Einen Zusammenhang zwischen Uber-vermittelten Mietwagen und Schattenwirtschaft herzustellen, ist richtig. Falsch ist es dagegen, das Taxigewerbe damit in einen Topf zu werfen.
Ein Kommentar von Axel Rühle
Im Zusammenhang mit dem neuen Korruptionsverdachtsfall im Ordnungsamt Frankfurt am Main haben die Medien auch ein Wirtschaftlichkeitsgutachten von 2020 in Erinnerung gerufen. Die Stadt hatte es 2017 in Auftrag gegeben, nachdem das Verwaltungsgericht anlässlich eines Verfahrens gefordert hatte, untersuchen zu lassen, ob das Taxigewerbe in Frankfurt überhaupt ohne Schwarzarbeit arbeiten kann. Das Gutachten ergab, „dass 60 Prozent der Taxis ihre Einnahmen zumindest zum Teil am Finanzamt und den Sozialkassen vorbei erwirtschaften“, wie der Hessische Rundfunk (hr) es formuliert.
Ein solches Ergebnis und sein mediales Echo bergen viel Potential dafür, die seriöse Mehrheit der Taxibetriebe in den Schmutz zu ziehen. Ein vergleichbares Gutachten in Berlin hatte vier Jahre zuvor ergeben, dass in der Bundeshauptstadt sogar rund 77 Prozent der Taxis für windige Betriebe unterwegs waren. Oberflächliche Journalisten und die Öffentlichkeit lesen solche Zahlen in der Regel so, dass 77 Prozent der Berliner und 60 Prozent der Frankfurter Taxibetriebe unseriös arbeiten würden. Dass der Großteil der „beanstandeten“ Taxis aber einigen wenigen Großbetrieben gehört, deren Besitzer auf kurzfristigen, maximalen Gewinn bedacht sind und deutschen Gesetzen über ihre Kosten-Nutzen-Abwägung hinaus wenig Bedeutung beimessen, und die bei etwas besseren Kontrollen im Taxigewerbe ihr Steuerhinterziehungsmodell einfach in den Mietwagenbereich verlegen, wissen nur besser informierte, kritischere Betrachter.
So schreibt der hr auf seiner Internetseite „hessenschau“ präzise über den neuerlichen Fall des Korruptionsverdachts. Doch zur Schattenwirtschaft schreibt der hr auch irreführend: „Der Anteil der Schattenwirtschaft im Taxigewerbe dürfte seitdem durch die auf den Markt drängenden Fahrdienstleister noch gestiegen sein. Mit dem sogenannten ‚Hamburger Modell’ gibt es einen einfachen Kniff, das Versinken des Taxigewerbes in die Schattenwirtschaft zu stoppen.“ Hier wird wieder einmal das Taxigewerbe mit der viel weiter verbreiteten Schattenwirtschaft des Mietwagengewerbes in einen Topf geworfen und somit abgewertet, während das mit Uber & Co. arbeitende Mietwagengewerbe durch Gleichsetzung mit dem Taxigewerbe aufgewertet wird.
Nein, liebe Kollegen vom hr, der Anteil der Schattenwirtschaft im Taxigewerbe wird nach unserer Einschätzung bei wachsendem Mietwagenmarkt sogar sinken, weil der Bodensatz des Taximarktes, die Steuerhinterzieher ohne Berufsehre, eine Minderheit, knallhart kalkuliert: Wie hoch ist mein Gewinn im Taxigewerbe, wie hoch ist er mit Uber, mit welcher Wahrscheinlichkeit werde ich für meine Straftaten belangt, wie hoch fallen die Strafen ggf. aus, in welchem der beiden Märkte kommt unter dem Strich nach Abzug in Form von Strafen mehr Gewinn für mich heraus? In Berlin gibt es für diese schwarzen Schafe zwei Möglichkeiten: Zu Uber wechseln oder in den Nachbarlandkreis zum Hauptstadtflughafen umziehen, wo Mietwagen keinen Wegstreckenzähler brauchen und man Steuern noch viel problemloser hinterziehen kann. In Frankfurt ist einzig Uber die Lösung. Der Konzern macht das Nicht-Bezahlen von Steuern in Deutschland sogar selbst vor. In Großstädten mit Uber, Free Now und Bolt bildet das Schattengewerbe die Mehrheit des Mietwagenmarktes, denn es entspricht in etwa dem Anteil, der mit den Ausbeutern kooperiert.
Auf die Frage nach den Konsequenzen aus dem Frankfurter Gutachten von 2020 vertröstet das FDP-geführte Ordnungsdezernat den hr, man betrachte und analysiere seit Oktober 2022 die Prozesse und Strukturen des Fachbereiches genau, und „auf Basis der Ergebnisse werden Möglichkeiten zur Erweiterung der betriebswirtschaftlichen Überprüfungen geprüft.“ Man darf somit gespannt sein, nach wie vielen Insolvenzen im Taxigewerbe man dann fertig betrachtet, analysiert und geprüft hat, um dann möglicherweise das Nachdenken über eine etwaige Inbetrachtziehung von Überlegungen über eventuelle Maßnahmen zu erwägen. ar