Die Vertretungen des Berliner Taxigewerbes haben vor einigen Wochen eine Tariferhöhung beantragt. Wie ist der aktuelle Zwischenstand?
Die Geschäftslage ist schwierig. Die Corona-Krise sorgt weiter für wenig Kundschaft, die Kraftstoffpreise erreichen immer neue Höchstmarken, die unlauteren Wettbewerber treiben weiter ihr Unwesen und der Mindestlohn soll im Oktober auf zwölf Euro brutto steigen. Die Taxitarife ermöglichen dadurch immer weniger auskömmliches Wirtschaften. In Berlin kommt noch die missliche Lage am Flughafen Berlin-Brandenburg hinzu: Nur 400 der aktuell knapp 6.000 Taxis haben die Berechtigung, am Hauptstadtflughafen zu laden, weil der dortige Landrat diese Zahl trotz häufigen Taximangels für ausreichend hält.
Letzten Oktober teilte die Senatsverkehrsverwaltung den Berliner Gewerbevertretungen mit, man plane – in Absprache mit dem Landkreis Dahme-Spreewald (LDS), in dem der Flughafen liegt – eine gemeinsame Tarifstufe für Einsteiger am Flughafen. Doch der Wunsch vieler Unternehmer nach einer kompletten Angleichung der beiden unterschiedlichen Tarife wurde nicht berücksichtigt. Dafür ist eine andere Neuerung im Gespräch: Für Fahrten vom Flughafen zu bestimmten Fahrzielen in Berlin sollen künftig Festpreise gelten. Der Alexanderplatz und das Messegelände sollen den Anfang machen. Für eine Stellungnahme setzte die Behörde den Branchenvertretern eine relativ kurze Frist.
„Innung“, TVB und Taxi Deutschland reagierten postwendend und erarbeiteten nicht nur einen eigenen Tarifvorschlag, sondern entwarfen zudem elf sogenannte Zonen für Festpreisfahrten vom Flughafen aus (Taxi Times Berlin berichtete). Ihrer Meinung nach muss Taxifahren in der Hauptstadt deutlich teurer werden, um auch in Zukunft wirtschaftlich arbeiten zu können. So sind sich zwar alle einig, dass der Grundpreis bei 3,90 Euro bleiben soll, doch den Kilometerpreis wollen die Verbände für die ersten drei Kilometer von 2,30 auf 2,90 Euro anheben, für den dritten bis zum siebten Kilometer auf 2,45 Euro, und ab dem siebten Kilometer von 1,65 auf 1,85 Euro. Auch die Wartezeit soll teurer werden, der Gepäckzuschlag für Großraumtaxen soll aber entfallen.
Während die Missstände am Flughafen weiter bestehen und sich in der Berliner Politik die Stimmen mehren, die eine Ladeberechtigung für alle Berliner Taxis am Flughafen fordern, ist eine Anpassung des Berliner Tarifs noch nicht in Sicht. In einem Schreiben der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) vom 25. Januar hat Pressesprecher Jan Thomsen Taxi Times mitgeteilt, dass ein gemeinsamer Flughafentarif für Fahrten ab dem BER „auf dem Weg“ sei: „Für einen zwischen dem Landkreis und Berlin abgestimmten Entwurf wurde ein Anhörungsverfahren durchgeführt. Derzeit wird in Berlin der Entwurf der entsprechenden Rechtsverordnung für die Senatsbefassung vorbereitet. Parallel dazu erarbeitet der Landkreis seinen Entwurf, um die Beschlussfassung im Kreistag in die Wege zu leiten. Über eine Festlegung von Festpreisen vom Flughafen zu bestimmten Zielen in Berlin wurde noch nicht abschließend entschieden. Der gesamte Prozess, mit einer verbindlichen Entscheidung beider Partner, wird voraussichtlich nicht vor dem zweiten Quartal finalisiert sein.“
In der Tagespresse ist zumindest angekommen, dass auch in Berliner Taxis demnächst ein Zuschlag von 1,50 Euro von Einsteigern am Flughafen erhoben wird. Bisher gilt dieser nur in Taxis aus dem LDS. Berliner Unternehmer müssen derzeit die Schrankengebühr aus eigener Tasche an die Firma Apcoa bezahlen, die die Park- und Taxiinfrastruktur am BER im Auftrag der Flughafengesellschaft bewirtschaftet.
Am 27. Januar hat die Berliner Zeitung ausführlich über das Thema berichtet. Unter der Überschrift „Taxi-Fahrgäste am BER sollen künftig eine Flughafengebühr zahlen“ heißt es später relativierend: „Im Vergleich zum jetzigen LDS-Tarif würde die geplante neue Preistabelle zum Teil eine geringfügige Erhöhung bedeuten. Verglichen mit dem Berliner Taxitarif wären in einigen Bereichen dagegen sogar Preissenkungen absehbar. Hinter den in Berlin beantragten Tarifanhebungen liegt das Konzept deutlich zurück.“ Redakteur Peter Neumann zitiert „Innungs“-Chef Leszek Nadolski, der für die Vorteile von Festpreisen wirbt: „Für die Fahrgäste würde es mehr Sicherheit, Verlässlichkeit und eine preisliche Flexibilität bedeuten: Staus beziehungsweise Umleitungen wären bereits im Pauschal-Tarif einkalkuliert und ‚Überraschungen‘ ausgeschlossen.“
Welche Rolle Festpreise für die Zukunft des Taxigewerbes spielen, hat Taxi-Berlin-Geschäftsführer Hermann Waldner in seinem Essay „Für das Taxigewerbe zu kämpfen, zahlt sich aus“ erläutert: „Wer auf dem Verkehrsmarkt der Zukunft bestehen will, muss sogenannte Reiseketten anbieten, also komplette Wege von A nach B mit mehreren Verkehrsmitteln, die exakt aufeinander abgestimmt sind, und für die ganze Reise wird ein Gesamtpreis berechnet: Beispiel: Ein Manager aus der Nähe von Wolfsburg reist von zu Hause zu einem Geschäftstermin nach Mailand. Dazu lässt er sich von einem Taxi zum Bahnhof fahren, fährt mit einem ICE nach Berlin, mit einem weiteren Taxi nach Schönefeld, fliegt zum Flughafen Mailand-Malpensa, fährt mit einem Zug 50 Kilometer nach Mailand und nimmt von dort ein Taxi zur Zieladresse. Weder er noch seine Firma sind bereit, sechs Verkehrsmittel vorab zu recherchieren, zu buchen und einzeln zu bezahlen. Sie suchen sich einen Reiseanbieter, der alles in einem anbietet. Dieser Reiseanbieter fragt nun bei Taxi Berlin nach dem Fahrpreis vom Berliner Hauptbahnhof zum Flughafen BER. So lange wir dem antworten müssen, dass der Fahrpreis leider erst am Ende der Fahrt auf dem Taxameter angezeigt wird und niemand berechtigt ist, diesen zu über- oder unterschreiten, werden nicht wir Teil seiner Reiseketten, sondern andere Anbieter, die ihm Festpreise nennen können. Wir brauchen also Festpreise, um für die Zukunft konkurrenzfähig zu sein.“ ar
Beitragsbild: Symbolfoto Axel Rühle