Deutsche Taxis und Mietwagen müssen über geeichte Taxameter oder Wegstreckenzähler verfügen. Ist dieser Aufwand noch zeitgemäß oder ließe der Stand der Technik vielleicht eine sachgerechte Deregulierung zu?
Die Eichung der Geräte und der dort hinterlegten Tarife taucht tief ein in den deutschen Regulierungswahn. Die vielfältigen Regularien, denen sich deutsche Eichbehörden zu unterwerfen haben, machen die Eichung von Taxametern und Wegstreckenzählern inzwischen zu einem kostenintensiven Hindernislauf für die Unternehmen. Und auch deren Genehmigungsbehörden sind betroffen, wie das aktuelle Beispiel aus Hamburg zeigt. Die dortige engagierte Behörde wollte ihre Unternehmen im Rahmen der Diesel-Kostenexplosion unterstützen und eine Tarifanpassung zeitnah umsetzen, scheiterte jedoch am „Njet“ der Eichbörde, die auf einer sechswöchigen Vorlauffrist bestand, so wie diese gesetzlich vorgesehen ist.
In der Aufstellung eines Countdowns für einen neuen Taxitarif macht das Zeitfenster, welches dabei in Summe für die Bedürfnisse der Eichbehörden reserviert werden muss, dem Dauerlauf durch die verschiedenen Rats- oder Senatsgremien durchaus Konkurrenz. Auch da die Eichbehörden in den letzten Jahren vielfach schlanker werden mussten und ihre Mitarbeiter nicht unbedingt immer dann Powerschichten am Prüfstand anbieten wollen, wenn es für das Taxigewerbe gerade einmal notwendig erscheint, addieren sich gesetzlich festgelegte Fristen und die Realität des Alltags schnell zu zehn bis fünfzehn Wochen zwingend notwendiger Vorlaufzeit vor einer Tariferhöhung, zuzüglich der notwendigen Abstimmungszeit in den Kommunen.
Ähnlich sieht es aus, wenn beispielweise im Rahmen eines Fahrzeugwechsels ein neues Taxi in den Verkehr gebracht werden soll. Selbst mit akribischer Planung lässt sich das notwendige Zeitfenster ab der Fahrzeugübernahme beim Händler kaum mehr auf unter zwei bis fünf Wochen drücken und wehe dem, der hier möglicherweise noch irgendwelche Feiertage oder Ferienzeiten übersehen hat – im Zeitraum Mitte Dezember bis Mitte Januar bewegt sich beispielsweise oft gar nichts mehr.
Die Genauigkeit der Messungen durch die Eichämter steht dabei natürlich außer Frage. Die Eichfehlergrenze liegt bei einer Messtoleranz von plusminus zwei Prozent. Die Eichämter setzen meist Rollenprüfstände mit einer oder zwei angetriebenen Achsen ein. Allerdings geht der Überprüfungsmechanismus vieler Fahrzeuge bei der Nutzung beider Varianten schnell auf Störung, weil die Reifenbewegung nicht der erwarteten Straßenrealität entspricht. Daher ist nach wie vor oft die reale Prüfstrecke die bevorzugte Wahl der Eichämter.
Für den interessierten Laien erschließt sich dabei jedoch nicht, wer heutzutage noch Nutznießer dieses Bürokratiemonsters sein soll – wobei die Eichbehörden hier ebenfalls Opfer der Gesetzgebung sind. Die Präambel der Mess- und Geräteverordnung formuliert den Sinn oder Unsinn der Eichfristen folgendermaßen (Stand August 2015): „Die Nutzungsdauer von Messgeraten ist durch den Zeitraum bestimmt, innerhalb dessen sie (nach technisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen) zuverlässige Ergebnisse liefern. Dieser Zeitrahmen ist vom Alterungsverhalten der Messgerätebauteile und von äußeren Einflüssen abhängig. Dies führt entsprechend zur Festlegung unterschiedlicher Eichfristen für einzelne Messgerätearten.“ Danach wäre ein einmal geeichtes Gerät langfristig ohne regelmäßige Nacheichung verwendbar, wenn keine Erkenntnisse vorliegen, dass die Genauigkeit der Geräte Verschleißerscheinungen unterliegt.
Für den Gelegenheitsverkehr wird zum einen der Messmechanismus geeicht, der dem Taxameter oder Wegstreckenzähler die zurückgelegte Fahrstrecke übermittelt. Dabei werden heute Gerät und Fahrzeug als Einheit gewertet, deren Zusammenspiel im Rahmen einer Konformitätsbewertung durch eine Fachwerkstatt geprüft wird. Beim heutigen Stand der Technik darf man davon ausgehen, dass hier inzwischen nichts mehr dem Verschleiß unterliegt, denn anderenfalls müssten auch Airbags und andere Hightech-Sicherheitseinrichtungen regelmäßig nachjustiert werden. Dies lässt die regelmäßige Nacheichung und Kalibrierungsüberprüfung der Geräte für ökonomisch denkende Gesetzgebende in jedem Fall obsolet erscheinen.
Für das Taxi verbleibt dann nur die Prüfung der ordnungsgemäßen Einspielung des behördlich festgelegten Tarifs im Gerät durch das Eichamt. Aber warum diese Aufgabe nun gerade an die Eichbehörden delegiert werden muss, bleibt fraglich. Es ist ja nicht das mangelnde Vertrauen in die Taxifahrenden, die gemäß der genannten Präambel die Eichung der Taxameter verpflichtend macht, vielmehr sollen offensichtlich nur alle Beteiligten relativ sicher sein dürfen, dass die Geräte in jedem Fahrzeuge technisch den richtigen und gleichen Fahrpreis ermitteln, solange alles ordentlich installiert wurde. Insofern ist die einmalige Eichung der Messtechnik vielleicht noch sinnvoll, die „Eichung“ der ordentlichen Hinterlegung dieses Rechenweges aber ergibt nur wenig Sinn.
Nach einer Ersteichung wäre somit maximal eine Prüfung auf behördliche Anordnung im Verdachtsfall notwendig, beispielsweise ob bei einem Tarifwechsel die richtige Datei im Gerät hinterlegt wurde. Technisch lässt sich dies sicherlich problemlos auslesen – vor allem in Zeiten der digitalen Einzelaufzeichnungspflicht. Nicht ganz überraschend ist, dass unsere niederländischen Nachbarn längst genau diesen Weg gegangen sind.
Ähnlich auflösbar stellt sich die Problematik bei der vorhergehenden Überprüfung der grundsätzlichen Eichfähigkeit und der Umsetzung neuer Tarife dar. Diese Aufgabe erfordert einige Rechenkunst, und es ist sicherlich sinnvoll, das Ergebnis drittseitig zu überprüfen. Zusätzlich müssen die Eichbehörden hier auf die technischen Möglichkeiten aller Geräte Rücksicht nehmen. In dem Augenblick, in dem eine digitale Einzelaufzeichnungspflicht tatsächlich eingefordert wird, bleiben allerdings nur noch wenige Geräte aktueller Bauart übrig, die alle mehr oder weniger das gleiche können.
In diesem Zusammenhang ist es wohl sinnvoll, bundesweit zumindest eine gewisse Tarifstruktur vorzugeben, um den Landesbehörden den Aufwand der jeweils notwendigen Prüfung der Eichfähigkeit schon im Voraus abzunehmen. Mit den Faktoren „Grundgebühr, ggf. enthaltene Freikilometer, Kilometerfahrpreis bis km x / ab km x, Preis pro Minute Wartezeit, ggf. enthaltene Freiminuten sowie ein Zuschlag“ sollte sich eigentlich für jede Region oder auch jedes Bundesland ein sinnvoller Tarif stricken lassen.
Daneben könnte eine Onlineveröffentlichung erarbeitet werden, welche die wenigen notwendigen Faktoren für einen eichfähigen Tarif aufschlüsselt und den Genehmigungsbehörden und ihren Unternehmen so den Weg dazu ebnet, ausschließlich eichfähige Tarife zur Prüfung einzureichen. Diese beiden Punkte könnten verbandsseitig in Eigeninitiative in Angriff genommen werden, ohne dass es einer entsprechenden gesetzlichen Verordnung bedarf. All diese Innovation ist vielleicht nicht schon übermorgen zu haben, aber sie beinhaltet echtes Win-Win-Potential für Unternehmen, Behörden und Kunden, denn es wird viel Zeit und somit auch Geld gespart. rw
Vielen Dank für diesen Beitrag. Leider trifft die Schilderung zu. Die Genauigkeit einer Radumdrehung auf der Ebene zum Maßstab einer Fahrpreisberechnung zu machen ist heutzutage nicht mehr sinnvoll. Moderne Fahrpreisanzeiger könnten Manipulation sicher und kundenfreundlich Fahrpreise darstellen und aufzeichnen.
Allerdings lebt ein ganzer Wirtschafts Zweig davon, diese veralteten Geräte zu montieren und zu betreuen.
Unsere Wettbewerber zeigen uns auch hier, wie es besser laufen könnte.
Martin Wohlleber