Nachdem der mehrheitlich staatseigene Pooling-Anbieter sich 2019 aus Hamburg, Frankfurt am Main und Stuttgart und jetzt aus Berlin, München und Dresden zurückgezogen hat, bleiben nur noch Leipzig, Düsseldorf und Kiel übrig.
Ein Kommentar von Axel Rühle
Die Corona-Krise hat aufgrund der Reisebeschränkungen auch die Deutsche Bahn AG (DB) schwer getroffen. Sie ist mehrheitlicher Besitzer des Pseudo-Taxi-Anbieters CleverShuttle (CS). Da die DB nun zum eisernen Sparen gezwungen ist, ist der stark defizitäre Betrieb der grün-weißen Autos und Kleinbusse, die in den meisten Städten dem ÖPNV Konkurrenz mach(t)en und für vollere statt leerere Straßen sorgen, in drei weiteren Großstädten eingestellt worden.
Das Taxigewerbe und nachhaltig orientierte Verkehrspolitiker können sich über den Rückzug des DB-Prestigeprojekts nur bedingt freuen. CleverShuttle hat – im Unterschied zu Uber und Free Now – keinen Großkonzern mit profithungrigen Aktionären im Hintergrund, die bereit sind, für Geld alle anderen, über Jahrzehnte gewachsenen Anbieter zu verdrängen. Die CS-Betreibergesellschaft GHT Mobility GmbH gehört zu 76 Prozent der Deutschen Bahn AG (und damit dem deutschen Staat), zu zwölf Prozent dem Gründer-Trio und – seit letztem Oktober – zu weiteren zwölf Prozent dem japanischen Konzern Mitsui.
Man darf also unterstellen, dass den Hauptverantwortlichen die Daseinsvorsorge nicht ganz fremd ist. CleverShuttle gilt offiziell als Versuch der Bahn, auch die umkämpfte „letzte Meile“ zwischen Fernverkehrsanschluss und Haustür zu erschließen. Auch sorgt der überwiegende Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge für gewisses Wohlwollen, wenngleich der vermeintlich luftverbessernde Effekt lokal beschränkt ist, so lange zur Erzeugung des Batteriestroms in anderen Regionen Kohle verbrannt wird.
Entgegen aller Argumente zur Toleranz gegenüber dem Dienst wäre es allerdings verkehrs- und umweltpolitisch ganz klar sinnvoller gewesen, für den angestrebten Zweck keine neuen Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, sondern die bestehenden, flächendeckend vorhandenen und vielerorts nicht ausgelasteten Flotten des Taxigewerbes dafür einzubinden. Zu der Erkenntnis, dass individuelle Personenbeförderung mit angemessenen Löhnen nicht unterhalb der Taxipreise wirtschaftlich möglich ist, sind vor der Deutschen Bahn schon andere gekommen. Manche sind – wie Sixt – so klug, daraus zu lernen und die Aufgabe dem Taxigewerbe zu überlassen, andere – wie Uber und Free Now – nicht.
Die sechs Städte, aus denen CleverShuttle sich zurückgezogen hat, belegen in der Rangliste der einwohnerreichsten Städte Deutschlands die Plätze 1, 2, 3, 5, 6 und 12, die drei verbleibenden die Plätze 7, 8 und 29. Die Aussage auf dem Portal clevershuttle.de klingt denn auch wie eine übrig gebliebene Formulierung auf einer lange nicht aktualisierten Seite: „CleverShuttle ist aktuell inLeipzig, Düsseldorf und Kiel verfügbar. Weitere Städte stehen schon in den Startlöchern!“ Hintergrund der anachronistisch klingenden Formulierung sind aber Kooperationen mit den kommunalen Verkehrsanbietern der drei verbliebenen Städte, die man nun offenbar verzweifelt auch anderenorts anstrebt.
Das Taxigewerbe beklagt seit Langem die oberflächliche bzw. unkritische Berichterstattung in den Medien zum Thema Pseudo-Taxi-Anbieter, die zu einem verzerrten Bild in der öffentlichen Wahrnehmung führt. So werden die mehr oder weniger fragwürdigen Dienste häufig einseitig als „günstige Konkurrenz“ zum Taxigewerbe oder – wie im aktuellen Fall wieder vielfach – als „Sammeltaxis“ bezeichnet, wodurch lediglich die Aussage transportiert wird, dass Fahrgäste bei CleverShuttle, Berlkönig, Uber, Free Now und Moia zwar oft niedrigere Fahrpreise zu bezahlen haben als im echten Taxi mit seinen staatlich festgelegten Tarifen, während die Hintergründe (Daseinsvorsorge) und die hinreichend belegte markt- und umweltschädliche Wirkung der Konkurrenten verschwiegen oder wider besseres Wissen ins Positive verklärt wird.
Selbst das Fachportal „Vision Mobility“, dessen Verlag auch eine Taxizeitschrift herausgibt, zieht vor den „Machern und Gründern von CleverShuttle“ explizit den Hut und spricht von „Anachronismen des Personenbeförderungsgesetzes“. Wenn das PBefG solche enthält, sind es aus Sicht des Taxigewerbes ganz sicher andere als jene Regelungen, die den ÖPNV einschließlich Taxi vor dem Haifischkapitalismus à la Uber & Co. schützen und die Daseinsvorsorge sichern. ar