Die Pseudo-Taxi-Anbieter versuchen auch in der Corona-Krise, Umsatz zu generieren. Gewinn erzielen sie damit nach wie vor nicht. Sie können aber ihren Ruf aufpolieren.
Uber verkündete letzten Donnerstag auf der eigenen Internetseite: „Uber vermittelt 20.000 kostenfreie Fahrten für Beschäftigte im Gesundheitswesen.“ Darunter in Stichpunkten das Wann und Wo: „Start am Donnerstag, 16. April 2020, in München; Berlin, Frankfurt/Main, Köln und Düsseldorf folgen“.
Was das Taxi – ebenfalls in München – schon vor Ostern eingeführt hatte, hat nun auch der amerikanische Milliardenkonzern für sich entdeckt. „Neben Ärzten, Sanitätern, Pflegekräften und Klinikmitarbeitern können sich auch Mitarbeiter von Apotheken für die kostenlose Nutzung registrieren.“ Die Zahl von 20.000 Fahrten bezieht sich offenbar auf alle genannten Städte zusammen. „Für registrierte Nutzer sind pro Person fünf Fahrten kostenfrei (bis zu 20 Euro pro Fahrt).“ Die fahrer erhalten laut Uber den vollen Fahrpreis – oder ist das gemeint, was nach Abzug der ubertypisch hohen Vermittlungsmarge davon übrig bleibt?
Laut Statistischem Bundesamt arbeiten in Deutschland rund 5,7 Millionen Menschen (das sind knapp 7 Prozent der Gesamtbevölkerung oder 14 Prozent der Erwerbstätigen) im Gesundheitswesen. Allein in München arbeiten über 20.000 Ärzte und Tausende von Krankenschwestern und -pflegern. Die anderen genannten Städte haben zusammen in etwa viermal so viel Einwohner wie München. Geht man davon aus, dass die medizinische Versorgung in allen Großstädten eine ähnliche ist, so könnte in allen genannten Städten grob überschlagen jeder zehnte Arzt oder Krankenpfleger einmal eine der kostenlosen Uber-Fahrten abbekommen.
Ubers scheinbar hilfsbereite Offensive klingt angesichts dieser Zahlen nicht wirklich nach der Absicht, effektiv zu helfen, sondern nach einem kalkulierten Almosen, dessen Wirkung weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Wäre die Lage nicht ernst, würde man wohl von einem PR-Gag sprechen, auch wenn Uber dem Gesundheitspersonal in Hamburg nach eigenen Angaben mit vergünstigten Nachtfahrten aushilft und einigen großen Krankenhäusern in Berlin und München kostenlos Leihfahrräder zur Verfügung stellt.
In Berlin hat auch der Fahrdienst Berlkönig seine Notbestimmung gefunden. Er erwirtschaftet wie Uber nur Verluste und wird gemeinsam von der Daimler-Tochter ViaVan und einem der beiden großen städtischen Nahverkehrsanbieter betrieben, der BVG. Diese hatte im März den Rückzug des Berlkönigs vom Tagesgeschäft bekanntgegeben. Stattdessen fährt man seit dem 25.3. kostenlos medizinisches Personal.
Die BVG verkündete am letzten Freitag, dem 17. April, in einer Pressemitteilung, man stelle den „Ridepooling-Service BerlKönig weiter in den Dienst des Berliner Gesundheitswesens. Auch über den 19. April hinaus und bis einschließlich 3. Mai 2020 fahren die BerlKönige daher exklusiv und kostenlos ärztliches Personal, Pflegepersonal, medizinische Fachangestellte und Rettungskräfte.“
Der per fragwürdiger Experimentierklausel genehmigte Dienst war vor der Corona-Krise in die Schlagzeilen der Bundeshauptstadt geraten, als bekannt geworden war, dass das „Experiment“ vorzeitig eingestellt werde und man nur mit 43 Millionen an jährlichen Steuergeldern weitermachen wolle. Zu wenig erfolgreich war das Experiment verlaufen. Die Corona-Krise hat das Ride-Sharing zusätzlich unattraktiv gemacht.
Nun behilft man sich in Zeiten geringer Nachfrage wenigstens durch medienwirksame „gute Taten“, die die Not des Taxigewerbes weiter verschlimmern. In Berlin sind derzeit wie in anderen Großstädten deutlich weniger Pkw auf den Straßen unterwegs, was auch für Taxis gilt. Gerade mittelständische Betriebe mit mehr als zehn Fahrzeugen haben aufgrund fehlender staatlicher Nothilfen zum Teil ihre kompletten Flotten eingemottet, auch wenn die Berliner Landesregierung begonnen hat, diese Lücke zu schließen. Der Anteil an Free-Now-, Uber-, Berlkönig- und Clever-Shuttle-Fahrzeugen im Straßenverkehr hat aber nicht auffallend abgenommen. Die Dienste verzeichnen zwar alle erhebliche Umsatzeinbußen, verfügen aber – wie Uber und Free Now – mit Milliardenkonzernen über quasi grenzenlose Geldgeber, Berlkönig über einen Milliardenkonzern und über das Land Berlin mit einer übereifrigen Verkehrs- und Umweltsenatorin, die dem privaten Autoverkehr den Kampf angesagt hat. Übrigens: Auch Moia, der Anbieter, der bisher ausschließlich vom Milliardenkonzern Volkswagen gesponsert wurde, erfreut sich nun nächtlicher Fahrten in Hamburg, die ebenfalls das Land zum großen Teil sponsert. ar
Mir ist unverständlich, dass niemand auffällt, dass Uber & co nicht arbeiten dürfen.
In deren Fahrzeugen ist das Abstandsgebot von 1,5 M nicht einhaltbar.
Auch mit Trennvorrichtung nicht. Die Distanz ist zu kurz.
Andererseits hat Taxi als öffentliches Verkehrsmittel seinen Auftrag zu erfüllen, unterliegt insbesondere der Betriebspflicht.
Meines Erachtens verstoßen Uber&co wieder mal vorsätzlich und permanent diesmal gegen geltendes Corona-Recht.
Wieder scheint es vor allem in der Politik zu einer Unterstützung defizitärer Ableger von Großkonzernen zu kommen.
Dabei gäbe es jetzt und hier die Möglichkeit, das Taxigewerbe dadurch zu stärken, daß man es seine (bezahlte) Arbeit machen lässt.
Denn jeder Taxler, der tatsächlich Umsatz nach Hause bringt, erspart wiederum der Allgemeinheit Kurzarbeitergeld oder Schlimmeres.
Zur Zeit haben wir eine Situation, die unzweifelhaft belegt, wie notwendig ein funktionsfähiges Taxigewerbe ist.
Und damit es funktionieren kann, muss endlich Schluß sein mit unserer unseriösen Konkurrenz!
Wie lange müssen wir noch darauf warten, dass Gewerbeaufsicht, Zoll, Finanzamt und Sozialversicherungsbehörden diese Machenschaften unterbinden?
Wie viele Prozesse müssen noch vom Taxi gewonnen werden, bis die entsprechenden Konsequenzen endlich von den zuständigen Stellen gezogen werden?
Ehrlicherweise bin ich nur sehr schwach informiert bzgl. Berlin. Doch wir sollten schon längst und nun endlich vieles gelernt haben in letzter Zeit !!! Was soll man also überhaupt weltweit gegen eine „sog. übereifrige Verkehrs- und Umweltsenatorin“ haben. Quasi unter der Voraussetzung, daß das Taxi (und nicht Uber etc.) defenitiv zum öffentlichen Verkehr zählt.