Das spanische Verfassungsgericht hat die 30-Minuten-Regelung für Uber & Co. auf den Balearen für nichtig erklärt. Die Richter sahen in der 30-minütigen Karenzzeit eine unrechtmäßige Benachteiligung der VTC-Fahrzeuge.
Wie das „Mallorca-Magazin“ berichtet, sahen die Richter in Madrid in dem balearischen Gesetz eine „nicht gerechtfertigte Maßnahme“ und dadurch entstehende Wettbewerbsnachteile für die Chauffeurdienste. Deshalb entfällt mit sofortiger Wirkung die bisher geltende (und als gut funktionierend bestätigte) Vorlaufzeit für „Vehículos de Transporte con Conductor“ (Mietwagen mit Fahrer, VTC) von einer halben Stunde.
Die Verfassungsrichter haben das entsprechende Dekret der autonomen Gemeinschaft der Inselgruppe der Balearen für nichtig erklärt, das Mietwagen zur Annahme von Aufträgen mit 30 Minuten Vorlaufzeit verpflichtete. Laut einer Meldung der Zeitung „Ultima Hora“ sei das Urteil einstimmig ausgefallen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das 2019 erlassene Dekret gegen geltendes Recht verstoßen und VTC-Unternehmen „in ihrem einzigen Tätigkeitsfeld ungerechtfertigt benachteiligt“ hätte.
Die VTC-Unternehmen Ares Capital und Aucona Servicios Integrales hatten gegen die Regelung geklagt. Nachdem der Oberste Gerichtshof der Balearen das Gesetz zunächst bestätigt hatte (Taxi Times berichtete), verwies der Oberste Gerichtshof Spaniens die Sache aufgrund rechtlicher Bedenken an das Verfassungsgericht. Dieses sei jetzt zu dem Schluss gekommen, dass die Maßnahme ungerechtfertigt und nicht dazu geeignet sei, eine Balance zwischen dem Taxi- und dem VTC-Sektor herzustellen.
Die Verfassungsrichter betonten in ihrer Urteilsbegründung, dass die Vorbestellfrist für Mietwagen keinen effektiven Verbrauchervorteil biete und die Tätigkeit der VTC-Unternehmen ohne ausreichende Begründung einschränke. Sie räumten gleichzeitig ein, dass ein Ausgleich zwischen beiden Sektoren ein legitimes Ziel sei, kritisierten aber, die zuständige Behörde der Balearen habe nicht ausreichend begründet, warum eine Frist von ausgerechnet 30 Minuten gewählt worden war.
Eine vergleichbare Regelung in den drei Provinzen des spanischen Baskenlandes, dort allerdings ohne Gesetzesrang, war vom Obersten Gerichtshof bereits zuvor für ungültig erklärt worden.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist aus Sicht der Taxibranche eine große Enttäuschung, da mit ihr die wichtigste Beschränkung für VTC-Dienste auf den Balearen entfällt, was erhebliche Auswirkungen auf die Branche haben dürfte. Über eine Karenzzeit für Mietwagen wird auch in Deutschland diskutiert. Der balearische Erfolg gegen den Wildwuchs durch Mietwagen war europaweit als Meilenstein gesehen worden. Auch innerhalb Spaniens rief die Nachricht vom Urteil aus Madrid am Dienstag laut „Mallorca-Magazin“ unterschiedliche Reaktionen hervor: „Während einige das Ende des Taxi-Monopols begrüßten, kritisieren andere die Entscheidung als Versuch, Interessen von Einzelnen zu schützen.“
Das Online-Portal liefert dazu auch Hintergrundinformation: Der Konflikt zwischen traditionellen Taxiunternehmen und VTC-Diensten wie Uber oder Cabify sei in Spanien seit Jahren ein kontroverses Thema. Viele Städte und Regionen hätten versucht, den VTC-Sektor zu regulieren, um das Taxigewerbe zu schützen. Ähnlich wie in Deutschland und anderen Ländern werden solche Regelungen jedoch häufig von Mietwagenunternehmern und auch von Verbraucherverbänden angefochten, die darin eine ungerechtfertigte Einschränkung des freien Wettbewerbs sehen. Es wird befürchtet, dass das aktuelle Urteil richtungsweisend für ähnliche Regelungen in anderen spanischen Regionen sein könnte. ar
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