Mit der geplanten Einführung des 12-Euro-Mindestlohns müssen viele Branchen ihre Preise anpassen – auch die Taxibranche. Warum dies unumgänglich ist und wie man dafür argumentieren kann, hat der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. (LTV) eindringlich zusammengefasst.
Der Landesverband, der auch das Taxigewerbe des Nachbarlandes Sachsen-Anhalt vertritt, hat in einem Rundschreiben an seine Mitglieder festgestellt, dass aufgrund von Fahrermangel und zunehmendem Altersdurchschnitt der Unternehmer immer mehr Taxibetriebe geschlossen und Fahrzeugkapazitäten reduziert werden. Gleichzeitig seien immer mehr Menschen, gerade im Krankenfahrtenbereich, auf individuelle Beförderung angewiesen. Aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen fänden die Unternehmer aber meist keine Nachfolger mehr.
Jeder hätte bereits festgestellt, dass die Betriebskosten für Taxi- und Mietwagenunternehmen in den letzten Jahren extrem angestiegen seien, vor allem 2021. Solche Kostensteigerungen sollten nach Ansicht des LTV – wie in anderen Branchen auch – an die Kundschaft weitergegeben werden, denn auch Taxi- und Mietwagenanbieter müssten gute Rahmenbedingungen anbieten können. Dazu reiche es nicht aus, Mindestlohn zu bezahlen, stattdessen müsse eine Vergütung oberhalb des Mindestlohns anbieten können. „Nach unserer bisherigen Erfahrung vergüten unsere Mitgliedsunternehmen im Durchschnitt ca. 16 Prozent oberhalb des jeweils aktuellen Mindestlohnes. Dieses Delta wird auch bei 12 Euro Mindestlohn von den Mitarbeitern mindestens gefordert, wenn nicht sogar noch ein größerer Abstand zum Mindestlohn.“
Aus Gesprächen sei dem Verband bekannt, dass viele Unternehmer „Zahlen und Fakten nicht vertrauen“ und glauben, dass mit steigenden Taxitarifen Kunden verloren gingen. Der Verband setzt diesem scheinbaren „Totschlagargument“ zahlreiche Gegenfakten entgegen, beispielsweise, „dass die Bürger in Deutschland Parteien gewählt haben, die erstens hohe Mindestlöhne und mehr Klimaschutz versprochen haben“, was beides koste und dem Staat sowie den Bürgern mehr Geld bringe. Zweitens hätten „alle Regierungen, die bisher das Regierungsamt innehatten, nicht dafür gesorgt, dass der Fachkräftemangel entweder nicht entsteht“ oder eingedämmt werde. Das Gewerbe bräuchte folglich kein schlechtes Gewissen zu haben, die Preise den Kosten anzupassen. „Gehen Sie selbstbewusst auf Ihre Kunden zu, denn Sie können auch selbstbewusst sein!“
Der Verband appelliert auch an das Taxi- und Mietwagengewerbe, sich nicht mehr „in die Tasche zu lügen“ und zählt auf, was damit gemeint ist: „Die eigenen Zahlen dürfen natürlich nicht auf dem guten Gehalt des Lebenspartners oder Subventionen aus anderen Geschäftsbereichen basieren.“ Ebenso wenig dürften sie auf Grundlage der Selbstausbeutung und auf Beugung bestehender Gesetze aufgebaut sein, auch nicht „auf einer schlechten Kranken- und Pflegeversicherung sowie einer nicht vorhandenen Rentenversicherung.“
Seit 2014 schreibt der Verband die Kosten für die Betriebe tabellarisch fort und hat zudem eine Prognose für Ende 2022 bei einem Mindestlohn von 12 Euro aufgestellt. Allein die durchschnittlichen Fahrzeugkosten sind seitdem von 0,63 auf 0,74 Euro netto pro Besetztkilometer gestiegen (17 Prozent). Bis zum Jahresende wird ein weiterer Anstieg auf 0,79 Euro prognostiziert. Noch drastischer ist der ermittelte Anstieg bei den Personalkosten: Hier wird ein Anstieg von 0,52 auf 1,21 Euro verzeichnet (133 Prozent), der sich bis Ende 2022 sogar auf den Wert von 1,47 Euro fortsetzen wird (183 Prozent Anstieg seit 2014). Kein weiterer Anstieg wird für die Gemeinkosten prognostiziert, die aber seit 2014 bereits um die Hälfte gestiegen sind.
Die Chefs der Taxibetriebe, gerade auch die selbstfahrenden Unternehmer, müssen in ihre Kalkulation auch den Unternehmerlohn einberechnen. Umgerechnet auf den Besetztkilometer ist auch dieser in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Waren es laut Musterberechnung im Jahr 2014 noch 26 Cent, müsse er in diesem Jahr bereits mit 41 Cent einkalkuliert werden.
Unter dem Strich sind die durchschnittlichen Nettokosten je Besetztkilometer unter Einbeziehung der Fahrzeug- Personal- und Gemeinkosten sowie des Unternehmerlohns seit 2014 von 1,47 Euro auf 2,51 Euro gestiegen und werden sich laut Prognose zum Jahresende auf 2,82 Euro belaufen, was einer Verteuerung um mehr als 90 Prozent entspricht. Darin sind sämtliche Leerfahrten, Stand- und Wartezeiten berücksichtigt.
Um die Kosten auch künftig decken zu können, hat der LTV seinen Mitgliedsunternehmen Hilfe bei der Beantragung der Taxitarife in ihren Regionen angeboten. ar
Beitragsfoto: Taxi Times
Wenn eine Tariferhöhung die Lösung sein soll, weiß ich auch nicht mehr, wie das Gewerbe mehr Aufträge erhalten soll.
Auch wenn wir natürlich alle dringend mehr Umsatz benötigen ist eine Tariferhöhung meines Erachtens nicht der richtige Weg. Die Medien werden das Thema ausschlachten und noch mehr potenzielle Kunden in die Arme von Uber und Co treiben. Wir müssten ganz im Gegenteil versuchen ein Geschäftsmodell schaffen bei dem wir die Tarife um 50% senken könnten. Das wird wenn dann nur in den Großstädten funktionieren.
Danke für diesen Leserkommentar. Sollten Sie so ein Geschäftsmodell entwickelt haben, würden wir von Taxi Times das sehr gerne vorstellen.
Taxifahren ist zu Günstig ! Die Preise müssen schon lange nach oben korrigiert werden um Gehälter und Kosten zu decken! Problem hierbei ist der Wettbewerb. Wenn dieser durch die Aufsichtsbehörden stärker kontrolliert werden würden gebe es auch einen FAIREN Wettbewerb und somit auch eine Chance das überleben des Taxis zu sichern ! Wettbewerb ist gut da es Innovationen fördern siehe zb. Apps die sofort die Antwort auf Uber waren…. Digitalisierung etc. Problem hierbei ist auch das viele Kollegen immer noch immun gegen Innovationen sind. Aber das Hauptproblem ist und bleibt die Regulierung des Wettbewerbs hinsichtlich Rückkehrpflicht und Betriebssitz. In Städten ist es schon normal geworden Uber autos von anderen gemeinden rumfahren zu sehen und niemanden kümmert es mehr. Eine aktive Problembehandlung seitens der Behörden bekommt man auch nicht mit. Taxifahren ist einfach zu Günstig und der Job an sich ein Motivationskiller wegen CORONA und das Gefühl ungerecht behandelt zu werden. Es wurden Regeln festgelegt und trotzdem keinerlei Erfolge Seitens der Behörden.
Man wird das Gefühl nicht los das die Städte diese Mobilitätsdienste mit Absicht Stiefmütterlich behandeln um großen Autokonzernen den Verkauf von Autos etc zu ermöglichen. Hierbei geht es schon lange nicht mehr um Fairness oder normale Regulierung per Gesetz. Wenn so eine Große Branche seit Jahren wegen den gleichen Problemen kämpft und keine Erfolge Vorweisen kann, ist das ein Zeichen dafür das dies so gewollt ist und ein Zeitalter anbricht in der das Taxi doch ausgedient hat.
PERSÖNLICHE MEINUNG
grüße
Traurig so manch Kommentar lesen zu müssen, das eine Preiserhöhung im Gewerbe nicht die Lösung sein kann und es nur Aufträge kostet. Mensch Leute , ist das wirklich euer ernst ? Ihr wisst schon, das ihr einen Gewerbebetrieb habt ? Wer also meint die Preise sollten stabil bleiben , der sollte sich von allen bis auf 1 Fahrzeug trennen, alle Fahrer entlassen , in eine Ein Zimmer Wohnung ziehen und 19 Stunden den Tag arbeiten .
Eine ewige Tariferhöhung ist nicht der richtige Weg.
Das Taxigewerbe muss dringend bestehende Überkapazitäten abbauen.
Wenn UPS nur 200 Pakete am Tag auszuliefern hat, schicken sie auch keine 400 Paketautos raus.
Der Kunde kann nicht ewig dafür bestraft werden, dass Unternehmer zu viele Taxen rausschicken,
die dann doch nur rumstehen. Diese „Rumsteherei“ darf nicht der Kunde bezahlen müssen.
Der einzige Weg ist sich endlich „ehrlich zu machen“ und per Fiskaltaxameter die Arbeitszeiten der
Fahrer ins Visier zu nehmen. Unternehmer, die am Ende doch keinen „ehrlichen Mindestlohn“ bezahlen, müssen verschwinden, auch wenn der Fahrer den Mindestlohn überhaupt nicht einfordert. Wir wissen doch alle, dass in vielen Großstädten die Fahrer per Umsatzbeteiligung bezahlt werden und am Ende niemals ehrliche 12€/ Stunde erhalten werden.
Dass das Arbeitsplätze kostet ist klar und es muss auch dem Kunden deutlich gemacht werden, dass er in Zukunft im Zweifel auch ein „bisschen länger“ auf ein Taxi warten muss.
Es kann nicht sein, dass angestellte Fahrer teilweise stundenlang am Flughafen rumstehen, um dann nach 2 Stunden Wartezeit eine 15€-Tour zu fahren, wovon sie dann ca. 40% erhalten.
Der Kunde darf sich dann aber auch nicht wundern, dass wenn er sonntags abends um 22.30 Uhr am Flughafen ankommt, dass dann keine Taxen doch auf ihn warten. 24Std.-Verfügbarkeit gibt es dann eben nicht mehr.
Die örtlichen Taxi-Aufsichtsbehörden und/oder der Zoll müssen auch mal ihrer gesetzlichen Aufsichtspflicht nachkommen und rigoros kontrollieren. „Märchen-Stundenzettel“ bzw. Fahrberichte mit 12 Stunden-Arbeitszeit und 6 Stunden Pause müssen dann mit den „Fiskaltaxameter“-Daten entlarvt und die Unternehmer sanktioniert werden.
Das Taxigewerbe braucht sich nicht immer über UBER & Co zu beschweren (Rückkehrpflicht), wenn es sich selbst in Wirklichkeit immer am Rande der Legalität bewegt. Oder anders ausgedrückt: man darf sich nicht wundern und aufregen, wenn man selbst für 4€/ Stunde arbeitet, wenn dann noch einer daherkommt, der es für 3,50€/Std. macht.
Sorry dies ist nur meine persönliche Meinung.