Kassensicherungs-Verordnung, Auswirkungen des neuen PBefG und eine aussagekräftige Rentabilitätsberechnung: Der regelmäßige persönliche Austausch der Mitglieder der taxierfagruppe hatte dieses Jahr einige hochbrisante Themen.
Ort der Veranstaltung war dieses Mal Hamburg, Gastgeber war aber kein Hamburger Mitglied, sondern der aus Oldenburg stammende Remmer Witte, im Nebenjob freier Autor für Taxi Times und im Hauptberuf Prokurist des Taxibetriebs Acht-Elf-Elf. Damit verließ die Gruppe auch ihre sonst übliche Vorgehensweise, dass man bei jedem Treffen den Betrieb des gastgebenden Mitglieds besucht und dort die Struktur und dessen Zahlen präsentiert bekommt. Dieser Tradition wird man im Januar 2022 wieder nachkommen, wenn der Münchner Betrieb „Taxizentrum Ostbahnhof“ Gastgeber wird.
In Hamburg hatte das Treffen eine starke gewerbepolitische Ausrichtung, weshalb auch Thomas Kroker, Vizepräsident des Taxi- und Mietwagenverbands TMV sowie Christian Brüggmann, künftiger Geschäftsführer der Fachvereinigung Taxi innerhalb des GVN, als Gäste eingeladen waren.
Sie und insgesamt 12 Taxiunternehmer*Innen aus Düsseldorf, Erfurt, Kerschenbroich, Köln, München, Nürnberg, Oldenburg und Regensburg lauschten mit großem Interesse den Ausführungen von Edo Diekmann, einem Finanzexperten und Mitglied der deutschen Steuergewerkschaft. Er hielt einen Vortrag über die seit Juli gültige „Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung“, die nun auch Taxameter und Wegstreckenstrecker in die Verpflichtung nimmt, ab 1.1.2024 über eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu verfügen.
Diekmann bezeichnete die Verordnung als „Wundertüte“, da man zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen könne, wie die Anforderungen aussehen könnten, die vom Bundesamt für Sicherheit (BSI) entwickelt werden. Das Gesetz wäre sicherlich besser ausgefallen, wenn man die technische Umsetzbarkeit mit den Taxameterherstellern abgesprochen hätte. Das habe man bisher versäumt. Da zudem verschiedene Behördenbereiche am Gesetz und dessen Umsetzung arbeiten, bleibe die spannende Frage, ob das, was im neuen Gesetz in den Paragraphen 7 zu Taxametern und 8 zu Wegstreckenzählern definiert ist, nun vom BSI praxistauglich umgesetzt wird.
Wenig zuversichtlich zeigte sich Diekmann auch in Bezug auf die zeitliche Vorgabe, wonach alle Taxameter bis 1.1.2024 über eine TSE verfügen müssen. Die Entwicklung einer TSE für Registrierkassen im Handel dauere seit 2017 und komme wahrscheinlich im Oktober 2021 erst zum Abschluss.
Die Tatsache, dass spätestens ab 2026 auch INSIKA-Taxameter über eine TSE verfügen müssen, wertete Diekmann als klares Ende dieses manipulationssicheren Verfahrens, das in Hamburg und Berlin flächendeckend und in der Bundesrepublik laut Angaben des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BVTM) in insgesamt 20.000 Fahrzeugen zum Einsatz kommt.
In diesem Zusammenhang berichtete Dirk Ritter von der Hamburger Taxibehörde von einer Bundesratsinitiative, den INSIKA-Ausschluss aus dem Änderungs-Gesetz wieder herauszunehmen. Auf Druck des Finanzministeriums auf die anderen Bundesländer habe dieser Vorstoß bei der Verabschiedung des Gesetzes im Bundesrat am 25. Mai 2021 aber keine Mehrheit gefunden.
Auch Thomas Krause vom Gutachterbüro Linne & Krause, der zum Erfa-Treffen als dritter Referent eingeladen war, ließ kein gutes Haar am neuen Gesetz. Er bezeichnete es als „beknackte Lösung“ und schloss sich den Ausführungen von Diekmann an. Der Haken am Kassensicherungsgesetz liege darin, dass eine stationäre Kassenregelung nun auf ein mobiles Gewerbe übergestülpt werden soll.
Zudem sei das Gesetz nicht mit den neuen Punkten der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) kompatibel, hier vor allem mit der Bereitstellung mobiler Daten oder auch der Möglichkeit, künftig virtuelle Taxameter einsetzen zu können. Aufhorchen ließ Diekmann am Ende seines Beitrags noch mit dem Hinweis, dass Kassen, in denen ausschließlich unbare Zahlungen erfasst werden, nicht zertifiziert sein müssen. Für das Taxigewerbe dürfte dieses Schlupfloch allerdings kaum in Frage kommen.
Was im Bereich der neuen Paragraphen für Kommunen als mögliche Option in Frage kommt, erläuterte Dirk Ritter aus Sicht seiner Hamburger Taxibehörde. Die Anwendung des Tarifkorridors werde es in Hamburg nicht geben, das sei „zu tricky“. Festpreise seien hingegen zukünftig eine Option, wenn diese manuell in den Taxameter eingegeben werden könnten. Die direkte Eingabe aus dem Vermittlungssystem einer Taxizentrale über eine entsprechende Schnittstelle sieht er hingegen als nicht durchsetzbar, dagegen würde sich das Eichamt sperren.
Thomas Kroker vom TMV warnte in diesem Zusammenhang vor dem Irrglauben vieler Genehmigungsbehörden, Festpreise könnten nur im Zusammenspiel mit Tarifkorridoren festgelegt werden. Er appellierte, darüber in Gesprächen mit Behörden aufzuklären.
Die Optionen zur richtigen Anwendung und Interpretation der PBefG-Novelle würden derzeit in gemeinsamen Gesprächen diverser Aufsichtsbehörden erörtert, an denen unter Federführung von Berlin unter anderem auch Hamburg und München teilnehmen, berichtete Ritter. Thomas Krause bestätigte, dort als externer Berater ebenfalls involviert zu sein.
Hinsichtlich einer optional möglichen Tarifvorgabe für Mietwagen warnte Ritter davor, dass dies als Eingriff in die unternehmerische Freiheit nur mit großem Bedacht und auf rechtsicherer Basis angewendet werden sollte. Als Anhaltspunkt zur Preisbestimmung sollte der örtliche Taxitarif plus 12 Prozent angesetzt werden.
Für Hamburg kämen solche Überlegungen schon alleine deshalb nicht infrage, weil seine Behörde unter konsequenter Anwendung der rechtlichen Möglichkeiten nahezu keine Mietwagenkonzessionen genehmige, die damit taxiähnlichen Verkehr betreiben würden.
Bei dieser Argumentation kämen ihm auch Berechnungen zugute, in denen anhand einfacher Parameter die Wirtschaftlichkeit eines Uber-Partners ermittelt werden kann. Das ERFA-Mitglied Ralf Goossens aus Düsseldorf hatte eine solche Berechnung am Beispiel seiner Heimatstadt vorgestellt. Er kam dabei zu einem ähnlichen Ergebnis wie ein Berliner Unternehmer, über das Taxi Times in seiner Berliner Regionalausgabe auf Seite 8 berichtet hatte: Unter Berücksichtigung diverser Faktoren wie Durchschnittsgeschwindigkeit, Spritpreise, Lohnkosten etc. stehen bei Mietwagenunternehmen, die mit (von Uber, Bolt und Free Now vorgegeben) Dumpingpreisen fahren, tiefrote Zahlen im Summensaldo, während Goossens Taxibetrieb mit einer Rentabilität von 12 Prozent laufe.
Goossens Tabelle kann allerdings nicht nur als Argumentation gegen Uber herhalten, sondern auch die Auswirkungen taxirelevanter Veränderungen sofort ersichtlich machen. Eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro beispielsweise würde die Marge des Taxibetriebs auf drei Prozent absenken.
Goossens wird seine auf Basis einer Excel-Tabelle erstellten Berechnungen den Mitgliedern der Taxierfagruppe zur Verfügung stellen, was letztlich genau der Zielsetzung dieser Gruppe entspricht: Alle sollen von den Erfahrungen des einzelnen profitieren. Deshalb ist die Gruppe auch offen für weitere Mitglieder, die sich unter [email protected] bewerben können. Voraussetzung ist eine Flottengröße von mindestens 10 Taxis und eine regelkonforme Geschäftsführung. jh
Hinweis der Redaktion: Weitere Beiträge zum Hamburger Treffen der taxierfagruppe folgen in Kürze.
Beitragsfoto: Taxi Times
Wie man mit 12€ Mindestlohn auf 3% Gewinn kommen kann, grenzt an Zauberei. Ich habe meine Fahrer alle durch Corona verloren und bin heilfroh darüber. Sie müßten nämlich schon bei 9,60€ einen DURCHSCHNITTSUMSATZ von 25€/h einfahren, damit ich 0,00€ Gewinn, aber auch keinen Verlust habe. Und das alles mit Toyota Prius; bei Mercedes wäre ich längst Pleite. Also, ich bin dann mal weg . . .