Einigung bei der Verkehrsministerkonferenz (VMK) auf Nachfolge für das 9-Euro-Ticket: Bund und Länder haben sich auf ein monatlich kündbares 49-Euro-Ticket im Abo geeinigt, allerdings ohne Taxi. Das löst Frust in der Taxi- und Mietwagenbranche aus, die sich viel von dem Projekt versprochen hatte. Entsprechend kritisch kommentieren Verbände den Beschluss.
Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BVTM), begrüßt zwar grundsätzlich den Beschluss der VMK, stellt aber fest: „Was noch fehlt, um die Leute tatsächlich zum Umsteigen zu bewegen, ist die schlüssige Einbindung der letzten Meile. Wo kein Bus fährt und keine Bahn hält, hilft auch ein billiges Ticket nichts. Hier kann das Taxi Lücken schließen und als Ergänzung zum Linienverkehr die Menschen in Deutschland sprichwörtlich dort abholen, wo sie sind. Das Taxi- und Mietwagengewerbe steht hierfür bereit und ist besonders geeignet: Mit vorhandenen Fahrern und Flotten erschließen wir die On-Demand-Mobilität in der Fläche – und das deutlich günstiger, als wenn die Verkehrsverbünde mühsam eigene Parallelstrukturen entwickeln. Die Einbindung unseres Gewerbes ist daher der nächste logische Schritt, der nun folgen muss.“
Für den Taxi- und Mietwagenverband TMV erklärte Bundesgeschäftsführer Patrick Meinhardt: „Es ist ärgerlich und dilettantisch, dass beim neuen bundesweiten Nahverkehrsticket die Taxen nicht dabei sind. Schon wieder springt die deutsche Verkehrspolitik viel zu kurz und bleibt weit hinter den Erfordernissen zurück. Alle Menschen, die einige Kilometer im ländlichen Bereich von der Bus- und Bahnstation entfernt wohnen, sind die Gelackmeierten. Mit Mobilitätsgerechtigkeit hat diese Entscheidung nichts zu tun.“
Tatsächlich erscheint nicht nachvollziehbar, warum das Taxi als drittes Standbein im Nahverkehr neben Bus und Bahn bei den VMK-Beschlüssen wieder außenvor geblieben ist. Erst vor kurzem hatte der Mobilitätsforscher Professor Dr. Andreas Knie aus Berlin medienwirksam darauf aufmerksam gemacht, dass Mobilitätsgerechtigkeit auch in der Fläche nur dann gelingen könne, wenn auch das Taxi als Beförderungsmittel für die letzte Meile in ein Folgekonzept für das 9-Euro-Ticket einbezogen werde (Taxi Times berichtete). Das Taxi sei mit Kosten von ca. zwei Euro pro Fahrgastkilometer knapp um die Hälfte günstiger als ein Linienbus, für den ca. vier Euro zu kalkulieren seien. Der Bus sei nur dann sinnvoll, wenn – beispielweise durch Schüler – eine hohe Auslastung erzielt werde, außerhalb dieser Zeiten sei zumindest auf dem Lande das Taxi auch aufgrund seiner Flexibilität erheblich attraktiver.
Knie stellt sich dabei durchaus ein Pooling (Sammelverkehr) mit den Taxis vor, möchte allerdings unbedingt eine „ÖPNVisierung“ mit Linienfahrplänen etc. vermeiden. Das Besondere am Taxi sei seine Flexibilität und diese dürfe nicht durch Reglementierungen untergraben werden. Um eine Übernutzung des Taxis zu verhindern, hatte der TMV vorgeschlagen, die Taxinutzung im Rahmen des ÖPNV-Tickets nur dann zu erlauben, wenn es für die Hin- oder Abfahrt zu bzw. ab den Umsteigestellen eingesetzt wird.
Mit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) hatte der Gesetzgeber im Sommer 2021 den Weg für die Einbeziehung von Taxi und Mietwagen in den ÖPNV freigemacht, indem er die Möglichkeit geschaffen hatte, auch den Gelegenheitsverkehr von den Regionalisierungsmitteln profitieren zu lassen, die zur Finanzierung des ÖPNV zur Verfügung stehen.
Eigentlich könnte sich mit dieser Option ein Win-Win-Situation für den ÖPNV ergeben, denn sowohl die regionalen Busunternehmen als auch die Kommunen könnten von dieser Lösung profitieren, wenn schlecht ausgelastete Linien in Schwachlastzeiten vom dafür dann günstigeren Gelegenheitsverkehr übernommen würden. Sowohl auf dem Lande als auch zumindest in Städten mit bis zu 200.000 Einwohnern ließe sich so viel Geld sparen, welches der ÖPNV so dringend benötigt. Trotzdem tun sich die Protagonisten bis hinauf zu den Landesverkehrsministern sehr schwer, die Sparpotentiale zugunsten der Finanzierung eines 49-Euro-Tickets zu nutzen.
Gerade auch bezüglich der Mobilitätsgerechtigkeit weist der TMV in der aktuellen Presseerklärung nochmals darauf hin: „Bei wem fast kein Bus unter der Woche vorbeikommt und am Abend und am Wochenende überhaupt keiner fährt, der hat auch keinen Vorteil von einem Nahverkehrsticket.“ Patrick Meinhardt weiter: „Ich kann die Verkehrsminister einfach nicht verstehen: Sie kennen alle die Beispiele von Anrufsammeltaxen, von Senioren-, Schüler oder Kulturtaxen, die in manch einer dynamischen Region Deutschlands schon heute finanziert werden. Das muss überall in Deutschland möglich sein. Deswegen eine klare Ansage: Nur mit Taxen kann im ländlichen Raum die Mobilitätsgerechtigkeit hergestellt werden, die notwendig ist. Alles andere ist eine Farce.“
Nach der Bremerhavener Entscheidung der VMK erscheint es nun allerdings mehr als unwahrscheinlich, dass Taxis und Mietwagen noch in das 49-Euro-Ticket mit einbezogen werden. Parallel spricht aber nichts dagegen, dass zumindest lokal engagierte kommunale Beschäftigte versuchen könnten, die neuen Möglichkeiten des PBefG mit Leben zu füllen und den Bürgern Ihrer Gemeinden auch die letzte Meile ohne Privat-PKW zu ermöglichen, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. rw
Beitragsgrafik: Remmer Witte
Die Komunen und Gemeinden arbeiten ja lieber mit illegalen Unternehmen wie Uber.
Noch nicht begriffen???
Die Kommunen und Gemeinden haben momentan andere Herausforderungen …
Die freie Marktwirtschaft regelt meistens alles, was die „Flat-Rate Mentalität“ ohnehin nicht kann. Macht Euren Job so gut, wie Ihr könnt, dann ergibt sich alles !