner innerhalb der Nutzungsbedingungen der App seien nicht zielführend, da man davon ausgehen müsse, dass dies nur von wenigen gelesen werde.
Die Richterin nannte drei weitere Merkmale, die eine Einstufung unter § 3 PBefG rechtfertige: Die Auswahl der Fahrer erfolge durch Uber, nicht durch den Mietwagenunternehmer, ebenso wie die Wahl des Zahlungsmittels – und nicht zuletzt auch die Preisgestaltung. Der Mietwagen könne gar keinen eigenen Fahrpreis festlegen, stellte die Richterin klar.
In diesem Punkt versuchte der Uber-Anwalt zu widersprechen. Man könne eine solche weitreichende Entscheidung nicht von der Frage abhängig machen, in welcher Schriftgröße ein Hinweis auf einem Werbeplakat angebracht sei. Generell sei ein typisches Symbol der neuen Gesellschaft, dass sich technische Plattformen als Vermittler zwischen den Kunden und den Anbieter schalten. Er nannte als Beispiele Amazon, eBay, Zalando und weitere. Hier sei es den Kunden sehr wohl bewusst, dass ihr Lieferant nicht der Plattformbetreiber ist. Der Uber-Anwalt warf die Frage in den Raum, ob eine Kumulierung von Dienstleistungen automatisch dazu führe, dass eine Plattform selbst zum Dienstleister werden muss. Hinsichtlich der von Uber festgelegten Preise beschwichtigte der Anwalt: Die angezeigten Preise seien nur Vorschläge, die der Kunde akzeptieren könne, aber nicht müsse, was auch für den Fahrer gelte.
Herwig Kollar, der Anwalt von Taxi Deutschland, konterte die Ausführungen der Uber-Seite mit dem Hinweis, dass bei Amazon & Co. jeder Kunde eine Auswahl verschiedener Preise erhalte. Genau dies sei in der Uber-App nicht der Fall. „Hier wird ihm nicht angeboten, dass der Unternehmer Meier die Fahrt für zehn Euro und Müller für neun Euro durchführe und der dritte für 14 Euro, weil er dafür im Gegenzug eine Mercedes-S-Klasse bietet“, sagte Kollar.
Die angebliche freie Wahl, ob ein Kunde bzw. ein Fahrer die angebotenen Preise akzeptiere, kritisierte Kollar, denn wenn ein Kunde oder auch ein Fahrer das Preis-Angebot ablehne, hätte er sich dadurch automatisch aus der App verabschiedet. Das laufe nach dem Motto „Friss oder stirb“.
Taxi Deutschland hatte seine Klage gegen Uber im Sommer auf drei Argumentationsketten gestützt. Neben dem oben erwähnten Vorwurf, ohne Genehmigung nach § 3 PBefG zu agieren, wirft man dem Vermittler vor, dass deren Vermittlungstechnik nicht verhindere, dass der Fahrer Aufträge direkt von Uber zugewiesen bekomme. Drittens vermittle Uber Fahraufträge an Mietwagenunternehmen, obwohl diese die im Gesetz vorgeschriebene Rückkehrpflicht zum Betriebssitz nach Auftragsbeendigung missachten.
Die dazu vorgebrachten Belege am Beispiel zweier dokumentierter Fälle wurden zwar nicht konkret behandelt, allerdings zitierte die Richterin in diesem Zusammenhang die Vertragsklauseln zwischen Uber und den Mietwagenpartnern, in denen man die Partner darauf hinweise, dass Sie sich an die Rückkehrpflicht zu halten haben und man ihnen sogar in der App die kürzeste Route zum Betriebssitz anzeige. Dies lasse den Schluss zu, dass Uber von den Möglichkeiten einer Umgehung der rechtlichen Bestimmungen Kenntnis habe.
Der Uber-Anwalt betonte dagegen sinngemäß, dass letztlich Menschen die App bedienen würden und man da nie ausschließen könne, dass es auch zum Missbrauch der angebotenen Technik komme. Er räumte in diesem Zusammenhang ein, dass bei einem parallelen Verfahren in München bewiesen wurde, dass zwei Uber-Partner gegen die Rückkehrpflicht verstoßen hätten. Dies liege jedoch schon zwei Jahre zurück und seien Einzelfälle, begangen noch dazu von Unternehmen, gegen die auch aufgrund anderer Verfehlungen ermittelt werde.
Bei diesen Ausführungen wurde es sehr unruhig im Gerichtssaal, da etliche der rund 60 anwesenden Zuhörer, hauptsächlich Taxiunternehmer, in lautes Gelächter ausbrachen, vermutlich, weil sie selbst täglich die hier zitierten Einzelfälle beobachten können.
Man werde sich nun ein weiteres Mal beraten, schloss die Richterin die gestrige Verhandlung und legte anschließend den 19. Dezember 2019 als Verkündungstermin fest. Auf Wunsch der Uber-Anwälte bekommen beide Seiten bis zum 26.11. nochmal Gelegenheit, sich schriftlich zu den vorgebrachten Argumenten zu äußern. jh
Anmerkung der Redaktion: Ein weiteres Mal heißt es aus Taxisicht abwarten, doch gemessen an der Länge anderer Verfahren läuft diese Verhandlung nahezu im Eiltempo. Zudem soll am 19. Dezember tatsächlich ein Urteil verkündet werden. Wenn die Richterin ihrer gestrigen Linie treu bleibt, könnte es tatsächlich zu einem Uber-Verbot kommen. Das wäre ein tolles Geschenk für die Taxibranche kurz vor Weihnachten und für Uber nicht das erste Mal keine „schöne Bescherung“. Bereits vor zwei Jahren musste man vor dem Europäischen Gerichtshof Ende Dezember eine empfindliche Niederlage hinnehmen.
Foto: Taxi Times
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Rechtstaatist tot.
Ein Urteil nach dem anderem…
Lächerlich..
Uber fährt weiter
das ist echt hammer ,ich als Taxi Fahrer bin sehr sehr positiv ubd drücke den Daum für meine Taxi Fahrer Kolegen
was die Rückkehrplicht betrifft, so kann ich speziell in Berlin beobachten, dass diese für die Fahrer oder Unternehmer keine Rolle spielt. Sie können sich sicher sein, dass diese nicht kontrolliert und somit schon gar nicht sanktioniert wird. So halten sich Fahrer an Bahn- und Flughäfen sowie an touristischen hot spots auf. Und sie haben oft Kennzeichen von Orten oder Landkreisen die weit außerhalb Berlins liegen. Somit agieren sie vorsätzlich gegen die Rückkehrpflicht.
Eine Hoffnung bringende Nachricht ist das in der Tat. Genauso spannend sollte es am 2. Dezember in München werden in dem parallelen Verfahren.
Was mich aber stutzig macht ist die Tatsache, daß bei der Verhandlung gerade mal zwei Verstösse gegen die Rückkehrpflicht erwähnt wurden. Was ist denn bitte mit all den anderen dokumentierten Fällen passiert?
Allein die Münchner Whats App Gruppe “gegen Uber“ hat schon über 30000 Fotos gesammelt. Sicherlich lassen sich damit einige hundert Fälle konstruieren. Und die müssen unbedingt vor Gericht. Dort macht es nämlich einen Riesen Unterschied, ob es gerade mal zwei Einzelfälle waren oder ob Uber im industriellen Stil vorgeht.
Ein gefundenes Fressen für die Uber Anwälte.
Ich Frage mich schon, wofür wir die ganzen Beweisfotos dann überhaupt sammeln.
Vielleicht kann mich ja jemand aufklären. Ein Artikel von Taxi Times hierzu wäre auch eine gute Idee.
Beste Grüße
Genau warum wurden nur von 2 Rückkehrpflichtsverletzungen gesprochen? Zwar haben in dem Moment die Taxiunternehmer gelacht aber es wurde nicht erwähnt das bei deren Dumpingpreisen bei korrektem zurückkehren oder einer Mitarbeitereinstellung wegen Auftragsannahme das Geschäft sich gar nicht lohnen würde, stattdessen deklarieren sie die Unternehmer als die Verbrecher. Allein in Köln dokumentieren wir Kennzeichen von: bm su Gm lev gv und die Kölner die nicht zurückkehren auch natürlich
Schöne Bescherung. Was soll das Urteil bringen, wenn die Politiker dies nicht umsetzen?
Unser gutes Recht, das evt., u. U., vielleicht, möglicherweise aber hoffentlich bald mal vor Gericht entschieden, aber noch längst nicht durchgesetzt wird, kann man eigentlich nicht als Weihnachtsbescherung bezeichnen.
Außer, wir schreiben den Rechtsstaat ab und erklären uns zur Bananenrepublik, wo jeder Kolonialist aus Übersee machen kann, was er will.
Und dabei auch noch als Freibeuter von staatlicher Seite geschützt wird.
In unserem Fall durch unzureichende Aufsicht der verantwortlichen Behörden.
Ich wünsche mir aber trotzdem eine schöne Bescherung!