Die Politiker-Interviews zur anstehenden Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhaus-Wahl sind mit Stephan Machulik fortgesetzt worden.
Das zweite Interview führte Leszek Nadolski, 1. Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V., nicht in seinem Taxi, sondern im Wahlkreisbüro des verkehrspolitischen Sprechers der Berliner SPD-Fraktion, Stephan Machulik.
Eingangs nennt Nadolski die alarmierenden Zahlen: Seit Monaten werden täglich zwei bis drei Berliner Taxikonzessionen abgemeldet. „Aus unserer Sicht hat die zuständige Senatsverwaltung die Fürsorgepflicht uns gegenüber komplett außer Acht gelassen.“
Nadolskis erste Frage an Machulik: „Was halten Sie für möglich seitens der SPD, dass in der Zukunft dieses Ungleichgewicht wieder stabilisiert wird?“ Der Abgeordnete antwortet, er sei noch nie ein großer Freund einer so weitgehenden Liberalisierung dieses Bereiches gewesen, dass „jetzt jeder hier mit seinem Auto so eine Dienstleistung anbieten kann“. Man habe sehen müssen, dass darunter besonders das Taxigewerbe leide. Hier gelte nicht, dass Konkurrenz einen besseren Service bringe, sondern „unser verlässlicher Partner im ÖPNV“, das Taxigewerbe, sei dadurch „immer mehr am Absterben“.
Es sei erschreckend, zu sehen, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei. Werde nicht gegengesteuert, so finde man irgendwann einmal kein „Hellelfenbein“ mehr vor der Tür, sondern nur noch irgendwelche Privaten, die sich an gar nichts halten, weder an Mindestlöhne noch an Sicherheitsstandards. Spielen nicht alle nach den gleichen Regeln, so müsse man sehen, „wie wir das Taxigewerbe wieder nach oben bekommen“. Beispielsweise sei das Taxigewerbe als Teil des ÖPNV gerade in den Außenbezirken definitiv ein geeigneter Dienstleister für die „letzte Meile“, also den Weg zwischen Haltestelle des Linienverkehrs und der Haustür. Dafür bedürfe es keiner „Privaten“, sondern man solle die Taxen besser auslasten.
Zudem schlägt Machulik vor, den Service an Taxihalteplätzen zu erhöhen, etwa in Form von Toiletten für Fahrer.
Gehe man solche Punkte nicht bald an, so lasse sich das von Nadolski erwähnte Ungleichgewicht irgendwann „nicht mehr aufheben“.
Zum Thema Uber-Files sagte Nadolski, seiner Meinung nach gehöre die Angelegenheit auch auf Landesebene geklärt, etwa ob hier Interessenskonflikte in der Politik, möglicherweise sogar auf Senatsebene bestünden. Machulik sagte, die Uber-Files seien „der eine Punkt“, doch ob es hier „Wechselwirkungen mit der Politischen Ebene“ gebe, könne er nicht einschätzen.
Es sei aber „interessant zu sehen, wie Uber sein System versteht“: Spreche man mit direkt Uber, so sei Uber vorgeblich „eines der besten Unternehmen, das hier eigentlich nur Dienstleistungen anbieten“ wolle, doch gegenüber den Fahrern Unternehmern ziehe Uber sich aus seiner Verantwortung heraus. Man könne nicht mehr zulassen, „dass Uber sagt, wir sind hier nur die Plattform, wir vermitteln nur“, und „das untere ist das unternehmerische Risiko und auch die unternehmerische Verantwortung. Wenn man so damit umgeht und so in den Markt hineinprescht, dann ist die Frage: Kann man einer Plattform, einem Unternehmen, das das überhaupt erst ermöglicht, freien Lauf lassen und dann sagen: Die Kontrolle, der Standard, das ist dann wieder Staatsaufgabe. Also der Staat soll Rahmenbedingungen schaffen für Unternehmen – aber auch nur Rahmenbedingungen.“
Zum Stichwort Krankenfahrten beklagt Nadolski, dass die bisherige Praxis, nach der das Taxigewerbe direkt mit den Kassen abrechnet, die Patienten entlaste, von den Krankenkassen aber mit der bevorstehenden Erhöhung des Taxitarifs nicht mehr mitgetragen werde, obwohl diese auf gestiegenen Kosten wie dem Mindestlohn basiere. Machulik sagte, das Procedere mit den Krankentransporten sei für die Patienten „viel zu umständlich“, wenn diese dafür in Vorleistung treten müssten. Hier könne man „mit den großen Kassen viel schneller ins Geschäft kommen“, um es sowohl für die Patienten als auch für die Taxifahrer einfacher zu machen.“ Solche Dinge müsse man mit den Kassen besprechen. Es sei klar, dass die Kassen „wirtschaftlich denken“, aber es entspreche „nicht dem, was wir uns bei der Tariffindung mitdem Taxigewerbe vorgestellt haben, und da wollen wir auch keinen zweiten Markt aufmachen.“ ar
Bilder: Screenshots aus dem Video von btx.news
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