Im Berliner Landesparlament, dem Abgeordnetenhaus, stellten die Abgeordneten Harald Wolf und Kristian Ronneburg (Die Linke) im Oktober zwei umfangreiche schriftliche Anfragen zu den Themen Bedingungen des Taxiverkehrs/Mietwagenkontrollen und Ridesharing an den Senat.
Der Senat antwortete fristgerecht, vertreten durch den Staatssekretär bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Ingmar Streese. Wie bei solchen Anfragen üblich, holte der Senat die Informationen, die ihm selbst nicht zur Verfügung standen, bei den zuständigen Behörden, Ministerien oder Institutionen ein. Die Wahrheit liegt offensichtlich irgendwo zwischen den Zeilen der Antwort.
Zunächst die überregional interessanten Inhalte:
Zur Frage nach Kontrollen der Rückkehrpflicht heißt es, dass im Jahr 2018 „erstmals substantiierte Meldungen zur Problematik der Rückkehrpflicht gemacht worden [sind], die die Vornahme von Prüfungen bei drei größeren Mietwagenunternehmen rechtfertigten. Maßnahmen wurden eingeleitet.“ 2019 seien auf Grund eines Anfangsverdachts in 83 Fällen Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden, die zum größten Teil noch nicht abgeschlossen seien.
Zur Frage, wie viele Unternehmen in Berlin und im Umland tätig sind oder waren, die einen Unternehmerschein der IHK Nürnberg haben, und wie viele dieser Unternehmen und Zulassungen in den Bestechungsskandal bei der IHK Nürnberg bezüglich illegaler Lizenzen verwickelt waren, meldet das LABO (Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, zuständig unter anderem für Personenbeförderung) folgende Zahlen: 68 Unternehmen seien bekannt, bei 28 davon sei die Genehmigung inzwischen entweder widerrufen worden oder die Betriebe hätten auf Grund der Ermittlungen den Betrieb selbst aufgegeben.
Interessant auch die Antwort auf die Frage „Welche Möglichkeiten haben die Finanzbehörden, auf die im Ausland liegenden Daten von Uber zuzugreifen?“. Sie lautet: „Bei Bedarf könnten Daten im Wege der Amtshilfe über ein Auskunftsersuchen angefordert werden.“
Aus der Anfrage erfahren wir zudem, dass seit 2017 behördenübergreifende Treffen zum Thema Rückkehrpflichtkontrolle mit dem Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) stattfinden. Hintergrund ist, dass in Berlin permanent zahlreiche Uber-Fahrzeuge aus dem Umland Taxi-ähnlichen Verkehr anbieten, besonders aus dem LDS, in dem der Flughafen Berlin-Schönefeld liegt.
Nichts Neues zum Thema Wegstreckenzähler: Da der Fahrpreis vorab festgelegt ist, seinen Wegstreckenzähler entbehrlich und die Mietwagenunternehmen würden „regen Gebrauch“ von der Antragstellung auf Befreiung machen. In einem Schreiben an Taxi Times hatte Streeses und Günthers Pressesprecher kürzlich erwähnt, dass es „durchaus möglich ist, im Einzelfall Ausnahmen von der Wegstreckenzähler-Pflicht zu erteilen“. Laut Streese sind aber nicht Einzelfälle, sondern „die Mehrheit“ befreit.
Das Berliner Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi) hätte die Zuständigkeit Kontrollen in Bezug auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes bei Mietwagenunternehmen durchzuführen. Dies habe in den letzten drei Jahren nicht stattgefunden, da es keine konkreten Hinweise, Beschwerden oder Anzeigen gegeben habe.
Auf die Stichworte Sicherstellung, Dokumentation und „unmanipuliert“ wird nicht eingegangen.
Auf die Frage nach der Sicherstellung der „Dokumentation unmanipulierter, steuerlich relevanter Einzeldaten der Mietwagenunternehmen für die Finanzbehörden“ weiß der Senat folgende Antwort: Das LABO überprüft die Einhaltung des § 49 Abs.4 Satz 4 PBefG (Der Eingang des Beförderungsauftrages am Betriebssitz oder in der Wohnung hat der Mietwagenunternehmer buchmäßig zu erfassen und die Aufzeichnung ein Jahr aufzubewahren.). Steuerrechtliche Verpflichtungen überprüfen die Berliner Finanzämter.
Wird sich der Senat bei der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes für die Kennzeichnungspflicht von Mietwagen einsetzen? Der Senat kündigt an, dies „im Rahmen der Möglichkeiten des Gesetzgebungsverfahrens“ zu tun, was auch immer das bedeutet.
Zu den Inhalten, die hauptsächlich das Berliner Gewerbe betreffen:
Die Thematik Laderecht für Berliner Taxen am künftigen Flughafen BER haben wir bereits in einer gesonderten Meldung behandelt.
Antwort auf die Frage nach der Entwicklung der Taxi- und Mietwagenzahlen in Berlin, die wir in der vorletzten Berliner Print-Ausgabe graphisch veranschaulichten, gibt folgende Tabelle:
Die Frage nach der Personalstärke des LABO zur Durchführung von Kontrollen und nach tatsächlich durchgeführten Kontrollen und deren Ergebnissen brachte folgendes ans Licht:
„Im Sachgebiet, das die Aufgaben als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde für den Taxen- und Mietwagenverkehr wahrnimmt, sind 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Diese haben neben der Kontrolle des Taxi-und Mietwagenverkehrs zahlreiche andere Aufgaben wahrzunehmen. So sind sie zuständig für die Antragsbearbeitung, Erteilung und Widerruf von Genehmigungen, Durchführung von Betriebsprüfungen und Außenkontrollen sowie den Krankentransport. Darüber hinaus sind zwei Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter mit der Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten und Beschwerden beschäftigt.“
Auf die explizite Frage, ob denn bei Antragstellung auf Ersterteilung einer Mietwagenkonzession kontrolliert würde, ob am Betriebssitz genügend Stellplätze für die Fahrzeuge und auch Personal- und Hygieneräume vorhanden seien, lautet die Antwort: „Im Rahmen der Antragsbearbeitung zur Ersterteilung von Mietwagengenehmigungen finden Betriebssitzkontrollen statt. Es wird geprüft, ob ein Unternehmen eigene Stellplätze nachweisen muss oder ob genügend öffentlicher Parkraum vorhanden ist, um der Rückkehrpflicht zu genügen.“
Ein Blick auf die Zahlen weiter oben verrät: Den seit Januar neu hinzugekommenen 254 Mietwagenbetrieben steht die Zahl von nur 52 Betriebssitzkontrollen gegenüber. Die konkrete Antwort wäre also gewesen, dass solche Kontrollen in 20 Prozent der Fälle stattfinden.
Zur Beantwortung der Frage nach den Kontrollen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) wurde beim Bundesfinanzministerium nachgefragt. Hier wird das Personenbeförderungsgewerbe statistisch als Ganzes behandelt:
„Zum Personenbeförderungsgewerbe zählen sowohl die Taxi-und Mietwagenunternehmen als auch Omnibus-, Eisenbahn- und Flugverkehr sowie die Binnenschifffahrt.“
Auffällig ist die deutlich gesunkene Zahl der Arbeitgeberprüfungen.
Zum Thema „Aufstocker“ nach Sozialgesetzbuch II im Mietwagengewerbe, also Arbeit plus Sozialleistungen, antwortet die Bundesagentur für Arbeit, dass die Statistik Taxi und Mietwagen nicht getrennt erfasse, beide liefen statistisch unter dem Kürzel „WZ 2008 49.32.0“, also sei eine differenzierte Aussage nicht möglich.
Die Anfrage zum Thema Ridesharing ergab, dass von den maximal genehmigten 300 BerlKönigen aktuell 185 Fahrzeuge im Einsatz sind. CleverShuttle darf mit maximal 150 Fahrzeugen erproben, derzeit fahren 133.
Die Beschäftigungsverhältnisse mit den Fahrern bei BerlKönig sind nach Angaben der BVG sehr unterschiedlich. Die wöchentliche Arbeitszeit läge zwischen 5 und 45 Stunden, die Entlohnung liege Umsatz- und Leistungsunabhängig über dem Mindestlohn. Nicht erwähnt wird, was ‚Die Zeit‘ vor kurzem zu berichten wusste, nämlich, dass „die 450 Fahrerinnen und Fahrer“ BerlKönigs bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen angestellt seien. Auch CleverShuttle hätte dem Senat gegenüber glaubhaft gemacht, dass die Fahrer „über Mindestlohn“ verdienten.
Auf der Zunge zergehen lassen sollte man sich die Antwort auf die Frage, wie hoch der Anteil der Leerfahrten beim Berlkönig sei: „Der BerlKönig war im Durchschnitt der Monate November 2018 bis September 2019 mit 1,5 Fahrgästen besetzt. Dabei wurden 71 % der Fahrten geteilt, d. h., es waren mehrere Fahrgäste im Fahrzeug, und 40 % der Fahrten gebündelt.
Die BVG teilt zu Leerfahrten ergänzend mit: ‚Bei Buchungen können auch unbesetzte Streckenteile entstehen, um neue Fahrgäste abzuholen. Der Großteil der Leerfahrten entsteht aber bei An- und Rückfahrten zwischen Betriebshof und der ersten/letzten Buchung pro Fahrerschicht sowie bei den Ladevorgängen der elektrischen Fahrzeuge.‘
Der Anteil der Leerfahrten wurde von der BVG wegen der vertraglichen Regelungen der mit ViaVan bestehenden Forschungs- und Entwicklungskooperation in diesem Zusammenhang nicht mitgeteilt, da dieser als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis eingestuft wird.“
Trotz des Geheimhaltungsabkommens, welches dazu führt, dass keine Zahlen zu Leerfahrten oder Wirtschaftlichkeit bekannt werden, ist der Berliner Senat zuversichtlich, dass das zusammen mit der BVG entwickelte Monitoringkonzept, das wiederum aus den Zielen des Mobilitätsgesetzes abgeleitet sei, dazu taugt, zu entscheiden, ob dieser Erprobungsverkehr mit den öffentlichen Verkehrsinteressen vereinbar sei. Zu gegebener Zeit werde dem Abgeordnetenhaus darüber berichtet. ys
ich sage nur phne Worte dazu mehr nicht .
MfGö.özbek