Seit Anfang Oktober liegt ein Referentenentwurf zu einem Beschäftigtendatengesetz vor. Zweck des neuen Gesetzes sei es, den Schutz der Beschäftigtendaten zu stärken und klare Handlungsrichtlinien für Arbeitgeber zu schaffen. Viele fürchten jedoch neue bürokratische Hemmnisse und aus Taxlersicht klingeln, speziell beim Thema Ortung, sofort die Alarmglocken. Muss so ein Gesetz also wirklich sein?
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium für Inneres (BMI) haben einen Referentenentwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz (BeschDG) in die Ressortabstimmung gegeben. Der Entwurf will Arbeitsverhältnisse für eine digitale Zukunft fit machen. Er will Voraussetzungen für Datenverarbeitungen, Schutzmaßnahmen zur Wahrung der Grundrechte der Beschäftigten, Beweisverwertungsverbote, Löschpflichten im Bewerbungsverfahren oder aber auch die Überwachung von Beschäftigten, speziell verdeckte Überwachung, Videoüberwachung und Ortung regeln. Den meisten Arbeitgebern mit mobilen Arbeitnehmern rollen sich hier gefühlt sofort die Fußnägel hoch und Arbeitsrechtsanwälte feiern wohl schon jetzt ein inneres Laubhüttenfest.
Auf den ersten Blick klingt der Name des Gesetzesplanes wohl schlimmer, als es seine Umsetzung tatsächlich ist. Viele der neuen Vorschriften fassen lediglich den aktuellen Stand des Datenschutzrechtes sowie die diesbezügliche Rechtsprechung zusammen. Allerdings verbergen sich die verbleibenden Gefahren des Vorhabens. Der Gesetzesentwurf wird nun zwischen den politischen Parteien und Interessengruppen diskutiert und hoffentlich noch reduziert und verbessert, bevor er in geltendes Recht umgesetzt wird.
Neben den allgemeinen Pflichten als Arbeitgeber zum Beschäftigtendatenschutz interessieren dabei aus Taxlersicht vor allem die geplanten Regelungen zum Thema der Videoüberwachung und zum Thema der Ortung. Zur Videoüberwachung heißt es in dem Referentenentwurf – gemäß der aktuellen Gesetzeslage -, dass nur Bildaufzeichnungen, nicht aber Tonaufnahmen erlaubt sind. Mögliche Tonaufnahmefunktionen seien daher dauerhaft zu deaktivieren. Das ist bisher ebenfalls Rechtslage. Zusätzlich sei in technischer Hinsicht allerdings darauf zu achten, dass bei der Videoüberwachung Bereiche oder Personen auszublenden und unkenntlich zu machen sind, die für die Zweckerfüllung nicht erforderlich sind. Diese Regelung ist in ihrer Klarheit neu.
Eine Videoüberwachung sollen Arbeitgeber beispielsweise durch Piktogramme erkennbar machen und die erhobenen Daten spätestens nach 72 Stunden wieder löschen. Dauert die Speicherung länger, muss der Arbeitgeber die Gründe für die weitere Speicherung dokumentieren. Wer also heute schon Dashcams oder Innenraumkameras installiert hat, sollte genau prüfen, ob deren Funktionen auch zukünftig noch gesetzeskonform arbeiten. Beide Systeme sind zwar in der Regel nicht zum eigentlichen Zweck der Mitarbeiterüberwachung im Einsatz. Nichtsdestotrotz möchte wohl niemand darüber diskutieren müssen, ob das installierte System in den Fahrzeugen von heute auf morgen infrage gestellt werden sollte.
Ähnlich ist wohl der Paragraf 22 des neuen BeschDG zu werten, der die Ortung von Beschäftigten regelt und enge Bedingungen für deren Zulässigkeit setzt. Die Ortung ist danach nur erlaubt, wenn sie einen klaren Zweck hat, der für das Beschäftigungsverhältnis erforderlich ist. Beispielsweise zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten, zur Wahrung betrieblicher Interessen oder zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten. Alle Voraussetzungen liegen im Taxileben grundsätzlich vor, insofern schränken sie die aktuelle Ortungspraxis im Gewerbe nicht ein. Zusätzlich müssen Ortungsmaßnahmen zukünftig aber zwingend erkennbar sein, was im Zweifel eine entsprechende Dokumentation der Kenntnisnahme, beispielsweise im Arbeitsvertrag, erfordert. Und falls der Arbeitgeber einen ortungsfähigen Gegenstand zur privaten Nutzung überlässt, soll der Beschäftigte die Möglichkeit haben, die Ortung während der privaten Nutzung zu deaktivieren. Hier sind dann also die Betreiber von Laternentaxis gefordert und gleichzeitig ihrer Kontrolloption beraubt.
Darüber hinaus soll im Gesetz noch ein Verwertungsverbot von Beschäftigtendaten geregelt werden. Demnach dürfen nur datenschutzrechtlich absolut sauber erhobene Daten auch arbeitsrechtlich genutzt werden. Unrechtmäßig erhobene Daten dürfen – bis auf wenige Ausnahmen – in einem gerichtlichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit personeller Maßnahmen nicht mehr als Beweismittel genutzt werden. Darüber hinaus wird auch eine enge Zweckbindung der personenbezogenen Beschäftigtendaten festgelegt. So dürfen Beschäftigtendaten parallel zu ihrer Hauptfunktion nicht gleichzeitig zur Leistungskontrolle erhoben oder zweckentfremdet werden. Zufallsfunde bleiben nach momentaner Einschätzung der Fachleute wohl weiterhin ausgenommen und verwertbar. Die Entwurfsbegründung führt diese enge Zweckbindung auf das erhebliche Missbrauchspotenzial arbeitgeberseitiger Überwachungsmaßnahmen zurück. Weshalb sie es wohl auch in die endgültige Version des Gesetzesvorhabens schaffen wird – falls dieses umgesetzt wird.
Soweit also eine Kurzanalyse des Gesetzesvorhabens aus Taxlersicht. Allein die Alltagsrealitäten um den Taxikonkurrenten Uber beweisen immer wieder aufs Neue, dass gesetzliche Regelungen allein nicht immer als Handlungsrichtlinie ausreichen, wenn wirklich scharfe Optionen zur Durchsetzung fehlen. Gerade beim Thema der digitalen Disposition wird sich entscheiden, welche Angebote in der gewerblichen Fahrgastbeförderung zukünftig ökonomisch realisierbar sind und welche nicht. Ein neuerlicher Hemmschuh in Form von realitätsfern ausformulierten Datenschutzregelungen in der Ortungslogistik täte deshalb besonders weh. Der Ansatz, alle Datenschutzregeln, vor allem die hier nicht diskutierten, noch einmal in einem Gesetz zusammenzufassen, bedeutet im Übrigen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass die Vorschriften schon zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens veraltet sein werden. Allein aus dieser Warte ist also schon das gesamte Vorhaben vorsichtshalber abzulehnen, denn ein gesellschaftlicher Gewinn scheint nicht erkennbar. rw
Beitragsfoto: Grafik Remmer Witte