Mit einer eindringlichen Rede hat sich der scheidende Vize-Geschäftsführer des Bundesverbands BVTM von den Mitgliedern verabschiedet. Vom Verband gab es die höchstmögliche Auszeichnung.
Er gehe mit gemischten Gefühlen, betonte Frederik Wilhelmsmeyer bei seiner Abschiedsrede vergangenen Donnerstag vor den Mitgliedern und Delegierten jenes Verbands, bei dem er 24 Jahre als Vize-Geschäftsführer tätig gewesen war. Viele von denen, die schon bei seiner damals ersten Tagung dabei gewesen waren, würden auch heute noch im Saal sitzen, stellte Wilhelmsmeyer fest. Für ihn sei das ein Zeichen der hohen Identifikation des Gewerbes mit dem Verband.
Die Zeiten haben sich geändert, die Problemfelder und Aufgaben seien komplexer geworden, wodurch sich auch die Kultur des privaten Miteinanders reduziert habe. Bei den absehbaren Veränderungen der Mobilität müsse sich das Gewerbe neu definieren und aufstellen. „Bitte sehen Sie auch die Chancen, die im Rahmen der notwendigen Neustrukturierung des Verkehrs für das Taxi- und Mietwagengewerbe entstehen“, appellierte er an die Taxivertreter. Der Weg zu emissionsfreier Mobilität ist steinig, aber alternativlos. Das Zeitfenster ist sehr eng.
Die Substanz zur Bewältigung all dieser Aufgaben sei vorhanden – dank der aktiven Unternehmer, dank der Verbände vor Ort und dank dem Netzwerk aus aktiven Taxizentralen. Das allein reiche aber nicht. Es bedürfe deutlich mehr Mut und Agilität und ein klares Ja zu Qualität und Service. So könne es nicht sein, dass manche Taxifahrer immer noch keine bargeldlose Zahlung ermöglichen. Wilhemsmeyer forderte einen bundeseinheitlich definierten Qualitätsstandard für die Taxibranche. Vor einigen Jahrzehnten habe es das mit der Einführung des „Plus-Taxis“ bereits gegeben, doch weil dann jede Stadt und jede Zentrale ihre eigenen Maßstäbe definierte, sei der eigentliche Ansatz eines bundeseinheitlichen Qualitätsstandards gescheitert. Im Rahmen der jetzt anstehenden Veränderungen sollte man auch solche Projekte wieder andenken.
Kritische Worte fand Wilhemsmeyer in Bezug auf die im letzten Jahr erfolgte Verbandsspaltung. Sie sei sachlich und inhaltlich nicht zu begründen. „Sie schadet der ganzen Branche und muss so schnell wie möglich überwunden werden.“
Der Verband habe in den Jahrzehnten großartiges geleistet, auch wenn das von außen nicht immer so wahrgenommen werde. Wilhelmsmeyer hob an dieser Stelle den Ordnungsrahmen hervor, den man all die Jahre erfolgreich gegen Liberalisierungstendenzen verteidigt habe. Gerade der Blick ins benachbarte Ausland zeige, dass Deutschland mit seinem kundenfreundlichen Ordnungsrahmen im internationalen Vergleich sehr gut dastehe.
Wilhelmsmeyer betonte auch die enge Kooperation des Verbands mit den Industriepartnern. „Nutznießer waren die Unternehmer, die dadurch auf gute Produkte zurückgreifen und wirtschaftlich arbeiten konnten.“
Ihn persönlich habe die letzte Zeit hat viel Kraft gekostet. Angefangen mit dem Verbandsumzug von Frankfurt nach Berlin, der für Wilhelmsmeyer selbst eine Verlagerung seines Lebensmittelpunktes bedeutet hat, der aber seiner Ansicht nach genau zur richtigen Zeit gekommen war, weil man dann, als es in Sachen Änderung des Personenbeförderungsgesetzes ans Eingemachte ging, der Politik „fast auf dem Schoß gesessen“ sei. Auch diese intensive Begleitung der PBefG-Novelle sei ein kräftezerrender Kampf mit einem messbar guten Ergebnis gewesen.
Parallel kam dann auch noch Corona hinzu mit massiven wirtschaftlichen Auswirkungen. Wilhelmsmeyer befürchtet, dass dies noch einige Jahre Überlebenskampf mit sich bringen wird. All das sei an ihm nicht spurlos vorbeigegangen, gibt der Vize-Geschäftsführer des Verbands zu und habe letztlich zu der Entscheidung geführt, schon jetzt einen (verfrühten) Ausstieg durchzuführen.
Konkret bedeutet das, dass Wilhelmsmeyer nicht mehr im aktiven Dienst tätig ist, aber „Backstage“ noch eine ganze Zeit lang zur Verfügung steht. Offiziell verabschiedet wurde er dennoch bereits am vergangenen Donnerstag, sieben Mitglieder und Wegbegleiter sprachen persönliche Worte: Herwig Kollar als Verbandspräsident, Gerd Gutendorf, Wolfgang Oertel, Fred Buchholz für Taxi Deutschland und Dieter Zillmann. Thomas Sell vom langjährigen Industrie-Partner Telekom verabschiedete sich per Video-Botschaft und auch Vertreter von Volkswagen, MoTi, Taxi Times, LEVC, Hale, FMS, VDK / Signal-Iduna und FMS wünschten per Video alles Gute.
Bei all diesen Reden wurde deutlich, dass Frederik Wilhelmsmeyer als „perfekter zweiter Mann“ geschätzt wurde, als „Programm, das immer funktioniert hat“, wie es Wolfgang Oertel ausdrückte. Dabei habe er oft auch die unangenehmen Aufgaben übernommen, die niemand – erst Recht kein Vorgesetzter – machen wollte.
Am Schluss gab es minutenlangen Applaus und Standing Ovations sowie als höchste Verbandsauszeichnung die goldene Ehrennadel. Verdient hat sich Wilhemsmeyer diese aufgrund seines 24-jährigen Wirkens für die Taxibranche. Mit seiner Abschiedsrede hat er bewiesen, dass er sie völlig zurecht erhalten hat. jh
Das Beitragsfoto zeigt Frederik Wilhemsmeyer während seiner Abschiedsrede: BVTM