Die Essener Taxizentrale wird wahrscheinlich ein Gerichtsverfahren gegen mytaxi verlieren. Das wurde heute bekannt, als das Landgericht Dortmund ein erstes Statement zum laufenden Verfahren bekanntgab. Zwar wurde mytaxi eine Einstweilige Verfügung verwehrt , doch „Das Gebaren von Taxi Essen ist eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung“, bestätigte ein Gerichtssprecher.
Damit dürfte die Klage von mytaxi spätestens im Hauptsacheverfahren zugunsten des App-Vermittlers entschieden werden und die Essener Taxigenossenschaft muss eine Ausschlussklausel zurücknehmen, welche die Annahme von Aufträgen anderer Vermittlungen verbietet. Taxi Essen hatte dies Anfang September Unternehmern und Fahrern untersagt, die gleichzeitig an der Auftragsvermittlung so genannter Taxi Plus-Aufträge teilnehmen. Taxi Plus-Aufträge werden bei Taxi Essen nur an diejenigen Teilnehmer vermittelt, die klar definierte Qualitätsmerkmale erfüllen.
Aus Sicht der Genossenschaft ist es verständlich, wenn man gerade die qualitativ höherwertigen angeschlossenen Taxis nicht mit Konkurrenzanbietern teilen will. Sie deshalb vertraglich vom Wettbewerber auszuschließen, wirkt wie ein Griff nach dem letzten Strohhalm. Als wolle man vom eigentlichen Problem ablenken.
Die Frage ist doch vielmehr: Warum melden sich Mitglieder einer Zentrale auch noch bei einem weiteren Vermittler an? Weil man keinen Auftrag verpassen will, koste es (zusätzlich), was es wolle? Weil man nicht will, dass der Hintermann schneller einen Auftrag bekommt? Weil die Unternehmer nur noch dann Fahrer bekommen, wenn sie ihnen eine möglichst breite Vermittlungspalette anbieten?
Sicherlich von allen etwas. Wer aber aus diesen Motiven heraus handelt, der will sich mytaxi nicht verbieten lassen. Daher ist es auch keine Überraschung, dass der Protest aus den eigenen Reihen kommt und mytaxi dies als willkommene Gelegenheit betrachtet, den Robin Hood der Essener Taxibranche zu spielen.
Doch eigentlich steckt hinter diesem Streit etwas viel gravierenderes. Wer für mytaxi parallel zur eigenen Zentrale fährt, hat zu wenig Vertrauen in die Leistungsfähigkeit „seiner“ Genossenschaft. Man traut ihr nicht zu, genügend Aufträge zu vermitteln, nicht einmal, wenn sie den Kunden gegenüber mit einem Plus-Taxi mehr Qualität verspricht.
Viele fühlen sich von ihrer Zentrale gegängelt, glauben, dass bei Auftragsvergaben gemauschelt wird, benutzen die Zentrale nur als (billiges) Mittel zum eigentlichen Zweck, irgendwie an Aufträge zu kommen. Das ist keine Mitgliedschaft, das ist eine Zwangsgemeinschaft.
Wenn eine Zentrale Qualität gegenüber den Kunden demonstrieren will, muss sie diese auch gegenüber ihren angeschlossen Teilnehmern vorleben. Dazu zählt, dass man die Unternehmer und Fahrer von der eigenen Zentrale überzeugt, ihnen die Vorteile einer leistungsfähigen Vermittlung klarmacht, die Gefahr einer Marktverschiebung Richtung mytaxi verständlich macht, ihre Sorgen ernst nimmt und ihre Vorurteile widerlegt. Das ist in vielen Taxigenossenschaften ein dickes Brett, das man bohren muss und durch das man sicher nicht durchkommt, indem man die Teilnahme an einer anderen Vermittlung verbietet. Unzufriedenen Unternehmern und Fahrern wird man nur sehr schwer überzeugen können, dass man die bessere von zwei Taxivermittlungen ist.
Von daher ist es eigentlich egal, wie das Landgericht Dortmund letztendlich entscheiden wird. Das eigentliche Problem muss anders gelöst werden. jh