Seit 1. Januar 2021 rechnen Taxiunternehmer*Innen in Neumarkt in der Oberpfalz keine bargeldlosen Patientenfahrten für die AOK mehr ab. Deren Versicherte müssen dort vielmehr die Taxikosten vorstrecken und im Anschluss selber versuchen, ihre Kosten von der AOK erstattet zu bekommen. Grund ist das Scheitern der Verhandlungen zwischen der AOK und den örtlichen Taxiunternehmen mit dem Ergebnis, dass dort nun kein Vertrag zur Abrechnung von Patientenfahrten mehr existiert.
Die Story hinter der aktuellen Berichterstattung der lokalen Presse ist in der Branche natürlich weithin bekannt: Die Neumarkter Taxler gehen davon aus, dass sich ihr Wohl oder Wehe ungefähr am lokalen Taxitarif scheidet und die AOK geht davon aus, dass es günstiger gehen muss, weil es schon immer günstiger ging und weil es irgendwo woanders auch immer noch günstiger geht. Der Vertreter der Neumarkter Taxiunternehmen hofft nun, dass die örtliche Unternehmergemeinschaft zusammenhält, die AOK geht dementgegen davon aus, dass sich vor Ort oder in der Umgebung schon irgendwelche Unternehmen finden werden, die die Fahrten übernehmen und verweist diesbezüglich gegenüber der Lokalpresse pauschal auf neun Unternehmen aus der Umgebung, die ihr vertragsgebunden noch zur Verfügung stünden.
In der Summe streitet man sich hier innerhalb eines Fensters von durch die AOK angebotenen 1,75 Euro pro Kilometer und dem kommunal genehmigten Taxi-Tarif von zwei Euro /km ab dem dritten Kilometer. Im Ergebnis ergäben sich für eine zehn Kilometer lange Fahrt so immerhin ca. 30 Prozent Differenz, wobei die AOK darauf verweist, dass sich ihr Angebot schon im oberen Drittel ihrer Vertragsabschlüsse für Bayern befände. Wie so oft ging auch hier wohl nicht um eine kostenbasierte Verhandlung, meist gilt einzig und allein der Prozentsatz der Erhöhung. Zwei bis drei Prozent sind für die Kassen eben ok, fünf oder gar zehn Prozent eben nicht. Da kommt natürlich Frust bei den Taxlern auf, insbesondere dann, wenn zusätzlich – wie hier von der AOK bestätigt – lukrative Fahrten auch noch neben der Tarifvereinbarung ausgeschrieben werden.
Ob nun der lokale Taxitarif tatsächlich auf einer realen Betriebskostenkalkulation gründet und ob eine Krankenkasse auf dieser Basis nicht vielleicht auch einen gewissen Großkundenrabatt einfordern darf, zumal viele der Krankenfahrten ja durchaus auch planbar sind und die gelegenheitsverkehrstypischen Bereithaltungskosten so wegfallen, sei dahingestellt. Eine Differenz von 30 Prozent lässt aber genauso wenig begründen, wie die kassenfavorisierte rein fahrtstreckenabhängige Abrechnung der Aufträge. Die Beförderung von zwei Patienten zu einem jeweiligen Entgelt von zehn Euro kostet in der Realität nun einfach mal viel, viel mehr Zeit als eine Fahrt über zwanzig Kilometer. Einfach deshalb, weil Lohnkosten nun mal auf Zeit und nicht auf Fahrtstrecke basieren.
Die Berichterstattung der Lokalzeitung interpretiert die Problematik im Übrigen lediglich so, dass Patienten sich auf möglicherweise höhere Fahrtkosten einzustellen hätten und realisiert nicht, dass es viel mehr auch für diese wohl um den fehlenden Komfort der Direktabrechnung durch die Unternehmen geht, welcher den Patienten genommen wird. Unabhängig von möglichen Tarifabschlüssen wäre es da natürlich schön, wenn die Öffentlichkeit zukünftig auch den Abrechnungsaufwand für die Fahrten wahrnimmt, den die Unternehmen kostenfrei für Patienten und Kassen übernehmen.
Es bleibt spannend, ob der Poker vieler Krankenkassen hier nun an einer einheitlichen Front der lokalen Beförderer scheitert, oder ob die erwähnten neun Umlandunternehmen tatsächlich bereit sind, von diesem Scheitern vermeintlich zu ihren Gunsten, letztendlich aber meist doch nur zu dem der Krankenkassen zu profitieren. Leidtragende werden dann wie immer vor allem auch die Patienten sein, die sich zwischen längeren Wartezeiten oder möglichen Restkosten entscheiden müssen, auf denen sie sitzenbleiben könnten.
Zusätzlich müssen sie das Risiko tragen, irgendwann vielleicht vor Ort über keine Taxiunternehmen mehr zu verfügen. Der Verweis der AOK gegenüber der Lokalpresse, man wolle größeren Wettbewerb unter den Anbietern erzeugen, kann in jedem Fall nur belegen, dass dieser Kasse nicht bewusst ist, dass man solche Blätter nicht permanent aufs neue ausreizen kann, ohne irgendwann dann ganz ohne mögliche Vertragspartner dazustehen.
Taxi-Times freut sich daher sehr, wenn die örtlichen Taxler zum nächsten Jahresende vielleicht einfach mal berichten, wie es ihnen bis dahin denn ergangen ist. Vielleicht gewinnt hier ja doch noch mal David gegen Goliath. rw
Beitragsfoto: Witte
Ist in Nürnberg nicht anders ,auch hier wurden die Verträge mit der AOK vin der Zentrale schon vor Jahren gekündigt und nun herrscht preisdumoing seitens der Aok zu Lasten der Patienten