Schlechte Zeiten für Inselbewohner, die auf ein Taxi angewiesen sind: Der Taxibetrieb hat zugemacht und der Mietwagenunternehmer wartet auf seine Konzessionen. Krankenfahrten sind deshalb derzeit nicht zu haben.
Obwohl Taxi Harksen zum Jahreswechsel seinen Betrieb eingestellt hat, gibt es auf der Nordseeinsel Amrum noch immer Ärger mit den Behörden, wie Taxifahrer Lasse Jost schildert. Taxi Times hatte letzten Sommer über das schwierige Taxigeschäft auf der nordfriesischen Insel berichtet. Drei Autos und vier Fahrer – damit war es eine enorme Herausforderung, der Betriebs- und Beförderungspflicht nachzukommen. Wenn morgens um sechs die erste Fähre gen Festland ablegt und abends um elf die letzten Kneipengäste abgeholt werden möchten, sind die Fahrer mehr als ausgelastet. Wenn dann die Aufsichtsbehörde ein Bußgeld von 10.000 Euro androht, weil die Fahrgäste sich beschweren, nicht befördert zu werden, und die Lokalpresse auch noch negativ schreibt, ohne mit einem gesprochen zu haben, fragt man sich schon mal, wofür man das Geschäft eigentlich betreibt, so Jost.
Zugleich wurde das Tagesgeschäft spürbar schlechter, als das 49-Euro-Ticket eingeführt wurde und ein großer Teil der Touristen plötzlich quasi kostenlos Bus fahren konnte. Im Unterschied zu Helgoland gibt es auf Amrum Autos (rund jeder zweite Inselbewohner hat einen Pkw oder ein Kraftrad zugelassen), Fahrräder (das zweite Hauptfortbewegungsmittel auf der Insel) und eine Buslinie.
Jost war angestellter Fahrer beim einzigen Taxibetrieb auf der Insel, Taxi Harksen. Als der Firmenchef Karsten Peter Harksen sich anschickte, mit Anfang 70 dann doch mal in Ruhestand zu gehen, stand die Frage im Raum, wie es weitergeht mit der individuellen Personenbeförderung auf der Insel mit ihren knapp 2.300 Einwohnern und bis zu 10.000 Touristen im Sommer. Ursprünglich wollte Jost das seit über 20 Jahren bestehende Unternehmen mit den drei Taxis übernehmen, doch den absehbaren Ärger mit den Behörden wollte er sich nicht antun. Andererseits braucht die Insel individuelle Personenbeförderung, schon wegen der nötigen Krankenfahrten.
So entschloss Jost sich, statt mit drei Taxis mit zwei Mietwagen weiterzumachen. Ohne Tarif- und Betriebspflicht dürfte es sich seiner Einschätzung nach entspannter gestalten, den Bedarf auf der Insel zu bedienen. Einen Kleinbus übernahm er von Harksen, schaffte sich dazu eine E-Klasse an, stellte Anträge auf Mietwagen-Konzessionen – und wartet seitdem, loslegen zu dürfen. Sein Betrieb heißt „Amrum A-nach-B“. Vom Verkehrsministerium in Kiel hat er bereits eine Ausnahmegenehmigung erhalten, um keine Wegstreckenzähler einbauen zu müssen. Auf der Insel ist keine direkte A-B-Verbindung deutlich länger als zehn Kilometer. So wird auch die Rückkehrpflicht kein Problem sein. Die Touristen werden sich daran gewöhnen müssen, dass ihr Fahrzeug kein Dachzeichen mehr hat. Die Fahrten ab dem Fähranleger in Wittdün wird künftig jemand vorbestellen müssen, dann können die Mietwagen weiterhin dort warten, wo bis Ende Dezember die Taxis standen. Jost merkt schmunzelnd an, dass „leider der Bus schon immer vor den Taxen stand und jetzt dann vor unseren Mietwagen stehen wird“.
Die Lokalpresse, die wieder einmal eher negativ schreibt und beklagt, in der Silvesternacht hätten Fahrgäste kein Taxi bekommen, berichtet auch, die drei Gemeinden der Insel und die öffentlich-rechtliche Amrum Touristik seien daran interessiert, dass es auch weiterhin einen Taxibetrieb auf der Insel gibt, und würden sich daher bemühen, „ein Taxiunternehmen nach Amrum zu bekommen“. Lasse Jost hätte es besser gefunden, wenn die Tourismus-Organisation sich mehr für Taxi Harksen eingesetzt hätte und mal mit den Bürgermeistern nach vernünftigen Lösungen gesucht hätte. Einen neuen Taxiunternehmer auf die Insel zu bekommen, hält er für ausgeschlossen: Es steht nicht eine einzige freie Wohnung auf der Insel zur Verfügung.
Das Nachsehen aufgrund der derzeitigen Situation haben neben Jost, der noch keinen Umsatz einfahren kann, diejenigen Inselbewohner, die auf Taxis oder Mietwagen angewiesen wären. Jost erzählt, dass beispielsweise Patienten, die zur Bestrahlung oder Behandlung in ein Krankenhaus nach Flensburg müssen, momentan mit dem Bus oder privat zum Fähranleger fahren und nach Dagebüll übersetzen müssen, um dort hoffentlich ein Taxi zu bekommen – ein unhaltbarer Zustand. Der Amtsschimmel galoppiert auch im Landratsamt Nordfriesland gemächlich. ar
Beitragsfoto: Lasse Jost, Mietwagenunternehmer; Foto: Mietwagenbetrieb Amrum-von-A-nach-B