Während die Bundesregierung das Gesetz für einen 12-Euro-Mindestlohn vorantreibt und die Spritpreise weiter ansteigen, bereiten die Vertreter der Taxibranche überall in Deutschland die Anträge auf die dafür nötigen Tarifanpassungen vor – oft auch gegen Widerstand aus den eigenen Reihen.
„Taxifahren wird teurer“. Solche Schlagzeilen liest keiner gerne. Der Kunde nicht, weil er für die gleiche Leistung mehr Geld bezahlen muss, der Taxifahrer nicht, weil er befürchtet, dass eben diese Kunden sich dann andere Alternativen suchen.
Womit wir schon beim ersten Argument der brancheninternen Gegner einer Tariferhöhung wären: „Wenn das Taxi noch teurer wird, steigen noch mehr Fahrgäste auf Uber und Free Now um, weil die ja dann im Vergleich noch billiger werden“, befürchten vor allem die Unternehmer und Fahrer aus den Großstädten. Dem kann man sachlich entgegenhalten, dass die Gründe, die das Taxigewerbe zu einer Preisanpassung zwingen, auch für alle Mietwagenunternehmen gelten, die für Uber & Co unterwegs sind: Auch dort müssen die Angestellten künftig mit mindestens zwölf Euro pro Stunde bezahlt werden und auch dort kostet der Diesel 1,70 pro Liter. Wenn Uber und Free Now auch im Herbst unveränderte Dumping-Preise anbieten, hätte jeder Partner der Plattform einen drastischen Rentabilitätsverlust.
Es wäre dann ein klares Indiz dafür, dass diese Unternehmer illegal agieren und somit die dringende Aufgabe der zuständigen Finanz- und Aufsichtsbehörden, dagegen einzuschreiten.
„Wenn der Taxitarif steigt, verliert die Branche Kunden.“ Bei Gegnern einer Tariferhöhung ist diese Befürchtung meist nur ein Gefühl. Verlässlich belegbar wäre es aber nur durch Zahlen. Und genau diese Zahlen sprechen eine andere Sprache. Fast alle Taxizentralen bestätigen, dass ihre Vermittlungszahlen nach einer Tariferhöhung – wenn überhaupt, dann nur kurzzeitig – gesunken sind.
Auch in den meisten Gutachten zur Funktionsfähigkeit, die bei vielen Genehmigungsbehörden die Basis für eine Tarifkalkulation bilden, findet man diesen Zusammenhang nicht. Allerdings kommen viele Gutachten im städtischen Bereich zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Taxi-Einzelunternehmer steigt, die unplausible Umsätze angeben.
Das jedoch pauschal mit illegalen Machenschaften gleichzusetzen, wäre falsch. Ein kleiner Anteil der Einwagenbetriebe ist wirtschaftlich nicht mehr auf das Taxifahren angewiesen. Das zeigt sich daran, dass diese Unternehmer nur mehr 3-4 Stunden pro Tag unterwegs sind, dabei hauptsächlich Stammkundschaft oder feste Touren fahren.
Es ist die Stärke der Taxibranche, dass sie in ihrer Kleinteiligkeit und Vielschichtigkeit auch vielen (Einzel-) Unternehmern den Raum für deren freie Berufswahl- und Gestaltung lässt. Es ist aber auch die Schwäche der Branche, dass diese Unternehmer aufgrund ihrer Mitgliedschaft in den genossenschaftlich strukturierten Taxizentralen und dem daraus resultierenden Stimmrecht zu sehr Einfluss nehmen wollen.
Für das Gesamtgewerbe wäre es deshalb fatal, wenn die Branchenverantwortlichen auf jede Gegenmeinung Rücksicht nehmen würden. Die Argumente für eine Tarifanpassung sind höher einzuschätzen als die Bedenken gegen eine Erhöhung. Ein Taxitarif darf nicht nach den Leitlinien derjenigen (Solo-)Selbständigen definiert werden, deren Wirtschaftlichkeit nur gegeben ist, weil der Unternehmer vom guten Verdienst des Lebenspartners profitiert oder das eigene Taxiunternehmen aufgrund von Einnahmen aus anderen Geschäftsbereichen quersubventioniert.
Ebenso wenig darf kein Taxitarif auf Selbstausbeutung und auf Beugung bestehender Gesetze aufgebaut sein, auch nicht auf einer schlechten Kranken- und Pflegeversicherung sowie einer nicht vorhandenen Rentenversicherung. „Es ist die Aufgabe des Verbands, auch diejenigen Unternehmen zu schützen, die aufgrund von jahrzehntelangen Gepflogenheiten und einer Betriebsblindheit den tatsächlichen wirtschaftlichen Bedarf verkennen“, hatte es kürzlich ein Gewerbevertreter formuliert. Man müsse den Widerstand deshalb ernst nehmen, aber auch standhaft dagegenhalten. Um diese Herkules-Aufgabe sind die Branchenverantwortlichen derzeit wahrlich nicht zu beneiden. jh
Beitragsfoto: Taxi Times
Für mich ist die Kommentarmeinung nicht plausibel. Die Stimmen der Einzelunternehmer zählen genauso, wie die der Mehrwagenunternehmer. Es ist absurd, daran rütteln zu wollen. Das Taxigeschäft war immer schon kaum dazu geeignet, Fahrpersonal zu beschäftigen. Es war in den meisten Fällen sehr schwer, konforme Beschäftigung gewährleisten zu können. Das wird sich auch wohl nicht mehr ändern. Eine Tariferhöhung wird auch daran nichts ändern. Die Hoffnung, dass nun die Steuer- oder Aufsichtsbehörden gegen Uber, FreeNow & Co. dann endlich tätig werden würden, bleibt nur eine Hoffnung. Darauf warten wir bereits seit vielen Jahren. Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich diese Zustände dann änndern. Selbst wenn es mal einen Unternehmer erwischen sollte. Es stehen Hunderte bereit, weiter zu machen.
Wenn ich mich recht erinnere, müssen auch Einzelunternehmer den größten Teil ihrer Einnahmen durch das Taxi generieren. So steht es zumindest wieder in den Bedingungen für die Corona-Hilfen. Es muss seinem Haupterwerb dienen. Wenn ein Einwagenunternehmer mit seinen 4 Stunden täglich einen höheren Umsatz erzielt, als Unternehmer, die mit Mitarbeitern 10 Stunden-Schichten fahren, finde ich das doch durchaus gewerbefreundlich. Die meisten Kollegen empfinden ein nicht arbeitendes Taxi, nützlicher, als ein eingesetztes Taxi.
Moin aus dem Norden…
was bisher fehlt ist auch eine Einsicht der Krankenkassen die so genannten Kassentarife auf ein vernünftiges Niveau anzupassen… seit Jahren wird der „verlangte“ Service (also auch der Zeitfaktor) vernachlässigt und die Tarife steigen seit Jahren nicht dementsprechend… Jedem (auch Krankenkassenvorständen) sollte sich bewusst sein: mehr als 2 Krankenfahrten schafft kein/e Taxifahrer/In pro Stunde! – egal on angestellt oder selbst fahrende/r Unternehmer/In. Und dann kommt ja noch die Arbeitszeit der Bearbeitung + Nachbearbeitung dazu… bin gespannt, ob und wie sich die Kassentarife verändern.
Keine Frage, eine Tarifanpassung ist notwendig , allerdings sehe ich ein Problem . Wie kann man eine Tarifanpassung begründen, wenn man gleichzeitig die erzwungenen Dumpingpreise der Krankenkassen akzeptiert ? Nun ja, wir wissen alle, ein akzeptieren ist es ja nicht, die Preise werden einem aufgezwungen und man nennt es dann Verhandlungsergebnis. Im gleichem Atemzug werden zum Beispiel Krankenwagen wieder mit fixen Tragestühlen versehen , um Patienten sitzend zu befördern , was ja im Grunde nach Gesetz gar nicht möglich ist , da man einer sitzenden Person bei einer zu erwartenden Notsituation nicht helfen kann und diese auch nicht intubieren kann . Aber nach dem Generationswechsel ist ja immer alles möglich, da altes grundsätzlich immer verstaubt ist. Geld spielt also keine Rolle mehr ……. . Der Preisunterschied pro Fahrt ca 150 euro und mehr pro Fahrt und Person . Rechnen Sie das einmal spaßeshalber nur einmal auf 10 Personen und 20 Fahrten pro Tag hoch und das bei 25 Tagen per Monat übers Jahr . Das wäre dann für nur einen Krankenwagen / KTW. Geld , das dem Gewerbe verloren geht, nur weil sich keiner mehr in diesem Gesetzesjungle auskennt , keiner mehr hinhört und eine Hand die andere wäscht. Von den unnötig aufgeblähten RTW Beständen mal abgesehen. Das größte Hindernis für dieses Gewerbe ist neben dem Gewerbe selbst , eine blinde Politik . So kann man natürlich nicht auskömmlich und effizient arbeiten
Ich finde es sehr mutig bei einem coronabedingten Umsatzrückgang zwischen 30 und 50% die Tarife deutlich erhöhen zu wollen. Aber nun gut, die Masse der Taxiunternehmer sind bewusst nicht organisiert und haben somit keine Stimme in Richtung Behörde, Handelskammer und Politik.
Mich wundert schon lange, warum es überhaupt noch MWU gibt. Habe einst gelesen ein Mitarbeiter muss seinen Lohn mit dem Faktor 3,5 erwirtschaften, damit er sich rechnet. Damit gilt für Hamburg :
Stundenumsatz vor Corona: 23€. 10€ Mindestlohn = 35€ Stundenumsatz
Stundenumsatz während Corona: 17€. Die Lücke zu o.g. 35€ wird noch größer.
Und nun ab Oktober 22 Mindestlohn 12€. Avisierter Stundenumsatz folglich 42€. Das ist schlicht unmöglich!!!
Grüße
M.E. liegt die Wirtschaftlichkeit in unserer Branche auch woanders: Wenn ich sehe, wie unzuverlässig die „Öffis“ sind, haben wir gute Herausforderungen zur Daseinsvorsorge der Bürger beizutragen. Das Verhalten mancher „Mindestlohn-Taxifahrer“ spült den Vermittlungsplattformen massiv Fahrgäste zu. Wenn ich dann noch Pbef-Fahrzeuge sehe, die zu einem Fixkostenpreis von über einem EURO/km unterwegs sind, freut sich der „Geiz ist geil – Fahrgast“. Dieser wäre auch mit weniger Auto zu seinem Geldbeutel zufrieden – und der Unternehmer freut sich auch mit seinem max. 30 €-cent/km Auto, … schadet nicht mal darauf zu sehen!