Berlins Hauptbahnhof hat zwei Eingangsportale. Am Hauptportal soll der Taxistand verschwinden – eine Katastrophe mit Ansage. Dagegen muss das Taxigewerbe auf die Barrikaden gehen!
Ein Kommentar von Axel Rühle
Vor dem schlecht erreichbaren Hauptportal des schlecht geplanten Hauptbahnhofs der schlecht funktionierenden deutschen Hauptstadt sollen nun auch noch die Taxis verschwinden. Der im Zuge des Bahnhofsbaus neu entstandene Vorplatz an der Invalidenstraße, der Europaplatz, erhielt eine zu kleine Vorfahrt mit zu kleinem Taxihalteplatz, zu wenig Fläche für sogenannte Kiss-and-ride-Plätze (kurz mit dem Auto halten, mit Kuss verabschieden und weiterfahren), ohne Parkplätze und ohne Platz für Reisebusse.
Zudem ist hier ein planerischer Fehler wiederholt worden, der in Berlin seit Jahrzehnten üblich ist: Man baut erst einmal, und später fällt einem ein, dass noch hier eine U-Bahn und dort eine S-Bahn fehlt, was dann mit hohem Aufwand nachgeholt wird. Die U-Bahn-Anbindung ist – zumindest aus einer Richtung – bereits 14-einhalb Jahre nach der Bahnhofseröffnung in Betrieb gegangen. An der unterirdischen Nord-süd-S-Bahn-Anbindung wird seit Jahren gebaut, weshalb eine Baugrube den Verkehr behindert. Auch deshalb herrscht am Europaplatz seit Jahren Chaos.
Am rückwärtigen Portal, am Washingtonplatz, steht eine schmale Einbahnstraße als zweite Taxivorfahrt zur Verfügung. Da diese für andere Fahrzeuge tabu ist, funktioniert der Taxiverkehr hier bisher weitgehend reibungslos. Doch wo sollen Mietwagen und Privatautos halten?
Dass der 2006 eröffnete Bahnhof eine großzügige Tiefgarage hat, deren Benutzung für die ersten 15 Minuten gratis ist (und sich somit für ausgiebiges Kiss and Ride eignet), ist weitgehend unbekannt, denn nicht nur schlechte Planung, sondern auch schlechte Kommunikation kann die Berliner Verwaltung von jeher gut. Würde man einen Ideenwettbewerb veranstalten: Jeder Grundschüler käme auf die naheliegende Idee, an umliegenden Straßenkreuzungen ein paar riesige Wegweiser aufzustellen, die auf die kostenlose Haltemöglichkeit in der Tiefgarage hinweisen. Da die Berliner Verkehrsverwaltung das aus unbekannten Gründen bisher nicht getan hat, wollen alle mit ihren Taxis, Mietwagen und Privat-Pkw, die jemanden am Bahnhof absetzen oder aufgabeln, dort irgendwie halten, und das geht – außer für Taxis, die sich bereithalten – fast nur rechtswidrig, oder eben in der Tiefgarage, die aber wiederum nur eine maximale Durchfahrtshöhe von 2,0 Metern hat und damit für viele Großraumtaxis und andere höhere Fahrzeuge ausscheidet.
Das derzeitige Chaos, unter dem nicht nur der Taxiverkehr leidet, soll nun dringend beseitigt werden, doch der verzögerte Baubeginn zur endgültigen Gestaltung hängt an der Baugrube an der Invalidenstraße. In den letzten zwei Legislaturperioden hat man Pläne erstellen lassen, wie der Platz beidseitig der Invalidenstraße einmal aussehen soll: einiges an Grün, direkt vor dem Bahnhof etwas Platz für Linienbusse und Pkw, jenseits der Invalidenstraße ein kleiner Busbahnhof für Reisebusse. Taxis sollen hier, am Nordportal des Bahnhofs, keinen Platz mehr haben, sondern ausschließlich an der Südseite, am Washingtonplatz, vorfahren und stehen dürfen. Ein Vorschlag lautet sogar, die Taxis in die Tiefgarage zu verbannen – was mehreren hundert Großraumtaxen nicht möglich ist und überdies von Fahrgästen erfahrungsgemäß nicht angenommen wird – schon, weil die Idee mit den auffälligen Wegweisern im Bahnhofsgebäude im geschäftigen Treiben der Reisenden untergehen wird. Aber auch die Idee, am Washingtonplatz Taxis, Mietwagen, Lieferfahrzeuge und Privat-Pkw friedlich miteinander in Einklang zu bringen, mutet weltfremd an und ist ein weiterer Fall, in dem die eine Hand nicht weiß, was die andere tut.
Am Europaplatz zeichnet sich ein Fehler ab, der darauf zu beruhen scheint, dass die Planungsverwaltung wieder einmal die Augen verschließt – diesmal davor, wie es in der individuellen Personenbeförderung zugeht: dass Mietwagenfahrer mit beliebigen Rechtsverstößen gewissenlos taxiähnlichen Verkehr durchführen und immer überall da halten, wo es ihnen gerade passt, völlig gleichgültig, ob sie damit drei Taxis, zwei Bussen und der Straßenbahn im Weg stehen. Soll heißen: Ein Bahnhofsvorplatz, auf dem das Taxi nicht präsent ist, wird von Uber & Co. annektiert, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, denn das ist deren Mentalität – und Rechtsverstöße ihre Geschäftsgrundlage.
Wo also sind die Verbände, deren Aufgabe es ist, die Interessen der Taxibranche zu vertreten? Als der heutige Regierende Bürgermeister Kai Wegner im Wahlkampf 2021 das Berliner Taxi-Zentrum besuchte, versprach er den versammelten Gewerbevertretern, „das Berliner Taxigewerbe in seinen Anliegen voll zu unterstützen“. So deutlich solidarisieren sich Politiker nur selten mit dem Taxigewerbe. Dafür dürfen und müssen die Berliner Verbandschefs Wegner jetzt in die Pflicht nehmen und die Umsetzung seiner Zusage einfordern. Wenn das Gewerbe eine so eklatante Fehlplanung widerspruchslos zulässt, schaufelt es bereitwillig an seinem eigenen Grab mit. Auf den Hauptvorplatz eines Hauptbahnhofes gehört das Taxi. Es hat hier optisch präsent zu sein, als öffentlich sichtbare Daseinsvorsorge, als Garant für seriöse Mobilität in Form eines vollständigen ÖPNV zu regulierten Preisen, als Aushängeschild – oder wenn man will sogar als ein Wahrzeichen – der Hauptstadt eines zivilisierten Rechtsstaates.
Wenn die Berlin-Besucher, die vielleicht zum ersten Mal in der Stadt eintreffen, sich euphorisch zum Ausgang des Bahnhofs begeben, werden sie nicht auf irgendwelche Schilder achten, wo es zum unterirdischen Tiefgaragentreppendurchgang oder zum Hinterausgang mit dem Taxistand geht. Sie verlassen das Gebäude, und was finden sie vor: Einen Haufen illegal herumstehender Uber-, Free-now- und Bolt-Autos, aber keine Taxis. Dann lernen sie: Deutschland mag vielleicht früher einmal den Ruf gehabt haben, dass alles mit Ordnung und rechten Dingen zugeht, aber heute herrscht hier offenbar Uber-Mentalität, und Mietwagen sind wohl das Verkehrsmittel der Gegenwart, mit dem man sich auch in Deutschland fahren lässt. Dann hat Deutschland sich auch hier ein weiteres Stück abgeschafft. ar
Beitragsbild: Sommer 2018 – Chaos am Europaplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof, genau wie heute. Foto: Axel Rühle
Tja, was soll man dazu noch sagen. Ein Sinnbild Berliner Verkehrspolitik. Es gab einmal Zeiten, da hab ich meine Dienstleistung in der gesamten Stadt, von Lichtenrade bis Frohnau, von Köpenick bis Spandau angeboten. Heute versuche ich es bisweilen immer noch, aber ich merke, man wird dünnhäutig. Diesen Stress, überwiegend hausgemacht, will man sich eigentlich nicht mehr antun. Ob Baustellen, unsere Lieblinge die Weltretter, eine grüne Verkehrssenatorin, die die Stadt lahmlegen wollte, all das zermürbt mittlerweile Taxifahrer wie mich. Obwohl. Morgens bin ich ja immer noch hochmotiviert. Spätestens mittags bin ich dann platt und will nur noch nach Hause. Traurig, traurig…
Und nun noch unseren ach so schönen Hauptbahnhof. Da hab ich dann auch keine Fragen mehr. Es ist nur noch beschämend, was in dieser Stadt abgeht. Dass ich einem CDU-Bürgermeister einmal Beifall spenden werde, wer hätte das gedacht. Ich hoffe nur auf eine Kehrtwende in der Verkehrspolitik, zumindest diese Hoffnung wird man ja noch haben dürfen.
Axel !
Sehr sehr richtig, ich stimme Dir zu 100% zu !
Wenn dort am Europaplatz keine Taxis stehen, werden die Fahrgäste, zumindest einige, in die Hosentasche greifen, Handy rausholen und sich einen Uber bestellen !
Das geht gar nicht – DAS GEHT GAR NICHT !
Wie kann man da nur zustimmen ?
Bitte kämpfen, dass darf nicht passieren.
Es wird kein Mensch im Hauptbahnhof auf ein Schild achten, niemals.
Man geht davon aus, dass am Ausgang eines so großen Bahnhofes einfach Taxis stehen !
Also bitte – wenn man verhindern will das dort wild geladen wird – müssen auf jeden Fall Taxis dort stehen bleiben !
Flughafen weg!
Hauptbahnhof weg!
Ortskunde weg!
Bald Taxi weg!!!!!
Stehen an einem Tag im Februar 3 Taxen am NH Leipziger Straße; Kommt ein Fahrgast im Anzug und ohne Mantel aus dem Hotel und möchte ins Taxi gelassen werden; Der junge Taxifahrer aus Taxi 1, der schon zuvor eine alte Dame abwies und diese ihren Weg auch zu Fuß aufnahm, ohne Taxi 2 oder 3 zu fragen, verweist den Mann darauf, besser zu Fuß zu gehen, während er in Richtung Potsdamer Platz zeigt; Dann kam der Mann zu mir Taxi 2 mit dem Hinweis, er hätte in 10 Minuten im DB Tower einen Termin; Ich zu ihm, er müsse sich für nichts rechtfertigen, nur einfach einsteigen, mir das Ziel nennen und kann am Ende auch mit Karte zahlen;
Ende der Geschichte: Solche Fahrer arbeiten längst wissend für Uber, aber ohne Bezahlung und bezahlen damit, dass sie für den Umsatz von 2010 nicht mehr 8 Stunden brauchen, sondern 12, ihn aber meistens überhaupt nicht mehr erreichen. Und Kunden, die sich auf unseren Service verlassen und von solchen inkompetenten, gierigen und unprofessionellen Menschen am Lenker eines Taxis so behandelt lassen müssen, Fahrer, die immer wenn sie morgens aufstehen, glauben jeder Fahrgast will zum BER oder im Taxi nach Hamburg und selten nur bis zur Ecke, wechseln zu Uber & Co.