Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben in einer Pressemeldung bekanntgegeben, dass ihr Ridesharing-Kooperationsprojekt Berlkönig, das schon innerhalb der Berliner Landeskoalition umstritten ist, eine erneute Vertragsverlängerung und eine digitale Weiterentwicklung erfahren hat.
Das eigentliche Thema der Meldung war nicht die erneute Verlängerung der Vertragslaufzeit, sondern ein bedeutender Schritt in der digitalen Koordination der Beförderungsarten: „Intermodal royal. BerlKönig jetzt mit integrierten Reiseketten“ lautete die Überschrift der Meldung vom Mittwoch. Der Berlkönig, das gemeinsame Ridesharing-Angebot von BVG und ViaVan, werde „noch enger mit dem klassischen ÖPNV verknüpft“. Ab kommendem Montag, dem 23.11., verfügt die Berlkönig-App über eine neue Funktion, mit der Fahrgäste auch „intermodale“ Verbindungen suchen können, bei denen sogenannte Reiseketten aus Berlkönig und einer Anschlussfahrt mit Bus oder Bahn gebildet werden.
Unter einer Reisekette verstehen Verkehrsplaner den Weg von Personen von A nach B, bei denen mehrere Verkehrsmittel miteinander verknüpft werden. Das kann im einfachen Fall eine Anfahrt mit dem Fahrrad zu einer Haltestelle und eine anschließende kurze Busfahrt sein. Das andere Extrem könnte beispielsweise die Dienstreise eines Managers sein, der mit dem Taxi zu Hause abgeholt und zum Bahnhof gefahren wird, um dann nacheinander mit Regionalzug, ICE, Flugzeug, Schnellzug und Taxi zu einem Geschäftstermin am anderen Ende der Welt zu reisen. Reiseketten sind das Produkt, um das sich der harte Konkurrenzkampf der Zukunft drehen wird, und das vom mittelgroßen Anbieter bis zum „Global Player“ jeder Personenbeförderer anbieten muss, um nicht vom Markt hinwegkonkurriert zu werden. Je einfacher eine Reisekette für den Kunden buchbar ist, umso erfolgreicher wird der Anbieter sein.
Bei BVG und Berlkönig geht es um Reiseketten im Nahverkehr. Auch eine Fahrt innerhalb des Großraums Berlin kann bei der Vielfalt der Angebote mitunter kompliziert zu koordinieren sein, wenn es mehrere ähnliche Wege für eine A-B-Verbindung gibt. Daher haben bereits mehrere Anbieter Smartphone-Apps auf den Markt gebracht, die zum Teil Reiseketten vorschlagen, etwa die BVG, der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB), die S-Bahn Berlin, die Deutsche Bahn sowie ein privater Anbieter mit der sehr verbreiteten und beliebten App „Öffi“.
Die BVG hatte bislang bereits zwei Apps, die für Nutzer Reiseketten ermitteln und einen Ticketkauf anbieten, nämlich „BVG Fahrinfo“ und „Jelbi“, eine besonders innovative und zukunftsträchtige App, die neben dem Linienverkehr auch Carsharing mit Pkw, E-Mopeds und E-Tretrollern und wahrscheinlich auch eines Tages das Taxi umfasst und intensiv weiterentwickelt wird.
Nun bietet auch die Berlkönig-App das Zusammenstellen von Reiseketten an, wie die BVG erläutert: „Start- und Zielort angeben und die BerlKönig-App macht dank des ausklügelten Algorithmus Vorschläge für die besten Verbindungen. Das kann eine Fahrt nur mit dem BerlKönig sein, eine Fahrt mit Bus und Bahn oder aber ein BerlKönig-Zubringer beispielsweise zu einer direkt anschließenden U-Bahnfahrt. Die Abfahrts- und Ankunftszeiten beim intermodalen Routing basieren jeweils auf Echtzeitdaten und helfen zusammen mit der Preisinformation, die jeweils in der Situation passende Verbindung zu wählen.“
Als Nebeneffekt biete die App auch Verbindungen mit Ziel außerhalb des eigentlichen Berlkönig-Bediengebiets an, das sich auf die östliche Innenstadt konzentriert. „Dann bringt der BerlKönig den Fahrgast komfortabel zur besten ÖPNV-Station, von dort geht es mit Bus oder Bahn weiter. Das umgekehrte Prinzip – erst Bus oder Bahn, dann holt der BerlKönig in seinem Bediengebiet von der Station ab und bringt ans Ziel – ist in Arbeit.“
Im Zuge dieser digitalen Neuerung erweitert die BVG die Zeitfenster, innerhalb derer der Berlkönig dann zur Verfügung steht: „Künftig werden die Fahrzeuge unter der Woche abends und nachts (montags bis donnerstags jeweils von 17 bis 2 Uhr) im Einsatz sein sowie am Wochenende durchgängig (von Freitagnachmittag, 17 Uhr, bis Montagmorgen, 2 Uhr). Damit ist der BerlKönig zu jenen Zeiten unterwegs, in denen er durch eine starke Bündelung von Fahrtwünschen besonders effizient ist und den klassischen ÖPNV besonders gut ergänzt“ – und dem Taxigewerbe mit seinen staatlich subventionierten Billigangeboten einen Teil des Geschäfts wegnimmt, wie Gewerbevertreter seit Jahren kritisieren. Gerade das Berliner Taxigewerbe befindet sich hier in einer Zwickmühle, da die BVG durch ihre Kooperation mit der Daimler-Tochter ViaVan eine direkte, profithungrige Konkurrenz zum Taxi betreibt – den Berlkönig –, andererseits ein unverzichtbarer Partner ist, mit dem man sich gegenseitig ergänzt. So betreibt das Taxigewerbe in mehreren dünn besiedelten Außenbereichen unter der Bezeichnung „BerlKönig BC“ mehrere flexible Kleinbuslinien.
Keine Konkurrenz, eher ein „Schaf im Wolfspelz“: Berlkönig BC, betrieben vom Berliner Taxigewerbe. Foto: Axel Rühle
Erst am Ende der oben erwähnten Pressemeldung steht der Satz, der für das Taxigewerbe nicht nur Fragen aufwirft, sondern das Fortbestehen einer Konkurrenzsituation bedeutet. Dort heißt es lapidar: „Der BerlKönig rollt seit September 2018 durch Berlin. BVG und ViaVan haben die ursprünglich bis Ende 2019 geschlossene Kooperation kürzlich erneut verlängert – bis mindestens Ende Januar 2021.“ ar
Solange kein Umsatz von 20 Euro pro Stunde geschafft wird immer Zuschussgeschaeft bei Mindestlohn Bezahlung