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Thomas Lutze: Details aus dem politischen Nähkästchen

von Remmer Witte
12. Mai 2023
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Thomas Lutze: Details aus dem politischen Nähkästchen
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In der zweiten Sitzung der neuen Staffel des Online-Formats „TMV direkt“ stellte sich Thomas Lutze von der Bundestagsfraktion Die Linke den Fragen des Gewerbes und gab konstruktive Nachhilfe für eine politische Alltagsarbeit für das Gewerbe.

Der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze ist der Taxibranche als Mitglied der Bundestagsfraktion Die Linke gut bekannt, da er sich im Rahmen der Debatte um das neue Personenbeförderungsgesetz PBefG im Jahr 2022 mit einer nahezu legendären Rede zugunsten des Gewerbes hervorgetan hatte und dabei vehement die zerstörerischen Kräfte angeprangert hatte, die insbesondere Uber bei einer Liberalisierung der gesetzlichen Regelungen für dieses Gewerbe entfalten könnte. Thomas Lutze stammt aus dem Saarland, sitzt seit 2009 für die Linke im Bundestag und vertritt diese heute unter anderem auch im Verkehrsausschuss des Bundestages.

Seine damalige Auffassung vertritt Lutze auch heute noch und outete sich darüber hinaus als überzeugter Taxikunde. Auf dieser Basis gestaltete sich die aktuelle Folge des TMV-direkt-Formats fast als Arbeitskreis, der Möglichkeiten zugunsten des Gewerbes erarbeiten wollte, denn es gab kaum Wissenslücken, die die gewerbeseitigen Teilnehmer auffüllen mussten.

Gleich zu Beginn kritisierte Thomas Lutze durchaus konstruktiv, dass die Ortskenntnis der Taxifahrer, bei denen er in letzter Zeit als Kunde an Bord war, in den letzten paar Jahren im Querschnitt merklich nachgelassen habe. Hier scheine der Wegfall der Ortskenntnisprüfung erheblich auffälliger sichtbar als erwartet. Im Übrigen äußerte Lutze erneut seine große Sorge, dass speziell Uber ohne entsprechende Regulierungen die eigenständigen Taxi- und Mietwagenunternehmen zunächst in den Ruin treiben könnten, um als konkurrenzloser Anbieter dann die Fahrpreise drastisch anzuheben. Er frage sich nach wie vor, wer Uber denn überhaupt brauche.

Markus Gossmann vom TMV nahm beide Bälle auf und berichtete zunächst von dem kürzlichen Treffen im Verkehrsministerium (BMDV) zur Ausgestaltung der kleinen Fachkunde. Dort habe man seitens des BMDV sogar in Frage gestellt, ob deutsche Sprachkenntnisse für eine Tätigkeit als Taxifahrer überhaupt von Nöten seien, da ja auch Busfahrer diese nicht benötigten. Dabei sei es doch wohl unabdingbar, dass besonders ältere Kunden zumindest so weit mit den Fahrenden im Taxi kommunizieren könnten, dass sie ihren Fahrtwunsch nicht nur „navifertig“, sondern auch beschreibend blumiger loswerden könnten.

Des Weiteren verwiesen sowohl Gossmann als auch in der Folge Thomas Grätz als Jurist darauf, dass es vielfach ein Vollzugsproblem gegenüber den Uber-Mietwagen gäbe. Das neue PBefG sei zwar besser als erwartet gelungen, es fehle ihm aber die Bußgeldbewehrung und mache es so zum stumpfen Schwert gegen die Mietwagenflut. Auch bei der Umsetzung von Mindestpreisregelungen für Mietwagen gemäß dem neuen PBefG benötige das Gewerbe jede politische Unterstützung, da dies bisher kaum realisierbar sei.

Hier hakte Lutze ein und erklärte sehr anschaulich, wie die politische Arbeit im Alltag in seiner Wahrnehmung funktioniere. Überall dort, wo die Länder Ansprechpartner seien, mache es wenig Sinn, auf bundespolitischer Ebene aktiv zu werden, denn dies sei absolut vergebliche Mühe. Auch würde man sich innerhalb der Regierung zwischen den einzelnen Bundesministerien kaum gegenseitig ins Handwerk pfuschen. Außerdem könne eine kleine Oppositionsfraktion wie Die Linke zwar durchaus die eine oder andere Frage stellen, diese werde aber letztlich wahrscheinlich mehr oder weniger ungehört verhallen. Insofern sei es sehr schwer, bundespolitisch überhaupt irgendetwas in Bewegung zu setzen, selbst wenn das Anliegen an sich eigentlich überzeugend sei.

Eine verbleibende Option sei es nach Lutze, oppositionsübergreifend eine sehr konkrete Anfrage möglichst wortgleich zu formulieren, die sich regierungsseitig dann nicht zuständigkeitshalber an die Länder delegieren lässt, wie dies fast reflexartig immer dann geschehe, wenn es auch nur irgendwie möglich ist. Das Gewerbe könne also versuchen, politische Vertreter verschiedener Couleur vor denselben Karren zu spannen, was er sich in Sachfragen sogar zwischen der Linken und der CDU durchaus vorstellen könne. Hier böte sich beispielsweise die Frage an, ob – oder wenn nein, warum – das neue PBefG seinen eigenen Ansprüchen gerecht oder eben nicht gerecht werde. Patrick Meinhardt als Moderator sah dies natürlich als Steilvorlage auch für das Format „TMV direkt“, zumal der übernächste Gast am 12. Juni ja Michael Donth als verkehrspolitischer Fachmann der CDU sei.

Auch zum Thema der Inklusionstaxen konnte Lutze einen durchaus interessanten Aspekt beisteuern, indem er darauf verwies, dass Behinderungen politisch vielfach noch ausschließlich als unfallbedingt oder als Geburtsfehler wahrgenommen würden. Was in der Wahrnehmung vielfach fehle, sei die Tatsache, dass in einer alternden Gesellschaft auch immer mehr Senioren im höheren Alter erheblichen Bewegungseinschränkungen unterlägen und damit einen erhöhten Transportbedarf entwickelten. Dieser sei gerade deshalb möglicherweise förderungsbedürftig, da ohne Förderung kaum zusätzliche Inklusionstaxen zur Verfügung gestellt würden. Allerdings sei ein sehr dickes Brett zu bohren, bevor Inklusionstaxen in der Folge als gleichberechtigt förderungswürdig in der Sozialgesetzgebung berücksichtigt würden, auch wenn er dies persönlich unterstütze.

Nach seiner Einschätzung zur anstehenden Entscheidung der Mindestlohnkommission gefragt, erkannte dann auch Lutze den Spagat zwischen der Anpassungsnotwendigkeit für die Tarife und deren Funktion als zusätzlicher Kostenfaktor für die Kunden. Dr. Michael Stehr, Geschäftsführer der FPN, ergänzte diese Sorge und verwies dann auf eine anzustrebende verbesserte Auslastung als einzige Chance für das Gewerbe, diesem Dilemma zumindest teilweise zu entkommen. Die simple Forderung nach einer alternativen Unterstützung durch die Regionalisierungsmittel liefe auch aus Lutzes Wahrnehmung fehl, da diese Mittel definitionsgemäß ausschließlich dem Schienenverkehr dienen sollten. Allerdings wäre eine grundsätzliche Überarbeitung der ÖPNV-Finanzierung denkbar, und da das Taxi als unverzichtbares Verkehrsmittel für die letzte Meile ebenfalls zum ÖPNV zähle, müsse es dann ebenfalls innerhalb eines solchen Konstrukts profitieren. Er sei aber pessimistisch und halte die Umsetzung einer solchen Idee für kaum wahrscheinlich.

Das Onlineformat „TMV direkt“ wird am Dienstag, dem 16. Mai, von 10 bis 11 Uhr fortgesetzt. Politischer Gast wird dann zum zweiten Mal Stefan Gelbhaar (Bündnis90/Die Grünen) sein. rw

Beitragsbild: Screenshot TMV

Tags: Dr. Michael StehrMarkus GossmannOrtskundePatrick MeinhardtSeniorentaxiThomas GrätzThomas LutzeTMVDirektUber
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Remmer Witte

Nach über 40 Jahren als Fahrer, Disponent und Chef im Taxi- und Mietwagengewerbe ist der Niedersachse heute unter anderem für einen taxinahen Dienstleister aktiv. Seine Themen sind die Branchenzukunft und -politik und die kleinen Dinge im Alltag des Gewerbes.

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