Der Berliner Senat und die BVG waren aus dem Taxigewerbe viel für den „Berlkönig“ kritisiert worden. Nun bleibt auch beim nächsten großen On-Demand-Ridepooling-Projekt das Taxi außen vor.
Schon vor der letzten Abgeordnetenhauswahl hatte der Senat es angekündigt: Die östlichen Außenstadtteile Berlins sollen einen neuen BVG-Rufbus als Ergänzung zum Linienverkehr bekommen. Nun ist bekannt geworden: Die Ausschreibung für den Betrieb ist gelaufen und den Zuschlag hat das amerikanisch-israelische Unternehmen Via Transportation, Inc. erhalten, das weltweit auf On-Demand-Ridepooloing spezialisiert ist. Voraussichtlich ab Ende Juli sollen BVG-Fahrgäste in Rummelsburg, Friedrichsfelde, Karlshorst, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Oberschöneweide rund um die Uhr in den Genuss kommen, je nach Strecke ohne Aufpreis oder gegen einen geringen Zuschlag mit einem herbeigerufenen, barrierefreien Kleinbus von A nach B gefahren zu werden.
Die US-amerikanische Firma ViaVan, Tochter von besagter Via und Mercedes Benz Vans, betreibt in Berlin seit 2018 gemeinsam mit den Berliner Verkehrsbetrieben BVG den Sharing-Kleinbus „Berlkönig“ (nicht zu verwechseln mit dem „Berlkönig BC“). Das Projekt ist und war von Beginn an politisch heftig umstritten und wurde und wird aus dem Taxigewerbe scharf kritisiert, da für das Verkehrsangebot trotz vorhandener Taxiflotte eine Kleinbusflotte neu auf die Straße gebracht wurde, was in offensichtlichem Widerspruch zu der von der rot-grün-roten Koalition festgeschriebenen Nachhaltigkeit steht.
Dennoch soll es ähnlich auch beim neuen Projekt umgesetzt werden. Darüber hinaus ist es laut Berliner Zeitung nicht möglich, bis zum Betriebsbeginn barrierefreie und zugleich batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge zu beschaffen, wie die BVG es verlangt, weshalb zunächst Rufbusse mit Verbrennungsmotor eingesetzt werden.
Während die BVG – und mit ihr die Tagespresse – von der bequemen künftigen Beförderungsmöglichkeit schwärmt („kommt wie gerufen“), ist man im Taxigewerbe verärgert, dass auch die neue Verkehrssenatorin Bettina Jarasch die Linie ihrer viel kritisierten Vorgängerin Regine Günther fortsetzt, ein Projekt mitzutragen, das dem Taxigewerbe unnötig Konkurrenz macht, statt es einzubinden.
Dass auch für das kommende Projekt Steuermittel nötig werden, befürchtet Leszek Nadolski, Erster Vorsitzender der „Innung“ des Berliner Taxigewerbes: „Als der Rufbus (BerlKönig) vorletztes Jahr die von der BVG geforderten 43 Millionen Euro jährlich für eine Fortsetzung und Ausweitung des Angebots auf ganz Berlin nicht bekommen hat, dachte ich, die Beziehung zwischen ViaVan und BVG wäre vorbei. Dass der neue Senat nun die Fehler des alten fortsetzt, ist enttäuschend. Meiner Einschätzung nach wird Via in Berlin weiterhin defizitär arbeiten und dann beim Senat erneut die Hand aufhalten.“ Die Koalitionsvereinbarung begünstige dies.
Auch Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des Taxiverbandes Berlin Brandenburg, hält die Verkehrspolitik des Senats in Sachen Rufbus für kontraproduktiv: „Wieder zeigt der Senat, dass seinen wohlklingenden Worten nicht die entsprechenden Taten folgen. Die Berliner Taxiflotte, die durch Corona schon von 8.000 auf unter 6.000 geschrumpft ist, ist stark unterausgelastet und steckt in Existenznot, und für den neuen BVG-Rufbus wird wieder, wie schon beim ‚Berlkönig’, eine neue Flotte ins Leben gerufen für etwas, was das Taxigewerbe auch kann. Elektrische und barrierefreie Taxen – mit einer Verbesserung der Inklusionsförderung hätte es eine wunderbare Symbiose geben können. Was an einer neuen Via-Flotte nachhaltig sein soll, leuchtet mir nicht ein. Zudem hat schon der Berlkönig gezeigt, dass die Daseinsvorsorge der BVG und die wirtschaftlichen Interessen von Via und Daimler sich nicht wirklich miteinander vereinbaren lassen. Hier sind aus unserer Sicht Fehler gemacht worden, aus denen man hätte lernen können.“
An der Ausschreibung des künftigen Rufbus-Projekts habe sich nach Auskunft von Leszek Nadolski die Taxi-„Innung“ beteiligen wollen, doch sei die Vorgabe einer App-Vermittlung nicht ohne weiteres zu erfüllen gewesen. „Wir sind aber vor zweieinhalb schon auf die BVG und den Senat mit einem Konzept zugegangen, das Rufbus-Projekt in Gegenden mit schwach ausgelastetem Linienverkehr mit London-Taxen zu betreiben. Darauf haben wir keine Antwort bekommen. Dabei beweist das Taxigewerbe seit Langem, dass es einen Rufbus betreiben kann. In Berlin-Gatow funktioniert die Rufbus-Linie 334 zur Siedlung Habichtswald völlig problemlos, und die betreiben wir als Innung ebenso wie seit Jahrzehnten etliche Nachtbuslinien in ganz Berlin.“
Im Konzept „TaxiBus“ hatte die „Innung“ der BVG im Juni 2020 vorgeschlagen, durch den Einsatz von Fahrzeugen des LEVC-Modells TX5 auf wenig genutzten Strecken mit geringer aber regelmäßiger Nachfrage das ÖPNV-Angebot zu ergänzen und so den unwirtschaftlichen Betrieb großer Busse durch ein deutlich günstigeres Angebot zu ersetzen. Als Vorteile gab der Verband an, es bringe eine Verbesserung der Anschlussmobilität in Außenbezirken und einen Bewusstseinswandel in Richtung alternativer Mobilitätsformen. Zudem erweitere es gerade für Personen mit körperlichen Einschränkungen das Mobilitätsangebot, erhöhe somit die Lebensqualität und leiste einen Beitrag zur Umsetzung des Inklusionsgesetzes. Mit dem Betrieb ließen sich systematisch empirische Erkenntnisse zum Einsatz der Fahrzeuge gewinnen. Darüber hinaus sei das TX5 ein umweltfreundliches Fahrzeug. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle
Das Taxi wie wir es von früher kennen ist leider tot es wurde nur noch nicht begraben.
Erst kam Carsharing, wenn ich schon sehe wie viele damit zum Flughafen damit fahren – sehr viele, dann Uber, Bolt, Free Now etc. und jetzt Corona, Spritpreise, abschaffung der OKP wo jetzt die dreifache anzahl an Taxis unterwegs sind und somit weniger Aufträge für den einzelnen Taxifahrer.
Als Vollzeit/Teilzeit Job kann man den Beruf nicht mehr ausüben, der Verdienst ist viel zu wenig geworden, als Hartz 4 empfänger hat man ein besseres Einkommen.
Im Artikel zum neuen Rufbus in Berlin kommt zum Ausdruck , dass die Berliner Taxiverbände ihre Angebote zu Rufbus – Linien und auch zu Krankenfahrten aufrecht erhalten. Der Senat glaubt scheinbar die Zukunft liegt in der privaten Organisierung dieses Services. Das LEVC ist das „Londontaxi“ und funktioniert. Auf Dauer aber nur, wenn es von der Politik gewollt ist, sonst springen die Partner irgendwann ab.
Die Verbände und dabei vor allem die Innung, halten die Angebote noch hoch. Aber wie lange braucht die Gesellschaft noch um zu verstehen, Soziales muss vom Staat geschützt werden? Kaputtmachen geht schneller als Aufbauen. Wann erkennt der Senat von Berlin, dass er falsch abbiegt? Danielo
Die neuen Rufbusse, wie werden die denn vermittelt ?
Bringt Via Transportation Inc. seine eigene Software mit, oder wird die vom BVG genommen ?
Ist Letzteres der Fall, ist’s doch egal, welche Fahrzeuge damit vermittelt werden, da können es doch auch Taxen sein !
Den Fahrpreis bestimmt die BVG und kassiert ihn auch beim Kunden. Der Transporteur kriegt das mit der BVG ausgehandelte Entgelt, welches im Fall einer Beförderung mit einer Taxe dem Taxitarif entspricht, festgestellt mittels Taxameter.
Da kann dann das Taxi, welches ‚für die BVG unterwegs‘ ist, auch während der Gesamtfahrt weitere Fahrgäste aufnehmen oder absetzen, was ihm als Taxe (wo der Fahrgast Auftraggeber ist) verwehrt ist.