Der langsame Ausbau der Flotte zu mehr Inklusionstaxis kann weder der Politik noch den Behindertenbeiräten gefallen. Doch gerade Letztere sind es, die den wirtschaftlichen Betrieb rollstuhltauglicher Taxis blockieren.
Ein wichtiges Thema für das Gewerbe sind Rollstuhltaxis und Rollstuhlzuschläge. Entsprechend stand es auch beim Treffen des Glückstädter Kreises vergangene Woche auf der Tagesordnung. Dabei war man sich einig, dass das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in der aktuellen Fassung keine Versorgungsverbesserung ermöglicht – obwohl das PBefG im Rahmen der Novelle 2021 sogar eine Quote für Mehrwagenunternehmen ab zwanzig Taxis festgelegt hat. Gleichzeitig hat man es aber versäumt, den Begriff des Rollstuhltaxis überhaupt exakt zu definieren – gemeint sind wohl NUR-Taxis (NUR = nicht umsetzbarer Rollstuhl).
Nach wie vor blockieren bundesweit vielfach eigentlich gutmeinende Behindertenbeiräte eine flächendeckende Versorgung mit NUR-Taxis, da sie mit der Forderung nach tariflicher Gleichstellung deren Ökonomie systematisch untergraben. Wenn in Mindestlohnzeiten das Ein- und Ausladen inklusive der ordentlichen Sicherung mehr als doppelt so lange dauert wie ein normaler Zu- oder Ausstieg, dann müssen diese zusätzlichen Kosten natürlich auch gepuffert werden, wenn ein solches Angebot eigenwirtschaftlich betrieben werden muss. Ohne diese Zuschläge macht es kaum Sinn, solche Angebote allein aus Gutmenschlichkeit zu realisieren und ohne solche Zuschläge helfen nicht einmal Förderungen bei der Beschaffung der Fahrzeuge.
Darüber hinaus steht inzwischen auch infrage, ob die technische Umsetzung in den wenigen verfügbaren Fahrzeugen, die dem Taximarkt dafür zur Verfügung stehen, auch tatsächlich dem bundesdeutschen Regulierungswahn standhalten können. Fraglich scheint derzeit, ob der Rampenwinkel, welcher der Nutzbarkeit im Straßenverkehr geschuldet ist, den Ansprüchen des Arbeitsschutzes vollständig entsprechen kann. Offenbleiben musste auch die Frage, ob man Rollstühle mit abgelaufenem Rollstuhl-TÜV überhaupt gewerblich befördern darf. Ein Mitbewerber bietet übrigens Rollstuhlbeförderungen theoretisch flächendeckend an, für den Alltag soll es aber – aus welchen Gründen auch immer – kaum Nutzungen geben.
Ein weiteres Problem ist zumindest im großstädtischen Umfeld die Vermittlung, da solche Aufträge ohne Zuschläge eben nicht attraktiv sind. Berlin verfügt über ca. 100 NUR-Taxis, trotzdem gibt es erhebliche Verfügbarkeitsprobleme. Hier gibt es Vorteile im ländlichen Raum, wo die Unternehmen die Aufträge direkt zuweisen. Aber auch dort bedarf es vor allem einer Regelung für eine zusätzliche Honorierung bei Krankenfahrten, wenn die NUR-Taxi-Versorgung flächendeckend funktionieren soll. Auch bei der Elektrifizierung der Fuhrparks fehlen noch Angebote. Zwar werden mit dem Opel Zafira-e Life und seinen Derivaten von anderen Herstellern, und dem Mercedes eVito (aktuell nicht offiziell umrüstbar) nur wenig Offerten gemacht. Ein massentaugliches Modell wie der Caddy als Verbrenner fehlt aber bislang.
Insofern ist allein die staatliche Vorgabe, dass die Barrierefreiheit weiterhin forciert werden soll, lediglich ein Lippenbekenntnis, wenn die tatsächlichen Hindernisse nicht ausgeräumt werden. Wege könnten dabei Gutscheinregelungen, ein sogenanntes Teilhabegeld sein, welches mobilitätseingeschränkten Menschen trotz Mehrkosten die gelegentliche Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglicht. In Mecklenburg-Vorpommern wird eine solche Idee schon jetzt realisiert und in Niedersachsen ist immerhin ein runder Tisch unter Teilnahme der Aufgabenträger anvisiert. Der Taxi- und Mietwagenverband TMV bemüht sich parallel gemeinsam mit dem Sozialverband um die Integration des Taxis in die Sozialgesetzgebung.
Der Bremer Ingo Heuermann konnte mit einer NUR-Quote von 11,5 Prozent (54 NUR-Taxis bei insgesamt 466 Taxis) etwas Optimismus verbreiten, denn im kleinen Stadtstaat ist gleichzeitig auch ein Rollstuhl-Zuschlag mit den Krankenkassen vereinbart. In Bremen könne man so tatsächlich auch kurzfristig ein NUR-Taxi beispielsweise für einen spontanen Kinobesuch ordern.
Hoffen wir mal, das das Bremer Verhandlungsgeschick bald auch in anderen Städten und Gemeinden erzielt wird. Kinos gibt es schließlich überall.
Beitragsfoto: Axel Rühle
Für NUR-E-Taxen wäre der eVito die einzig brauchbare Lösung, diese wird von Mercedes aktiv verhindert. Alles anderen Hersteller liefern nichts, was man sinnvoll einsetzen könnte. Ja, ich habe mehrere E-Fahrzeuge im Einsatz und NUR-Taxen haben in meiner Region einen Marktanteil von 30%.