Die kürzlich bekannt gegebene Kooperation zwischen der Taxi-Autozentrale Stuttgart und dem App-Vermittler Free Now stößt bei der Taxi Deutschland eG, dem Verbund deutscher Taxizentralen, auf harsche Kritik.
„Taxizentralen sollten sich sehr genau überlegen, ob sie dem Werben der App-Plattform nachgeben und sich auf eine Kooperation mit Free Now einlassen“, warnt Marten Clüver, Vorstandsvorsitzender der Taxi Deutschland Servicegesellschaft für Taxizentralen eG. Man dürfe die Historie dieses Unternehmens nicht vergessen.
„Als man vor vielen Jahren mit der App `mytaxi´ auf den Markt kam, war es das erklärte Ziel, die Taxizentralen überflüssig zu machen“, blickt Clüver zurück. mytaxi habe damals Einzelverträge mit den Taxiunternehmern gemacht und nur an sie dieselben Kunden vermittelt, die man mit teuren Marketingaktionen den Taxizentralen entzogen habe.
„Das damalige Versprechen, dass man mit der App eine neue, junge Taxiklientel der Branche zuführe, erwies sich als falsch“, sagt Clüver. „In Wahrheit wurden die Bestellungen lediglich umverteilt. Aber mit dem Unterschied, dass die Vermittlungsprovisionen, die von den Taxibetrieben pro Auftrag an Free Now bezahlt werden mussten, teurer waren und dieses Geld dem Taxigewerbe entzogen wurde. Bei Taxizentralen, die größtenteils genossenschaftlich strukturiert sind, bleiben die Teilnehmergebühren der Taxibranche erhalten, in dem die Zentralen damit ihre Werbung und gewerbepolitischen Aktivitäten finanzieren. Bei Free Now wird das Geld für teure Rabattaktionen verwendet und die Gewinne fließen direkt zu den Stakeholdern und Kapitalgebern.“
Man dürfe, so Clüver weiter, auch nicht vergessen, dass mytaxi kurze Zeit später dann auch noch den Taxiunternehmern die Kunden weggenommen hat, indem sie – dann schon als Free Now – plötzlich eine für die Fahrgäste billigere Mietwagenvermittlung angeboten haben. „Free Now wollte Uber kopieren und hat die Taxikunden in die Mietwagenvermittlung geholt und die Fahrten an jene dubiosen Mietwagenunternehmer vermittelt, die sich schon bei Uber an keine Regeln gehalten haben. Die Leidtragenden waren dann diejenigen Taxiunternehmer, die sich von mytaxi / Free Now abhängig gemacht hatten und dann plötzlich zusehen mussten, wie die von ihnen aufgebaute Kundschaft plötzlich in Mietwagen eingestiegen ist. Free Now Fahrer wurden genötigt, im Mietwagen mit weniger Bruttoumsatz und wegen der 19% Mehrwertsteuer noch weniger Nettoumsatz mehr Fahrten zu machen.“
Man dürfe sich laut Clüver auch nicht davon täuschen lassen, dass Free Now vor kurzem angeblich die Kehrtwendung bei der Mietwagenvermittlung vollzogen hat und die Fahrten jetzt wieder zum Taxi zurückholt. „Wir kennen doch alle die Berichte über die Verhältnisse in Berlin und den immensen Schaden, den Free Now, Uber und Bolt dort mit ihren Geschäftsmodellen verursacht haben. Anstelle einer wirtschaftlich gesunden Taxibranche beherrschen dort Mietwagenbetriebe aus der organisierten Kriminalität den Markt. Und in vielen anderen Großstädten ist es doch nicht anders!“
Marten Clüver, der auch im Vorstand der großen Frankfurter Taxigenossenschaft ist, ist sich sicher: „Das erträumte Mietwagen-Versprechen auf noch mehr Provisionen war ein unternehmerisches Desaster für Free Now. Und auf die vielen kleinen Taxiunternehmer und die Fahrerschaft haben sie jetzt auch keine Lust mehr. Diesen arbeitsintensiven Job sollen doch bitte weiter die Taxizentralen machen. Und Free Now will nur noch abkassieren!“
Marten Clüver verweist darauf, dass die Taxizentralen mit den Apps „Taxi Deutschland“ (die Vorgänger App „Dein Taxi“ war damals übrigens die erste auf dem Markt), „cab4me“ und „taxi.eu“ längst eigene Taxi-Apps etabliert. „Diese drei Gewerbe-Apps werden künftig mit einer einheitlichen Technologie und somit überall und gleich gut funktionieren“, kündigt Clüver an und appelliert daher: „Wir Taxizentralen sollten uns lieber noch mehr engagieren, um diese Apps zu stärken, anstatt Kooperationen mit einem Plattformanbieter einzugehen, der Partnertreue bereits mehrfach mit den Füßen getreten hat.“
Das Beitragsfoto zeigt den Messestand von Taxi Deutschland bei der Europäischen Taximesse 2024. Foto: Axel Rühle
Der Schlussatz: „… Wir Taxizentralen, sollten uns stärken engagieren …“ ist die wichtigste Botschaft und Selbsterkenntnis. Wenn die das vorher mal gemacht hätten und nicht nur ständig andere, schlaue technische Modelle nur verteufeln würden, hätten die Kunden mehr Treue gewahrt. Es hilft nun mal nichts, die erste App zu installieren und Jahrzehnte weinig daraus zu machen. Bisher tröpfelt es nur in der Verbesserung.
Ja die Einsicht kommt spät, aber dieses ewige Einzelkämpferdasein der Taxizentralen muss aufhören.
Man muss deutschlandweit an einem Strang ziehen, siehe Krankenfahrzeuge, da will freenow jetzt auch rein.
Bei den Fotos muss ich gezwungener Maßen an „alte weisse Männer“ denken. Bei dem geplanten Stückwerk sehe ich schwarz. Warum zur Hölle eiern die in ihrem Brei herum anstatt eine flächendeckende, einheitliche Lösung anzustreben.
Die technische Zusammenführung der drei Apps ist zu begrüßen, die Beibehaltung von drei Namen für ein und dieselbe App, cab4me und taxi.deutschland sind ja eh schon 1:1 baugleich, erscheint ein wenig mutlos und ist angesichts der Entwicklungen falsche Rücksichtnahme auf Bestandskunden der drei Vermittlungssysteme von gefos, seibt+straub, sowie fms.
Bitte unbedingt eine Einigung auf einen Namen, ein Logo und einen Markenauftritt herbeiführen. Alles Andere verschwendet wertvolle Zeit und lässt die Progressiven Unternehmer und Zentralen deutschlandweit weiter allein zurück!
Mit Sicherheit hat Herr Clüver in allem was er über die Vergangenheit berichtet recht. Was mir in dem kompletten Artikel fehlt ist die Perspektive für den einzelnen Taxiunternehmer.
In einer sich immer schneller wandelnden Welt kann man nicht immer nur nach hinten schauen. Unsere Welt ändert sich und wir müssen bereit sein uns auch den Gegebenheiten anzupassen. Was hat man Jahrelang in den Großstädten gegen diese Konzerne gemacht? Am Ende des Tages entscheidet der Kunde wenn er für seine Beförderung nutzt. Wenn die Taxizentralen keine Kooperationen eingehen, bleiben sie zum Schluss nur mit zeitintensiven Aufträgen die in der Gesamtheit keinen zufriedenstellenden Erlös für den Unternehmer bilden und somit wendet sich der Unternehmer von der Taxizentrale ab. Wer ernsthaft glaubt das die Zentralen auch nur Ansatzweise das Marking in der Höhe von Uber oder Freenow aufbringen können um die Bekanntheit von den hauseigenen Apps zu platzieren, hat mit der Realität wenig zu tun. Die Debatte erinnert mich an den Film „der eiserne Gustav“. Die Kutsche wurde trotzdem ersetzt. Also hört auf mit Emotionen die Zentralen unter Druck zu setzen. Jede Zentrale kennt ihre Gegebenheiten und entsprechend dem Willen ihrer Mitglieder wird entschieden.
Ich stimme AM zu!
Ich erkenne gar keine Änderung zu dem bisherigen Status.
Das ist keine einheitliche Lösung die das Gewerbe so dringend benötigt.
So wird das nichts und die Großzentralen werden weiter bröckeln bis sie zerfallen.
Setzt Euch endlich mit allen Softwareanbietern an einen Tisch und macht was ordentliches, anstatt nur aus städtischer- bzw. Großzentralensicht draufzuschauen!
Ja: Klare Einheitlichkeit, aber hohes (jedoch möglichst günstiges !!!!!) Niveau ! Ohne nerviges Beleidigtsein zusammenarbeiten.
In einem Personenbeförderungsmarkt, auf den globale politische, wirtschaftliche und industrielle Interessen einwirken und wo sich ein weltweiter Wettbewerb um KI-gesteuerte autonome Vermittlungsprogramme entwickelt hat, sind die Interessen eines Taxiunternehmers oder einer traditionellen Taxizentrale nachrangig.
Allerdings erweist es sich als stark hinderlich, dass das komplette Taxigewerbe berufsbedingt mit einer ausgeprägten Einzelkämpfer – Mentalität versehen ist, im Kleinen wie auf der Straße, wie im größeren Stil bei den Taxizentralen, als auch bei den bundesweiten Taxiverbänden ist diese Eigenart auffällig vertreten.
Versuche dagegen auszubrechen gab es in der Vergangenheit mehr als genug. Beispielsweise seien die Bemühungen um eine Taxi-Europa AG (Taxi.eu) genannt, oder auch die FFTD Idee, einen bundesweiten Verband mit einer „App der Taxifahrer“ zu kombinieren.
Ich begrüße jedenfalls die „Test“-Kooperation von FreeNow mit der TAZ Stuttgart. Hier wird sich zeigen, ob und wie viel an der neuen FreeNow Strategie „zurück zum Taxi“ tatsächlich dran ist. Wenn hier die Taxi-Zentrale federführend ist und FreeNow seine eigenen Aufträge an Taxizentralen verkauft und mit diesem Geschäftsmodell die eigene „Superapp der Mobilität“ aufwertet, monetär wie strategisch, dann ist es keine abwegige Entwicklung für das Taxigewerbe.
Allerdings begleiten mich hierbei noch arge Zweifel an der Leutseligkeit der FreeNow Konkurrenz. Man kann zwar davon ausgehen, dass die Konzernspitze unzufrieden mit der Bilanz Entwicklung von Intelligent-Apps ist und hier klare Vorgaben macht und dass auch der Wettbewerb mit Uber, Bolt und Co. argen Druck ausübt, aber ob FreeNow wirklich geläutert ist und kooperativ auf das Taxigewerbe zugeht, wird sich mit der Zeit zeigen.
Leider wird hier Ursache und Wirkung vertauscht.
Als Taxiunternehmer hatte ich schon immer den Wunsch, nur für das zu zahlen, was ich als Dienstleistung auch bekommen. Die Höhe der Kosten sind hier nur sekundär. So wie bei meiner Dienstleistung auch. Und diese Lücke hat Mytaxi genutzt, bzw. danach schamlos ausgenutzt.
Wenn die Zetralen das gleiche Angebot gemacht hätten, wäre kein UNtternehhmer von „seiner“ Zentrale weg gegangen und Mytaxi hätte keine Ware im Regal gehabt.
Vielleicht gibt es jetzt ein Besinnen, wo der Wolf schon im Haus der Großmutter sitzt.
Wer mit my taxi oder free now kooperiert hat, spuckte sich lediglich selbst vor die Füße. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Marten Clüvers Bauschmerzen verstehe ich. Allerdings sind sie sehr von der Vergangenheit geprägt. Offensichtlich hat Freenow nun eine glaubhafte Abkehr vom Mietwagen begonnen, was zunächst einmal gut ist.
Um die notwendigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, muss man sich aber im wesentlichen mit zwei traurigen Wahrheiten auseinandersetzen: Zum einen haben wir im Mobilitätsbereich keine App, die sich am Markt richtig durchsetzen konnte. Es mag da viele Gründe und Versäumnisse gegeben haben – die Tatsache bleibt dennoch bestehen. Zum anderen haben wir für Kliniktransporte keine bundeseinheitliche Regelung im Angebot. Die gibt es jetzt aber mit Qrago aus Stuttgart.
Dass dieser Anbieter keine Lust dazu hatte sich mit jeder einzelnen Zentrale auseinanderzusetzen und stattdessen einen Großanbieter bevorzugte, ist sehr, sehr ärgerlich, aber nachvollziehbar. Als einzige Partner wären – wie bei der Deutschen Bahn – da die Taxiverbände in Frage gekommen. Warum die nicht ins Spiel kamen vermag ich nicht zu beurteilen.
Jetzt sind auch hier die Würfel gefallen: Zum Glück kamen nicht Uber oder Bolt ins Spiel, sondern die Taxi-App Freenow. Dieses Marktsegment bleibt also zunächst einmal beim Taxi.
Die städtische Zentralen haben zwei Möglichkeiten: Die Zusammenarbeit mit Freenow ablehnen. Mit absehbaren Folgen: Es werden mehr und mehr Unternehmer zu Freenow wechseln und die Zentralen verlassen. Oder aber Zusammenarbeit, was (zunächst) einmal den Auftragsbestand wahrt.
Insofern ist der Stuttgarter Versuch mutig, aber auch folgerichtig.
In beiden Fällen ist aber auch klar, dass die Taxen in Zukunft mehr und mehr für Vermittlungen bezahlen müssen. Überzeugende Alternativen kann ich aber nicht erkennen.
Und unsere vornehmliche Aufgabe als Zentrale ist es den Unternehmer weiterhin zuverlässig mit Aufträgen zu versorgen. Da hat Stuttgart zunächst einmal das Richtige getan.
Jammerschade, was aus der „Super-App für Mobilität“ geworden ist. Das ständige hin und her, die Gewinnerwartungen der letzten Investoren sowie Managementfehler und schlechtes Backoffice, treiben uns MU als Ride-Fahrdienste auch noch weg!
Dabei war Free Now „die wichtigste Mobilitäts-Plattform“ die anderen Vermittlungsplattformen am Markt paroli bot.
Als Multi-App-Sourcer finde ich meine Stammkunden jetzt auf besseren Vermittlungsplattformen wieder.
Das kann sich immer wieder und rasant schnell ändern und jeder Einzeln tut gut daran, sich unabhängig von allem eine eigene Stammkundschaft aufzubauen – viel Erfolg dabei, denn auch die Taxizentralen nehmen viel zu viel und bringen…?