Eine Woche vor dem Start der zweiten Förderrunde für das Hamburger Zukunftstaxi fand eine weitere Informationsveranstaltung über die Möglichkeiten der Elektromobilität statt.
Bei der von der Telekom organisierten Runde konnte Dirk Ritter von der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende von knapp 50 Elektro-Taxis berichten, die mittlerweile in Hamburg unterwegs sind. Er verwies auf das Feedback, das er von der Taxibranche bekommen habe, wonach das „Projekt Zukunftstaxi“ bei zahlreichen Betrieben einen Pioniergeist geweckt habe. Die Stadt Hamburg unterstützt seit 1. April für insgesamt 150 Fahrzeuge den Kauf eines Elektrotaxis mit 10.000 Euro. Ist das Fahrzeug zudem auch noch rollstuhltauglich ausgerüstet (Inklusionstaxi), gibt es weitere 10.000 Euro.
Im Oktober startet eine zweite Runde, bei der dann für weitere 170 E-Taxis und für 30 zusätzliche Inklusions-E-Fahrzeuge Unterstützungsgelder beantragt werden können. Neben der taxispezifischen Finanzspritze durch die Stadt Hamburg können die Taxibetriebe auch auf allgemein gültige Fördergelder des Bundes zurückgreifen. Auch für den Aufbau der Ladeinfrastruktur stehen Zuwendungen bereit.
„Den Überblick im Förderdschungel zu behalten ist nicht einfach!“, räumte dazu Christoph Steinkamp vom Energieversorger „hySolution“ ein. Das Unternehmen ist einer der zahlreichen Partner des „Projekts Zukunftstaxi“. Die Infoveranstaltung nutzte Steinkamp, um verschiedene Ansätze zu erklären, wie eine betriebliche Ladeinfrastruktur aussehen könnte.
Grundlegend muss dabei zwischen einer AC oder DC Lademöglichkeit unterschieden werden, auch darf man nicht außer Betracht lassen, dass nicht jeder Taxiunternehmer über einen Betriebshof verfügt und auch die Frage, ob dieser gemietet oder Eigentum ist, spielt eine große Rolle.
Letztlich ist derzeit die „kfw 400“ genannte Förderung für private genutzte Wallboxen eine der gefragtesten Subvention. Für einen Mehrwagenbetrieb sei das aber keine praktikable Lösung. Will man so eine Wallbox in einer gemieteten Garage installieren, muss zunächst das Gespräch mit dem Eigentümer gesucht werden. Grundsätzlich unterstützt die Rechtsprechung ein Recht auf eine eigene Wallbox.
Ein weiteres Förderkonzept für Privatleute und KMUs sieht die Installation einer DC Ladeinfrastruktur auf einem Betriebshof vor. Theoretisch sind dabei vier- bis sechsstellige Fördersummen denkbar, allerdings müssen die Ladepunkte öffentlich zugänglich gemacht werden, was für einen Taxibetrieb nicht immer umsetzbar ist.
Thomas Sell von der Telekom deutete zu diesem Thema in seinem Vortrag an, dass sein Unternehmen über zahlreiche Standorte verfüge, an denen die Infrastruktur für Schnelllader vorhanden sei. Er hält es für denkbar, dass Taxiunternehmer mit mehreren Elektro-Taxis ihre Betriebssitze dorthin verlegen.
Darüber hinaus soll es auch eine pauschale Förderung geben, die pro Ladepunkt ca. 400-500 Euro ausschüttet. Die genaue Richtlinie befindet sich noch in Abstimmung mit der EU. Im vierten Quartal soll die endgültige Version bekannt gegeben werden. Steinkamp betont, dass das Hamburger Projekt auch international viel Aufmerksamkeit bekommt und schon jetzt einen Vorbildcharakter hat. Das bestätigte auch Thomas Sell. Er berichtete von einer Videoseminar, bei dem die Vertreter diverser Stadtverwaltungen über das Hamburger Zukunftstaxi informiert worden und an dem sogar New York teilgenommen habe.
Zudem gab Sell ein erstes Zwischenfazit zur neu installierten Schnellladesäule, die von der Telekom-Tochter Comfort Charge am Flughafen aufgestellt wurde und exklusiv nur den Hamburger Taxis zur Verfügung steht. Die ersten Erfahrungen hätten gezeigt, dass für manche Modelle die Ladekabel nicht lang genug waren. Folglich werden die bisherigen Kabel gegen längere ausgewechselt.
„Wichtig ist“, betont Thomas Sell, dass alle Beteiligten stets miteinander kommunizieren – Behörde, Betreiber und Taxiunternehmer, damit man schnell und unbürokratisch reagieren kann. Deshalb habe man mit Taxi Times auch ein Fachmagazin als Medienpartner dazugenommen.
Dieser direkte Austausch untereinander war auch der Hauptzweck der Veranstaltung, weshalb unter dem Stichwort „Best Practice“ auch zwei langjährige E-Taxiunternehmer kurze Vorträge hielten.
Einer davon war der seit 2008 selbständige Taxiunternehmer Jürgen Starck, der schon seit über sechs Jahren elektrifiziert unterwegs ist. Sich selbst bezeichnet er als jemand, der eher zum Lager „Team Vorsicht“ gehört. Alle seine Schritte, die ihn beispielsweise 2015 zum Kauf eines Plug-in-Hybrid-Taxi oder 2020 zum Kauf zweier E-Taxis bewegt haben, seinen wohlkalkuliert gewesen. Alle Gedanken, die man sich als E-Taxi Neuling macht sind, aus seiner Sicht, lösbare Probleme.
Im Gegensatz zu einem Mehrwagenbetrieb, der seine Fahrzeuge alle drei Jahre austauscht, läuft Starcks Kalkulation auf vier bis fünf Jahre bzw. auf 400.000 bis 500.000 Kilometer. Ob das für ein E-Taxi problematisch wird, dass zeige sich erst nach einer Laufleistung von 150.000 bis 200.000 Kilometer. Als einen großen Vorteil der E-Mobilität sieht er den Komfort, den das elektrische Fahren mit sich bringt. Stresssituationen entstehen nur ganz selten.
Für Starck spielt das Ladekonzept eine wichtige Rolle. In seinem Betrieb versucht Starck nur mit Wechselstrom zu laden, denn dort, so vermutet er, werden die Preise über einen längeren Zeitraum stabil bleiben. Seinen Kollegen rät er, nicht zu blauäugig an die E-Mobilität heranzugehen, denn dann besteht die Gefahr, dass sich bereits beim kleinsten Problem die Desillusion breit macht.
Während Starck mit zwei E-Fahrzeugen gute Erfahrungen macht, beweist Gregor Beiner mit einer seiner E-Flotte, dass Elektromobilität auch im Schichtbetrieb eines Mehrwagenunternehmens funktioniert. Der Unternehmer vom Münchener mtz wurde per Video zugeschaltet. Seit nunmehr drei Jahren setzt sein Betrieb zehn vollelektrische Jaguar I-PACE als Taxi ein. Beiner, der auch Mitglied des BVTM- Vorstand ist, hat sich an seinem Betriebshof eine eigene DC-Ladeinfrastruktur mit fünf Ladesäulen errichtet, welche in einem ausgeklügelten System seine zehn Fahrzeuge mit Öko-Strom versorgen.
Grundsätzlich sind die Fahrzeuge zehn Stunden mit dem Fahrer unterwegs. Im Anschluss an einer Schicht werden ca. zwei Stunden zum Aufladen einkalkuliert. Meist ist diese Zeit aber nicht nötig, da die Fahrzeuge noch über eine Restreichweite verfügen.
Bei dem Aufbau der Fahrzeugflotte wurden verschiedene Merkmale priorisiert. Als Grundelement sollte eine Reichweite von ungefähr 400 Kilometern möglich sein. Dann, neben Komfort und Raumangebot, waren eine Priorisierung bei der Werkstatt und auch die Option eines Werkstattersatzwagen ausschlaggebend.
Der vergleichsweise hohe Anschaffungspreis eines Jaguar I-Pace muss dahingehend relativiert werden, dass er bereits nach einem Jahr mit einem Mercedes-Taxi gleichauf liegt. Beim Thema Wertstabilität macht sich Beiner Hoffnung, dass der Markt für gebrauchte E-Fahrzeug derzeit erst noch anläuft.
Ein wichtiger Punkt, wenn man mit seinem E-Taxi erfolgreich sein will, ist Beiners Ansicht nach auch eine ausgiebige Schulung der Fahrer. Viele Kunden hätten tatsächlich Fragen zu Fahrzeug und zur Technologie, so dass jedes E-Taxi, da ist sich Beiner sicher, als Multiplikator die Verkehrswende vorantreibt.
Hamburg sei mit dem „Projekt Zukunftstaxi“ ein Vorreiter, auch wenn es woanders ähnliche Förderprojekte gibt. Der Vorteil liegt in der Übersichtlichkeit und Transparenz, weshalb Beiner auch seinen Vortrag mit der Bitte abschließt, auch andere deutschen Städte von dem Konzept zu überzeugen. sg / jh
Beitragsfoto: Telekom