Zum zweiten Treffen der vor einem Jahr gegründeten pastoralen Taxi-Erfagruppe erschienen am Wochenende knapp 20 Taxiunternehmer im niederbayerischen Straubing. Gastgeber war das Ehepaar Seidel, das in Straubing sowohl einen Fahrdienst wie auch einen Taxibetrieb hat – mit beiden aber höchst unterschiedliche Erfahrungen macht.
Gastgeber Christian Seidel sprach in seiner Ansprache vor den knapp 19 anwesenden Taxiunternehmern von „Welten, die seinen etablierten Fahrdienst, den er mit sechs Mietwagen und 25 Schulbussen durchführt, vom Taxibetrieb „Gäuboden-Taxi“ trennen. Letzteren hat er vor einem Jahr mitten in der Corona-Phase mit neun Konzessionen übernommen. Die Unterschiede seien beispielsweise in seinem Fall beim Personal festzustellen. „Mitarbeiter im Taxi sind „anders´, stellte Seidel fest.
Auch mit den derzeit gültigen Taxitarif können man nicht wirtschaftlich arbeiten, weshalb er bei der Stadt jetzt eine Erhöhung beantragt hat. Straubing hinke mit dem Tarif so weit hinterher, dass man eigentlich um 49 Prozent erhöhen müsste, um auf dem gleichen Level mit den Städten zu sein, die nun ebenfalls aufgrund der Mindestlohnerhöhung und der gestiegenen Energiekosten erhöhen.
Seidel wurde nach der Übernahme von Gäuboden-Taxi davon überrascht, dass Taxibetrieb und Fahrdienst (inklusive freigestellter Schülerverkehre) so wenig Gemeinsamkeiten haben. Für ihn ist deshalb die pastorale Taxi-Erfagruppe, die sich vergangenes Jahr in Nürnberg gegründet hat, eine wichtige Institution für den gemeinsamen Erfahrungsaustausch mit anderen Taxiunternehmer*Innen.
Die Gruppe ist die Ergänzung zur seit Jahren existierenden Taxi-Erfagruppe für Mehrwagenunternehmen aus (groß-)städtischen Betrieben. In der pastoralen Version sind Taxi- und Mietwagenbetriebe, die im ländlichen und kleinstädtischen Raum agieren. Für beide Gruppen ist die steuerehrliche Arbeit eine Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft.
Zur pastoralen Gruppe zählen aktuell 19 Taxibetriebe, deren Firmensitz quer über die Bundesrepublik verteilt ist. Sie haben insgesamt 581 Mitarbeiter und besitzen zusammen 244 Konzessionen. Den Vorsitz haben Uwe Wieland aus Schongau und Markus Schmid aus dem Ortenaukreis. Wieland, der aus betrieblichen Gründen nicht vor Ort sein konnte, wurde zum Treffen virtuell hinzugeschalten. Er informierte die Teilnehmer über Neuigkeiten aus der Arbeit der Verbände und konnte in diesem Zusammenhang beispielsweise berichten, dass nach vielen anderen Bundesländern mittlerweile auch die bayerische AOK einen Energiekostenzuschlag von einem Euro für Krankenfahrten bezahlt.
Zudem berichtete Wieland, der auch führendes Mitglied im Taxi- und Mietwagenverband TMV ist, von den Verbandsgesprächen mit zahlreichen Fahrzeugherstellern. Mercedes könnte nicht der einzige Fahrzeughersteller bleiben, der sich mit einigen Modellen aus dem Taxisegment zurückzieht. Man arbeite daher aktuell an einer Lösung, wonach Werkstätten künftig eichrechtskonforme Taxi-Umrüstungen vornehmen.
Live vor Ort waren dagegen Tobias Schaper von GreenDrivingCoach und Christian Linz von der Taxizentrale Nürnberg, der von Markus Schmid als „Urvater aller Erfa-Gruppen bezeichnet wurde – in Anspielung darauf, dass Linz am Tag vor der Straubinger Versammlung in Nürnberg Gastgeber des ersten Erfa-Treffens der Taxizentralen gewesen ist.
Schaper stellte eine App vor, mit der fahrzeug- und fahrerbezogen die Fahrweise analysiert wird und mit entsprechenden Hinweisen zu einem spritsparenden Verhalten animiert wird. Linz berichtete ausführlich von einem Konzept für den Betrieb einer eigenen „Taxischule der kleinen Berufsausbildung“, mit der man sich „proaktiv um Fahrer kümmern kann“.
Der Taxiunternehmer Michael Butschek aus Roth bei Nürnberg stellte die Homepage der Gruppe vor. Sie ist unter www.paerfa.de zu erreichen und verfügt über einen geschlossenen Mitgliederbereich, in dem die Links und Zugänge zu allerlei weiteren Informationskanälen zu finden sind. Infomaterial oder Korrespondenz der Mitglieder untereinander wird beispielsweise in einer eigene Dropbox abgelegt. Für den schnellen Wissensaustausch gibt es eine eigene Whats-App-Gruppe.
Wie immer leben solche persönlichen Treffen neben den Infos aus der offiziellen Tagesordnung aber auch von den Diskussionen dazwischen. Zum Beispiel vom Austausch untereinander, wie man verhindert, dass manche Fahrer die eine oder andere Bahnhofsfahrt am Unternehmer vorbei kassieren. Mehrere Teilnehmer schlugen hierzu entsprechende Aufzeichnungsboxen und Sitzerkennungen vor. Deren Kontrolle ist durchaus aufwändig, aber lohnend. „Bei mir arbeitet eine 450-Euro-Kraft ausschließlich an der Auswertung unserer Kontrollmechanismen. Mit dem Ergebnis finanziert sie ihr Gehalt selbst“, berichtete ein Teilnehmer aus der Nähe von Offenburg.
Zweites Nebenthema waren der Umgang mit den Krankenkassen. „Ich fahre seit zwei Monaten nicht mehr für die AOK“, berichtete dazu der Gastgeber. Das schmerze zwar, weil er dadurch auf rund 30.000 Euro Umsatz verzichte, aber es sei alternativlos, weil er mit den Fahrten Kosten von 35.000 hätte.
Solch ein Verzicht bleibt oft wirkungslos, solange die Krankenkassen noch „Unternehmer“ finden, die günstiger fahren. Unter den Teilnehmern wusste einer von einem Mitbewerber zu berichten, der Fahrten in seinem Mietwagen für 65 Cent pro Besetztkilometer durchführt.
Markus Schmid appellierte in diesem Zusammenhang, neben der überregionalen pastoralen Gruppe auch regional den Zusammenschluss mit anderen betroffenen Unternehmen zu organisieren. Schmid selbst hat seit 2006 mit der Interessengemeinschaft IG Taxi Ortenau gute Erfahrungen. Der Verein hatte erst kürzlich ein gemeinsames Fahrsicherheitstraining veranstaltet. Auch das Mitglied Uli Lo Re konnte berichten, dass seine kürzlich initiierte IG Miltenberg allmählich Gestalt annimmt.
Vernetzung auf allen Ebenen ist hier also das Motto. Auf Basis der pastoralen Taxi-Erfagruppe wird man das auf jeden Fall fortsetzen. Zum nächsten Treffen im Oktober wird ein Mitglied aus Morsbach nahe Köln Gastgeber sein. Im Frühjahr 2023 geht es dann nach Thuine ins Emsland.
Interessenten für eine Aufnahme in die pastorale Taxi-Erfagruppe können sich an Uwe Wieland oder Markus Schmid wenden ([email protected]). jh
Beitragsfoto: Taxi Times