Vergangene Woche ist der Wiener Polizei ein Taxifahrer ins Netz gegangen, der betrunkenen Fahrgästen K.o.-Tropfen verabreicht und sie dann ausgeraubt haben soll.
Aktualisierung am 19.4.24 (Bericht vom Prozessausgang, siehe unten):
Mindestens 39 Geschädigte sind der Polizei nach Medienberichten bekannt, die dem Taxifahrer – so es denn ein Einzeltäter ist – zum Opfer gefallen sind, nachdem sie betrunken in sein Auto gestiegen und angebotene Getränke, Süßigkeiten oder Kaugummis von ihm angenommen hatten, die mit K.o.-Tropfen präpariert waren. Wenn die Fahrgäste dann bewusstlos geworden waren, raubte der Fahrer sie aus, wobei er mit Vorliebe kostbare Luxus-Armbanduhren an sich nahm (Taxi Times berichtete).
Die Kriminalpolizei wollte die Raubserie, die vor gut einem Jahr begann, eigentlich aus ermittlungstaktischen Gründen noch länger geheim halten, doch als eine Betroffene sich dieses Frühjahr mit ihren Erlebnissen an die Presse wandte, wurden die bis dato 22 Taten öffentlich bekannt.
Wie Martin Roudny, Leiter des Landeskriminalamtes Wien, Außenstelle Zentrum-Ost, jetzt gegenüber der Presse angab, wurden die ersten bisher bekannten Taten der Serie im Sommer 2022 verübt. Der Taxilenker habe bei seinen Nachtfahrten neben regulären Kunden auch gezielt vor Szenelokalen in der Innenstadt gut gekleidete, vorwiegend männliche Personen angesprochen, ob sie ein Taxi bräuchten oder gerufen hätten. Ein Teil der Betroffenen hatte tatsächlich bei der Taxizentrale oder Uber einen Wagen bestellt. In der Annahme, es sei der bestellte Fahrer, stiegen sie bei dem nun verhafteten Mann ein.
Das Fehlen der Wertgegenstände wurde von den alkoholisierten Opfern fast immer erst deutlich nach Ende der Fahrt bemerkt, als der Fahrer verschwunden war. Da solche Betäubungsattacken meist mit einem Erinnerungsverlust einhergehen, konnten die Opfer häufig weder eine Täterbeschreibung noch Angaben zum Fahrzeug des Räubers abgeben. Auch hätten sie die Taten immer erst zu einem Zeitpunkt gemeldet, zu dem die Substanz in ihrem Blut nicht mehr nachweisbar war.
Zur Festnahme konnte nun ein Polizist aus Niederösterreich beitragen. Genaueres will die Wiener Kriminalpolizei nicht verraten, doch der Kollege aus Klosterneuburg erstattete die entscheidende Anzeige, die zur Kenntnis des Kfz-Kennzeichens führte. Da die Ermittler die Taten dem Mann noch nicht hätten nachweisen können, observierten sie den Fahrer daraufhin, um ihn auf frischer Tat ertappen zu können. Als er im Juli in Urlaub ging, gab es für drei Wochen keine einzige Tat – was dafür spricht, dass der Täter alleine handelte.
Danach setzte er seine Tätigkeit fort. In der Nacht zu Montag vergangene Woche beobachteten die Ermittler den Lenker wieder und sahen, wie in Wien-Hietzing ein Mann, der in das Schema der anderen Opfer passte, in das Fahrzeug stieg. Auf der längeren Route durch die Stadt schlief der Kunde auf der Rückbank ein. Nachdem das Fahrzeug in Rudolfsheim-Fünfhaus einige Minuten auf einem Parkplatz hielt, ging die Fahrt nach Währing, wo der Fahrgast ausstieg. Polizisten sprachen den Mann sofort an, ob er seine Armbanduhr noch hätte. Als dieser verneinte, wurde der Taxifahrer durchsucht. Die Rolex wurde in seiner Hosentasche gefunden und sichergestellt. So konnte der Beschuldigte festgenommen werden, berichtete Chefinspektor Andreas Lang. Im Zuge der Maßnahme wurde ein Beamter leicht verletzt.
Bei der anschließenden Hausdurchsuchung konnten die Beamten weitere Armbanduhren sicherstellen, die von Taxikunden stammen könnten. Laut Lang dürfte es sich bei vielen der Uhren allerdings um Fälschungen handeln, die kaum von den Originalen zu unterscheiden seien. Die Ermittler gehen vorerst von einem Schaden von insgesamt rund 600.000 Euro aus – bei 39 Taten also im Schnitt rund 15.000 Euro pro Uhr. Wo diese weiterverkauft worden sind, sei noch Gegenstand der Ermittlungen.
Der Taxifahrer sitzt nun in Untersuchungshaft. Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien: „Der Beschuldigte befindet sich in der Justizanstalt Josefstadt.“ Der 33-jährige türkische Staatsbürger habe „von seinem Recht Gebrauch gemacht, die Aussage zu verweigern“. In die Ermittlungen waren zahlreiche Behörden involviert, unter anderem das österreichische Bundeskriminalamt und die Direktion für Sondereinheiten. Die Kriminalisten dankten auch der Taxiinnung Wien und dem Fahrdienstleister Uber für die „gute Kooperation“ bei den Ermittlungen. Diese seien noch nicht abgeschlossen, es könne auch noch zu Kontoöffnungen und Rufdatenrückerfassung kommen. Dem Mann drohen bis zu zehn Jahre Haft, da auch schwerer Raub angezeigt wurde.
Die Ermittler suchen nun nach weiteren Opfern des Täters. Nach einer Pressekonferenz am gestrigen Donnerstag veröffentlichte die Polizei auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Fotos des Beschuldigten und des von ihm genutzten Fahrzeugs, eines silbernen Ford Mondeo Kombi. Mögliche weitere Opfer oder Zeugen werden ersucht, sich (auch anonym) unter der Telefonnummer 01-31310-62800 an das Landeskriminalamt Wien, Außenstelle Zentrum-Ost, zu wenden. „Uns ist bewusst, dass es wahrscheinlich noch weitere Fakten geben wird“, sagte Chefinspektor Andreas Lang. ar
Aktualisierung am 19.4.24: Die weiteren Ermittlungen haben zu einer Anklage von drei ebenfalls beteiligten Personen geführt. Mittlerweile fand auch der Prozess statt und dieser führte zu Freisprüchen für die drei Mit-Angeklagten und zu einer Haftstrafe von vier Jahren für den Hauptangeklagten.
Das Schöffengericht begründete die Freisprüche für zwei weitere Taxilenker damit, dass sich die betrunkenen Opfer zumeist nicht wirklich erinnern und vor allem die Täter nicht eindeutig identifizieren konnten. Der vierte Mitangeklagte wurde wegen Hehlerei angeklagt. Er soll die gestohlenen Uhren weiterveräußert haben. Im Prozess konnte aber kein Zusammenhang mit dem Haupttäter nachgewiesen werden, deshalb auch hier: Freispruch.
Die vier Jahre Haft für den Haupttäter wurden wegen gewerbsmäßiger Diebstähle, wegen eines versuchten Raubes sowie Urkundenfälschung und Geldwäsche verhängt. Erschwerend berücksichtigt wurde dabei auch der Tatzeitraum über mehrere Jahre und die detailiierte Planung der Taten. Zudem hätten sich die Opfer im Taxi in Sicherheit gefühlt und nicht damit gerechnet, bestohlen oder beraubt zu werden. Als strafmildernd sah das Gericht den bisherigen ordentliche Lebenswandel und das reumütige Geständnis des Haupttäters an.
Das Urteil vom Donnerstag, 18.4.24 ist noch nicht rechtskräftig, Kläger wie Angeklagte haben sich noch die Option einer Anrufung der nächsthöheren Instanz offen gelassen.
Fotos: Landespolizeidirektion Wien
Tja, manchmal muß man vor den Österreichern doch galant den Hut ziehen ! Sappralott sog I !!!
Fahrzeug ist ohne Taxidachzeichen. Also kein Taxi. Erwähnt bitte nicht das Wort Taxi, wenn es eindeutig ein Mietwagenfahrer war.
Trotzdem gute Arbeit, dass ihr diesen Halunken gestellt habt.
Lieber Taxi-Times-Leser. Danke für den Hinweis. In Österreich ist es allerdings so, dass Taxis und Mietwagen zu einem Einheitsgewerbe verschmolzen sind. Daher wird dort mittlerweile auch der Begriff „Taxi“ für beide Verkehrsarten verwendet.
Na, geht doch! In Austria ist die Welt noch in Ordnung, mit Foto und Nationalität wird nach Geschädigten gesucht.