Die Senatsverwaltung für Verkehr hat Vertreter des Taxigewerbes zum Gespräch eingeladen – was die Taxiverbände seit Jahren forderten.
Das Berliner Taxigewerbe beklagt seit Langem, von Verkehrssenatorin Regine Günther und Staatssekretär Ingmar Streese nicht in Verhandlungen und Entscheidungen, die das Gewerbe betreffen, einbezogen zu werden. Ende Juli hat das „Referat ÖPNV, gewerblicher Straßenpersonenverkehr, Kreuzungsrecht“ der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) das von Verbandsvertretern „signalisierte Gesprächsinteresse“ aufgegriffen und zum Gespräch geladen. Im Einladungsschreiben wurde als Thema die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) mitsamt den neuen Regelungen, die „auch auf das Taxigewerbe zukommen“, genannt, wozu Tagesordnungspunkte vorgeschlagen werden durften.
Am 18. August saßen Carsten Reichert von der „Innung“, Boto Töpfer vom TVB und Irene Jaxtheimer von TD Berlin dann mit Dr. Lutz Kaden von der IHK (der das Treffen mit anstieß) sowie zwei LABO- und vier SenUVK-Leuten am Tisch. Regine Günther und Ingmar Streese waren nicht dabei. Sitzungsleiter war Guido Schötz. Die Gewerbevertreter berichteten Taxi Times von der Sitzung.
Einige Fakten über das neue PBefG, die im Taxigewerbe bereits seit Längerem diskutiert werden, waren den Berichten zufolge für das Personal von LABO und SenUVK noch Neuland, so dass das Gespräch auch für einen umfassenden Informationsaustausch genutzt wurde.
Einer der Tagesordnungspunkte betraf das von der IHK angeregte Thema „Sicherung eines fairen Wettbewerbs zwischen Taxi- und Mietwagenverkehr“, bei dem unter anderem die Möglichkeit erwähnt wurde, Festpreise für Standard-Verbindungen – etwa zwischen Flughafen und Messegelände – als weitere Tarifstufen in Taxameter einprogrammieren zu lassen.
Ein weiteres Augenmerk lag auf einer neuen Regelung im PBefG, das in Paragraph 49 festgeschrieben ist. In Absatz 4 heißt es: „In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern kann die Genehmigungsbehörde zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen die […] Regelungen für den gebündelten Bedarfsverkehr auch auf den […] Verkehr mit Mietwagen anwenden, wenn per App vermittelter Verkehr mit Mietwagen einen Marktanteil von 25 Prozent am Fahrtaufkommen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen, Mietwagen und gebündelten Bedarfsverkehr überschreitet.“ Wie man die 25 Prozent ermitteln soll, darüber herrscht Rätselraten – offenbar auch beim Senat. Er denkt an einen versuchsweisen Erhebungszeitraum von einem Jahr und soll in Gesprächen mit dem Gutachterbüro Linne+Krause stehen.
Ein Dauer-Streitthema betraf der zweite Tagesordnungspunkt, die Ladeberechtigung am Flughafen BER. Carsten Reichert von der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V. beklagte, Verkehrssenatorin Günther hätte nicht Wort gehalten bei der Zusage, die Taxiverbände in wichtige Entscheidungen einzubeziehen. Eine Änderung bei der umstrittenen 80-Prozent-Regel ist nicht angedacht. Reichert kommentierte sie Taxi Times gegenüber mit der Aussage, er halte sie ökologisch und ökonomisch für „Wahnsinn“ und für eine grüne Senatorin, die von Klimaschutz spreche, für geradezu absurd; er hätte nicht gedacht, „dass der bisherige Unsinn noch steigerungsfähig“ sei. Eine sinnvolle Regelung der Laderechte zu finden sei nicht unmöglich, da die Gesetze, die dies erschweren, von Menschen gemacht seien und somit auch von Menschen geändert werden könnten.
Jedoch soll sich der überfällige gemeinsame Taxitarif von Berlin und dem LDS in der Ausarbeitung befinden. Er wurde unter anderem zur Vermeidung von Betrug durch schwarze Schafe angeregt. Hierzu sollen die Verbände angehört werden. Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des Taxiverbandes Berlin, Brandenburg e. V., signalisierte Kooperationsbereitschaft seitens des Berliner Taxigewerbes durch das Angebot, die Differenzierung zwischen Tag- und Nachtfahrpreisen aus dem LDS-Tarif zu übernehmen. Am Rande kam die These auf, gemäß den derzeitigen Bestimmungen dürften Taxen aus dem LDS rechtlich gesehen nur auf Berliner Gebiet Fahrgäste laden, wenn sie neben dem LDS-Tarif zusätzlich den Berliner Tarif in ihren Taxametern eingespeichert hätten. Das sei bei keinem Taxi der Fall, so dass das Laden der LDS-Taxen innerhalb Berlins mehr oder weniger regelwidrig erfolge.
Was die Fachkunde betrifft, so hatte die „Innung“ sich dafür ausgesprochen, zumindest ein Minimum an Ortskunde, bestehend etwa aus den Adressen der Krankenhäuser mit Notaufnahme, in den Prüfungsstoff aufzunehmen. Daran zeigte der Senat kein Interesse. Das Land Berlin habe über die Einigung mit Brandenburg hinaus auch sonst keine konkreten Absichten und wolle zunächst abwarten, was der jüngste Vorstoß aus Schleswig-Holstein für eine möglichst niedrige Zugangshürde ergebe.
Auf die Frage von Irene Jaxtheimer von Taxi Deutschland Berlin e. V., wann Berliner Mietwagen Konzessionsnummern erhalten, wie es in München bereits erfolgt ist, hieß es, zwei bis drei Monate würde es noch dauern. Auch bei der geplanten Erhebung und Auswertung von Daten aus dem Mietwagengewerbe scheint der Senat weit zurückzuliegen, wie Reichert kritisierte. Dafür müsse erst eine geeignete Software entwickelt werden. Was die Wegstreckenzählerpflicht angeht, so werde von Mietwagenunternehmern ein Einbau nur bei Austausch oder Neukonzessionierung von Fahrzeugen verlangt.
Beim Tagesordnungspunkt Barrierefreiheit stand die Frage im Raum, warum das Förderprogramm des Senats so wenig für den barrierefreien Umbau der Taxiflotten genutzt werde. Boto Töpfer rechnete vor, dass etwa ein London-Taxi von LEVC, neben dem elektrischen Vito von Mercedes-Benz das einzige elektrisch angetriebene Inklusionstaxi, auch bei Inanspruchnahme sämtlicher möglicher Förderungen noch immer viel teurer sei als etwa eine gewöhnliche E-Klasse. Folglich sei die Höhe der Förderung für das Gros der Unternehmer nicht überzeugend. Zudem sei ein Auslaufen des Förderprogramms zum Jahresende kontraproduktiv. Hier empfahl Töpfer dem Senat eine Verlängerung. Gelassen sahen die Beteiligten die Regel, nach der Taxibetriebe mit mindestens 20 Autos fünf Prozent der Flotte behindertengerecht ausstatten sollen. Der Senat sei zwar berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, die Nichtbefolgung zu ahnden.
Zum Tagesordnungspunkt „Lückenlose Erfassung und zeitnahe Überprüfung der Umsätze von 18-Monats-GmbHs im Berliner Taxiverkehr und seiner illegalen Konkurrenten beim Mietwagen per App“, den ebenfalls der TVB angeregt hatte, sagte Töpfer, nur eine Überprüfung jeder GmbH nach bereits acht Monaten könne die Steuerhinterziehung eindämmen. Zur Überraschung der Gewerbevertreter hieß es von Behördenseite, eine solche Überprüfung erfolge heute regelmäßig bereits nach sechs Monaten.
Die SenUVK möchte Ladesäulen für Elektrotaxen an den Halteplätzen aufstellen und sich um die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur bemühen. Reichert begrüßte dies und hält es für zunehmend wichtig, dass Taxen im Stadtbild zu sehen sind, wozu Taxihalteplätze als Präsentierteller einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Mietwagen böten. Auch mit Ladesäulen an Halteplätzen könne man zeigen, dass das Gewerbe mit der Zeit geht.
Sitzungsleiter Schötz regte weitere Treffen im Zwei-Monats-Turnus an. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle