Wer in Leipzig Mietwagenfahrten anbietet, muss dafür ab sofort eine Mindestgebühr von sechs Euro sowie zwei Euro pro Kilometer verlangen. Das regelt eine letzte Woche veröffentlichte Verwaltungsrichtlinie des Leipziger Oberbürgermeisters. Auch der Gebündelte Bedarfsverkehr hat eine Mindestgrenze.
Die Stadt in Sachsen zählt damit zu den ersten Kommunen Deutschlands, welche den neu geschaffenen Paragraph 51a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) umsetzt. Dort heißt es im Absatz 1, dass eine Genehmigungsbehörde zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen Mindestentgelte für Mietwagen festlegen kann. Beim Gebündelten Bedarfsverkehr ist eine Behörde sogar verpflichtet, Regelungen über Mindestbeförderungsentgelte zu erlassen, die einen hinreichenden Abstand zu
den Beförderungsentgelten des jeweiligen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sicherstellen (Absatz 2).
Folglich orientieren sich die künftigen Mindestentgelte am Preis eines Einzeltickets des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) zuzüglich eines Aufschlags pro gefahrenen Kilometer. Mietwagen müssen den dreifachen Preis des Einzeltickets als Mindestentgelt verlangen und mindestens zwei Euro pro Kilometer berechnen. Da ein Einzelticket des MDV aktuell drei Euro kostet, darf eine Mietwagenfahrt nicht unter einem Grundpreis von neun Euro zzgl. zwei Euro pro Kilometer angeboten werden.
Beim Gebündelten Bedarfsverkehr wird der zweifache Preis eines MDV-Einzeltickets als Mindestentgelt je Buchung durch eine Person festgelegt, jeder weitere Mitfahrer bei gleicher Buchung dann nur noch ein Drittel des MDV-Ticketpreises. Der Tarif je gefahrener Kilometer liegt bei einem Euro.
Zum Vergleich: Leipzigs Taxitarif sieht eine Grundgebühr von 3,90 Euro vor sowie eine degressive Kilometerstaffelung von je 2,70 Euro für die ersten beiden Kilometer und von je zwei Euro je weiteren Kilometer. Ab dem elften Kilometer sinkt dann der Streckenpreis auf 1,70 Euro pro Kilometer. Nachts wird jeder gefahrene Kilometer mit jeweils 20 Cent mehr berechnet.
Die erstmalige Einschränkung der Tarifgestaltung rechtfertigt die Stadt Leipzig damit, dass die Preise mit den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Gemeinwohl in Einklang stehen sollen. „Es soll nicht nur die Leistungsfähigkeit der Unternehmen gesichert, sondern die Gemeinwohlinteressen berücksichtigt werden, wozu ebenfalls die übrigen gewerblichen Verkehrsstrukturen, beispielsweise der Taxenverkehr, gehören“, heißt es in der Verwaltungsrichtlinie.
„Ebenso“, so führt die Richtlinie weiter aus, „tragen die Mindestbeförderungsentgelte dazu bei, die Möglichkeit eines ruinösen Wettbewerbs zwischen den Mobilitätsanbietern der verschiedenen Verkehrsformen auszuschließen.“
Am Beispiel dreier Fahrtstrecken wird deutlich, dass dieses Ziel durchaus erreicht wurde. Eine Kurzstrecke über zwei Kilometer kostet beim Mietwagen 13 Euro und beim Taxi 9,30 Euro (tagsüber) bzw. 9,70 Euro (nachts). Fünf Kilometer werden beim Mietwagen mit 19 Euro und beim Taxi tagsüber mit 15,30 Euro bzw. nachts mit 15,90 € berechnet. Für eine Fahrt von der Leipziger Innenstadt zum Flughafen (rund 17 Kilometer) zahlt ein Mietwagenkunde mindestens 43 Euro und ein Taxifahrgast tagsüber 37,20 Euro. Die mögliche Berechnung von Stand / Wartezeiten bei Taxis ist bei diesen Beispielen nicht berücksichtigt.
Eine handwerkliche Panne der PBefG-Novelle hat die Verwaltungsrichtlinie übrigens sehr elegant repariert: Die Einhaltung der Mindestentgelte kann nur dann sichergestellt sein, wenn Verstöße auch sanktioniert werden können. Eine solche Ahndungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber beim § 51 a jedoch nicht definiert. Die Stadt Leipzig wird daher die Regelungen zu den Mindestentgelten in die
jeweiligen Genehmigungsbescheide als Auflage aufnehmen. „Damit fallen Verstöße gegen die Mindestbeförderungsentgelte als Verstöße gegen Auflagen einer Genehmigung unter den Tatbestand des § 61 Abs. 1 Ziff. 1 PBefG und können gemäß § 61 Abs. 2 PBefG mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden“ heißt es dazu in der Richtlinie.
Die Verwaltungsrichtlinie hat insgesamt sechs Seiten und ist über diesen Link abrufbar. Zur bindenden Wirkung heißt es dazu: „Mit der Selbstbindung der Verwaltung durch diese Verwaltungsrichtlinie zur Festsetzung von Mindestbeförderungsentgelten im gebündelten Bedarfsverkehr und im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen wird eine einheitliche Regelung geschaffen, die bei allen Unternehmen angewandt wird, denen diese Verkehre durch die Stadt Leipzig genehmigt werden.“
Anmerkung der Redaktion: Leipzig könnte mit seiner Regelung zu Mindestentgelten zum leuchtenden Beispiel für alle anderen Städte werden – vor allem dort, wo eine große Anzahl an Mietwagenbetrieben unter Nutzung von Uber bzw. Free Now-Apps taxiähnlichen Verkehr betreiben. Wie aus Insiderkreisen zu vernehmen ist, sollen auch in Leipzig einige Firmen Mietwagenkonzessionen beantragt haben, die nachweislich die Uber- und Free-Now-App bedienen wollen. Das erklärt auch, warum Leipzig so schnell mit einer Verwaltungsrichtlinie herausgerückt ist.
Da dies in enger Absprache mit dem örtlichen Taxigewerbe geschehen ist, konnten zum einen Mindestentgelte definiert werden, die nicht unter dem Taxipreis liegen, zum anderen aber auch gleich notwendige Zusatzformulierungen aufgenommen werden, die eine Umgehung der Mindestentgelte von vornherein ausschließen. So sind beispielsweise Rabatt, Cashback- oder andere Preisaktionen ausdrücklich nicht gestattet und die Sanktionsfähigkeit durch einen Eintrag in die Genehmigungsurkunde sichergestellt.
Man darf gespannt sein, ob FDP-nahe Firmen wie Ennoo Savedriver eine (Uber-) Expansion in Leipzig jetzt noch unterstützen wollen.
Hinweis: In der ursprünglichen Version wurde die Berechnung auf Basis des Referenzpreises von zwei Euro eines Einzeltickets vorgenommen. Tatsächlich liegt die Höhe des zugrundegelegten Einzelticketpreises bei drei Euro. Sämtliche Berechnungen des Mindestentgeltes für Mietwagen wurden daher in diesem Beitrag am 15.10.21 angepasst.
Symbolfoto: Pixabay
Sieht so aus, das auf die Lobbyisten eine Meng€ Arbeit in Leipzig zukommt.
Liebe Kollegen.
Ich wundere mich schon seit Stunden, warum ich in diesem Forum keine lesbare Resonanz finde, – auf diesen Artikel und die dargestellten Weichenstellungen der Leipziger Politik.
Vielleicht hab ich da ja was nicht richtig verstanden, aber unterm Strich denke ich schon, das da ganz wichtige richtungsweisende Beschlüsse gefasst wurden.
Der ÖPNV, und dazu zähle ich natürlich auch das TaxiGewerbe, sind ganz wichtige Stützen unseres gesellschaftlichen Funktionierens.
Wir alle wollen immer mal wieder von A nach B.
Mit der Straßenbahn, mit dem Bus, mit der U-oder S-Bahn.
Oder eben auch mit dem TAXI !!!!!
Dieser Bereich des ÖPNV ist aus meiner Sicht ausreichend berücksichtigt worden.
Die Oma, das Kind, der Schwerbehinderte, der eilige Geschäftsmann — für ALLE sind wir da !
Immer – rund um die Uhr !!!
Das ist unsere Stärke, und das sollten wir uns auf keinen Fall kaputt machen lassen !
Und wenn in Leipzig keine Dumpingpreise mehr erlaubt sind, dann sollte das auch in RestDeutschland möglichst Schule machen
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Lieber Uwe,
warum sollte ein Behinderter , die Oma oder ein Kind nicht auch mit einem Mietwagen gut von A nach B befördert werden? Die Dienstleistung am Fahrgast ist meist beim Taxi genau so schlecht wie bei Uber & Co. Letztere waren dafür meistens billiger. Man kann doch nicht First-Class kassieren und nur Economy bieten. Abgesehen davon finde ich auch, dass Dumpingpreise nicht erlaubt sein sollten, schon allein zum Schutz der Mitarbeiter.
Das ist alles schön und Gut. Leider wird auch diesmal Uber einen Weg finden , dieses Gesetz zu umgehen. Gegen diese Mietwagenflut und -machenschaft hilft nur eine strikte Kontrolle und wenn das nicht geht, aus welchen Gründen auch immer, ein gesetzliches Verbot von Uber und Co zum Schutz des Taxigewerbes.
Absolut richtige Entscheidung in Leipzig. Es muss auch in Hamburg in die Richtung gehen. Mann muss die Kunden gewinnen mit Qualität und Zuverlässigkeit, nicht mit Dumpingpreisen.
ich hoffe das auch in Frankfurt am main passiert
mit freundlichen Grüßen