Bei den Protesten des Taxigewerbes gegen die (Nicht-)Politik der Verkehrsminister nimmt der Ton an Schärfe zu. Auf einer Kundgebung in Köln sprachen drei Redner, die deutliche Worte fanden.
Zwei Jahre und zweieinhalb Monate – so lange ist die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), die nach Protesten aus dem Taxigewerbe weniger Daseinsvorsorge-feindlich ausgefallen ist als ursprünglich geplant, bereits in Kraft. Sie hat den Ländern und Kommunen ein Bündel an Möglichkeiten zur Regulierung des Marktes an die Hand gegeben, doch passiert ist bislang wenig. In etlichen Großstädten führen Uber, Free Now und Bolt taxiähnlichen Verkehr durch, als sei es legal.
Die Tagung der Verkehrsministerkonferenz (VMK) diese Woche in Köln war für die Gewerbevertreter ein passender Anlass für neuen Protest, auch wenn sich das Unwesen der Mietwagen hier – anders als in Düsseldorf – noch in Grenzen hält. Doch in Köln ist mit Aleksandar Dragicevic auch einer der Vorstände des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) tätig, und der wollte nicht länger stillschweigend zusehen, wie die Kommunen sich zieren, die – gar nicht mehr neuen – Möglichkeiten des PBefG anzuwenden.
Also rief Dragicevic, Vorstand des Taxirufs Köln, den gestrigen Aktionstag ins Leben, bestehend aus einem Protestmarsch mit Kundgebung und einem anschließenden Taxi-Korso durch die Innenstadt. Dazu konnte er zwei weitere meinungsstarke Redner gewinnen: Demo-Unterstützer Michael Oppermann, Geschäftsführer des BVTM, und Dennis Radtke (CDU), Mitglied des Europäischen Parlaments, der aus Brüssel anreiste.
Organisator Aleksandar Dragicevic hielt die kurze aber eindringliche Begrüßungsansprache über Grund und Zweck der Demo. Er wandte sich nicht nur an die Verkehrsminister, sondern auch an die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Ein Jahr lang, so Dragicevic, habe man jetzt mit „diesen Leuten“ vergeblich verhandelt, und das gehe so nun nicht mehr weiter. Sollte sich nicht „schnellstmöglich“ etwas bewegen, sei es das letzte Mal, dass man sich beim Protest bemühe, „die Abläufe“ nicht zu stören. Man selbst zahle Steuern und handele gesetzeskonform, werde aber von der Politik einem „völlig unfairen Wettbewerb mit Dumping-Preisen“ ausgesetzt. Dabei sei es laut Bundesrecht nicht die Aufgabe des Taxigewerbes, sondern die der Politik, eine Existenzgefährdung der Branche zu verhindern. Dazu habe man sogar Anleitungen und Rechtsgutachten geliefert.
Michael Oppermann stellte in seiner Rede fest, dass Uber seit sieben Jahren am deutschen Markt ist – „sieben harte Jahre, Jahre des Kampfes für das Taxigewerbe“, der auch in Köln hart ausgefochten werde. Die Manager im Silicon Valley hätten bei ihrer Kalkulation das Rückgrat der ehrlichen Unternehmer nicht eingerechnet.
Nach wie vor stehe viel auf dem Spiel: Das Taxigewerbe als Teil der Daseinsvorsorge sei Mobilitätsgarantie für jedermann. Es sei der Job des Taxis, den Geschäftsmann zum Flughafen, die „Oma zum Arzt“, die schwangere Frau zur Entbindung und hinterher die Familie nach Hause zu fahren – Selbstverständlichkeiten, auf deren Erwähnung man vor dem Markteinfall von Uber gar nicht gekommen wäre. Mit Blick auf die Mobilitätswende und den modernen Stadtumbau sagte Oppermann: „Wenn wir das Taxi nicht hätten, wir würden es heute erfinden – für die Herausforderungen der Mobilitätswende. […] Wahrscheinlich würde irgendein grüner Politiker sagen: ‚Warum haben wir das noch nicht alles?’ Wir brauchen das Taxi für die Herausforderungen der Zukunft. Wir brauchen es auch morgen noch.“
Er kam noch einmal zurück auf Uber, „stellvertretend für alle Plattformen, die taxiähnlichen Verkehr machen wollen ohne diese lästigen Pflichten“ der Taxifahrer und ‑unternehmer. Seit 2016 sei Uber am Markt, breche seitdem permanent das Gesetz und bekomme Urteile – auch der Taxiruf Köln habe mehrmals gewonnen – und verbrenne Geld, doch all das sei Uber völlig egal, und das müsse enden. Die Aussage auf den Mietwagentüren, Uber sei kein Beförderer, sondern nur Fahrtenvermittler, sei – durch Gerichtsurteile bestätigt – eine Lüge. Uber wolle nur für nichts Verantwortung haben, und die Aussage könne ebenso gut lauten: „Wir waren’s nicht und ihr könnt uns alle mal.“
Das Erfolgsgeheimnis von Uber & Co. sei Sozialdumping, und mit dem Kampf dagegen verteidige man zum einen das Taxi, zum anderen auch gute Arbeit für Fahrer, denn Uber verwandele sozialversicherungspflichtige Jobs in prekäre Beschäftigungsverhältnisse am Rande bzw. außerhalb der Legalität. Er zitierte einen Vertreter des Zolls: Zu einem Drittel werde legal gearbeitet, zu einem Drittel würden Leistungen vom Jobcenter bezogen und zu einem Drittel werde „voll schwarz“ gearbeitet. „Zumindest die zwei letzten Punkte kann ich bestätigen.“ In Kombination mit der Umgehung von Steuern, Sozialabgaben und Versicherung sei es nicht überraschend, Dumpingpreise anbieten zu können, um erst das Taxi zu „töten“, und dann, wenn es tot ist und man ein Monopol habe, abzukassieren. Dieses Prinzip müsse man durchbrechen. „Deswegen fordern wir: Stoppt das Sozialdumping von Uber & Co., wir wollen Mindestpreise jetzt und fairen Wettbewerb für unsere Kolleginnen und Kollegen!“
Oppermann erinnerte daran, dass die Politiker – darunter mehrere Minister, die zeitgleich im benachbarten Hotel Maritim tagten – beim Entwurf der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes einen faireren Wettbewerb ohne Dumping versprochen hätten. Passiert sei nichts. Er forderte, dass diese Versprechen endlich eingelöst werden. Ein einfaches Mittel dafür, sowohl in der Umsetzung als auch in der Kontrolle, seien Mindestpreise für Mietwagenfahrten. „Macht das jetzt! Morgen ist es vielleicht zu spät!“
Schließlich trat der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke auf die Bühne. Oppermann hatte ihn im Vorfeld als „wichtigen Fürsprecher einer konsequenten Plattformregulierung auf der EU-Ebene und zuständigen Berichterstatter“ angekündigt. Radtke knüpfte mit seiner volksnahen Art („Danke, dass ihr alle gekommen seid und diese Aktion auf die Beine stellt“) schnell einen Draht zu den Zuhörern. Es werde „allerhöchste Zeit, dass wir unsere Stimme erheben, um Ordnung in den ganzen Laden zu bringen.“ Er unterstütze die Forderung nach Mindestpreisen für Mietwagen. Das Gesetz biete diese Möglichkeit, und jede Kommune könne sie umsetzen. Er habe keine Lust, zehn, zwanzig Jahre zu warten, bis auch die letzte Kommune in Deutschland dies endlich umgesetzt habe, „sondern wir müssen jetzt Ordnung in den Markt bringen.“ Es war nur eine von vielen Aussagen, für die Radtke lauten Beifall erhielt.
Deshalb sei es ihm wichtig, auf europäischer Ebene zu Ergebnissen bei der Regulierung von Plattformarbeit zu kommen. Der „Kampf Taxi vs. Uber“ sei dabei nur ein Aspekt. Es gehe um Milliardenkonzerne und 28 Millionen Plattformarbeiter, von denen nach EU-Schätzungen fünf Millionen „als Scheinselbstständige unterwegs sind, und das ist eine Riesen-Sauerei, die einfach aufhören muss.“
Das EU-Parlament habe im vorletzten Frühjahr mit einem Initiativbericht die Europäische Kommission aufgefordert, „endlich Regulierungsvorschläge für die Plattformarbeit zu unterbreiten. Über diesen Vorschlag verhandeln die Parlamentarier nun mit dem Europäischen Rat und der Kommission. Eines der Kernelemente sei eine Beweislastumkehr bei der Einstufung von Plattformarbeitern als Selbstständige, da Uber mit den besten und teuersten Anwälten nahezu jeden Rechtsstreit bis in die letzte Instanz aussitzen könne. Wettbewerb dürfe aber nicht über die Frage stattfinden, wer seine Arbeiter am klügsten ausbeutet und Gesetzeslücken am schlauesten nutzt, sondern über Qualität und Innovation.
Der Lobbyeinfluss von Uber zur Zerstörung einer Marktregulierung habe in den letzten Monaten geradezu grenzüberschreitende Maße angenommen. Er habe nichts gegen legitime Lobbyarbeit einzuwenden, so Radtke. Auch Oppermann sei ein bezahlter Vertreter einer Interessengemeinschaft, aber Lobbyarbeit müsse auch Grenzen haben. Ubers Vorgehen charakterisierte er mit Attributen wie abenteuerlich und teuflisch, aber zugleich klug. Es seien „die irrsten Geschichten“ und Untergangsszenarien in die Welt gesetzt worden, auch um andere Parlamentarier gegen Leute wie Radtke aufzuhetzen. Er sprach von „widerlichen Argumenten“, die ihm geradezu die Schuhe ausgezogen hätten: Die Zerstörung des Geschäftsmodells von Uber vernichte doch unzählige Arbeitsplätze, die man dringend für Flüchtlinge bräuchte. Dem widersprach Radtke mit unversöhnlichen Worten: „Geschäftsmodelle, die am Ende nur funktionieren, weil man die Beschäftigten […] um den Zugang zu Mindestlohn und den Zugang zur Sozialversicherung bescheißt, solche Geschäftsmodelle braucht niemand – weder für Flüchtlinge, noch für andere Migranten, noch für Biodeutsche.“
Radtke beklagte sich auch über fehlende Unterstützung durch die Bundesregierung. Die Koalition in Berlin sei sich nicht einig; die FDP blockiere. Von einem Bundeskanzler, der seinen Wahlkampf auf dem Wort Respekt aufgebaut habe, erwarte er Klartext gegenüber seinen Koalitionspartnern und auch Respekt für die, die Taxi fahren.
Alle drei Redner erhielten viel Beifall.
Gastgeber und Organisator Aleksandar Dragiecevic war mit der Kundgebung und der Demonstration voll zufrieden und bezeichnete die Veranstaltung gegenüber Taxi Times als Erfolg. Ausdrücklich lobte er nicht nur die gute Lobbyarbeit von Oppermann und den Verbandskollegen, sondern auch das Engagement Radtkes. ar
Beitragsbild: Dennis Radtke (am Mikrofon), links neben ihm Aleksandar Dragicevic, neben der Bühne am Taxi Michael Oppermann (am 12.10.2023 bei der Kundgebung in Köln)
Fotos und Videomitschnitte: Taxi Times
Sorry, aber das Taxi Gewerbe ist verloren und der Staat verzichtet freiwillig auf Millionen von Steuer Einnahmen und fördert sozial Dumping und ist sich über die einfachsten kapitalistischen Zusammenhänge nicht im Klaren.Die dummen erklären sich die Welt so ,dass sie es verstehen, aber am Ende gibt es nur noch Verlierer. die einzige Behörde, die den Taxifahrern noch zur Seite steht, ist der Zoll und der müsste ja jetzt irgendwann mit der Staatsanwaltschaft telefonieren, weil es ja jetzt klar ist, dass es sich hier um organisierte Schwarzarbeit handelt. Aber da die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden is, ist es schwierig vorzustellen, dass so wirklich massiv gegen Uber und eventuell nicht ganz saubere Behörden Mitarbeiter ermittelt wird. Ich wünsche allen Taxifahrern , die ums Überleben kämpfen und versuchen sich noch am Markt zu halten.-Viel Glück -vielleicht geschieht ja noch ein Wunder.
https://taxi-times.com/uber-ist-die-plattform-fuer-organisierte-schwarzarbeit/