Mit dem neuen Dresdener On-Demand-Dienst „Mobishuttle“ untermauert die DB-Tochter ihre neue Ausrichtung. Das Taxigewerbe kannibalisiert sie damit aber weiterhin – mit Hilfe einer App von Via.
Nachdem der On-Demand-Ridepooling-Betreiber CleverShuttle sein bisheriges Angebot – unter anderem auch in Dresden – nach und nach eingestellt hat, bringt er nun im Auftrag der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) den On-Demand-Service „Mobishuttle“ auf die Straße. Mit zunächst fünf elektrisch betriebenen Kleinbussen agiert der Anbieter seit heute auf Abruf und ohne festen Fahrplan als Zubringer zu Haltestellen von Bus und Bahn sowie laut Pressemeldung „nahezu Tür-zu-Tür“. Mobishuttle solle einzelne Stadtteile der sächsischen Landeshauptstadt mit ÖPNV-Angeboten besser erschließen und werde zunächst bis 2024 getestet.
CleverShuttle-Geschäftsführer Bruno Ginnuth freut sich über das Comeback: „Nachdem wir uns im Sommer 2020 mit unserem privat betriebenen Ridepooling-Service aus Dresden zurückgezogen haben, kommen wir jetzt im DVB-Gelb zurück – mit einem Angebot, das tief in das öffentliche Nahverkehrsangebot integriert ist. Unsere umfangreiche Erfahrung aus zwei Jahren kommerziellem Betrieb in der Landeshauptstadt kommt nun […] zum Tragen.“ Gemeinsam mit den DVB biete man nun komfortable und quasi jederzeit verfügbare öffentliche Mobilität an.
Ein ähnliches Angebot hatte CleverShuttle vor kurzem in Frankfurt am Main mit dem Projekt „Knut“ gestartet: Vom öffentlichen Verkehrsverbund beauftragt, ist der privatrechtlich aufgestellte Anbieter für die operative Umsetzung des Fahrdienstes verantwortlich – von der Beschaffung der (elektrisch angetriebenen) Fahrzeuge und der datenbasierten Einsatzplanung über die Steuerung des Live-Betriebs bis zum Fahrpersonal.
Clever Shuttle hatte seinen Dienst in Dresden vor zwei Jahren eingestellt und vollzieht nun einen Wechsel: weg vom Sharing-Dienst, mit dem man dem Taxigewerbe unmittelbare Konkurrenz gemacht, hat hin zum ÖPNV-Ergänzer im On-Demand-Sektor – mit dem man nun ebenfalls wieder gegen das Taxigewerbe agiert, indem man den Kommunen Lösungen anbietet, bei denen zusätzliche Fahrzeuge die Straßen noch mehr verstopfen, während bei einer kommunalen Kooperation mit dem Taxigewerbe im Idealfall dessen vorhandene Fahrzeugflotte hätte eingesetzt werden können.
In Dresden ist der neue On-Demand-Dienst zunächst in drei nördlichen Stadtteilen verfügbar. Nächstes Jahr soll ein weiterer hinzukommen. Eingesetzt werden fünf elektrisch betriebene Nissan Evalia, die ein Netz aus virtuellen und physischen Haltepunkten in einem zunächst rund 50 Quadratkilometer großen Betriebsgebiet bedienen, was einem knappen Sechstel des Stadtgebietes entspricht. Die Fahrzeuge bieten nur noch Platz für vier Fahrgäste. Zwei der fünf Fahrzeuge sind barrierefrei. Geladen werden die Fahrzeuge am Betriebssitz in Neustadt. Bis 2024 soll die Flotte auf insgesamt 15 E-Fahrzeuge ausgeweitet werden.
Im Sinne des Ridepoolings will der Anbieter, der nur in den Nächten von Werktagen dreistündige Betriebspausen einlegt, nach Möglichkeit mehrere Fahrgäste, die in die gleiche Richtung fahren möchten, per Algorithmus bündeln. Die Bestellung der Fahrten ist zunächst nur per App möglich, und diese stammt vom Ridepooling-Anbieter Via, der ebenfalls On-Demand-Dienste verwirklicht – unter anderem in Berlin gemeinsam mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) den „Berlkönig“. Ab Herbst will „Mobishuttle“ auch telefonische Bestellungen ermöglichen.
Interessant ist das Fahrpreismodell. In der Pressemeldung ist von „dynamisch bepreisten Fahrten“ die Rede, was zunächst nach Surge-Pricing klingt – was bei der Realisierung durch die Firma Via nicht überraschen würde. Stattdessen soll jedoch ein Anreiz geschaffen werden, den neuen Dienst nur als Zubringer oder Ergänzung zu Bus und Bahn zu benutzen: „ Der Preis berechnet sich anhand verschiedener Kriterien. Gibt es beispielsweise auf der gewählten Fahrtstrecke keine Straßenbahn- oder Busverbindung, bleibt es günstig. Wird dagegen der Fahrtweg parallel zu einer Straßenbahn- oder Buslinie gewählt, steigt der Preis an.“
DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach sieht die neue Kooperation als Schritt, den Autobesitzern den Verzicht auf den privaten Pkw zu erleichtern: „Für die Mobilität der Zukunft brauchen wir neue, digitale Angebotsformen wie Mobishuttle, die den Komfort des eigenen Autos in das ÖPNV-Angebot einbetten.“ Man ergänze das klassische ÖPNV-Angebot dort, wo es keine direkte Verbindung gibt. ar
Beitragsfoto: Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB)