Die Krankenkasse DAK versucht, mit Einzelverträgen die bisherigen Entgelte um 20 Prozent zu drücken. Dagegen wehren sich der Fachverband und die Taxibetriebe mit zunehmender Dynamik. Auch die Genehmigungsbehörden werden nun in die Pflicht genommen, die DAK in die (Rechts-)Schranken zu weisen.
Nachdem die DAK den gültigen Rahmenvertrag mit den hessischen Taxi- und Mietwagenunternehmen zum Jahreswechsel gekündigt hatte, wurden den einzelnen Unternehmen Einzelvereinbarungen offeriert, die weit unter den bisherigen Vergütungssätzen liegen. Ein auskömmlicher Betrieb ist für die Unternehmen mit den im Titelbild gezeigten Konditionen jedoch nicht möglich. Daher haben hessische Taxibetriebe eine „Interessengemeinschaft (IG) für faire Vergütungen von Krankenfahrten für die DAK Gesundheit“ gegründet, der sich dank der Unterstützung durch den örtlichen Fachverband PKW-Verkehr Hessen (FPH) bis letzte Woche schon über 200 Unternehmen angeschlossen haben und deren Mitgliederzahl mittlerweile auf 300 angestiegen ist (Taxi Times berichtete).
Nachdem man sich schon darauf eingestellt hatte, dass DAK-Versicherte zukünftig selber ihre Fahrtkosten bei der DAK zur Erstattung einreichen müssten, scheint jetzt kurz vor dem Jahresende doch noch Bewegung in die Sache zu kommen. In dem Bericht einer großen hessischen Tageszeitung lässt sich die DAK zitieren, dass sie ihren Versicherten zusagt, dass es keine Engpässe in der Fahrgastbeförderung für die DAK geben werde. Das könnte daran liegen, dass die DAK den gekündigten Betrieben zugesagt hat, zunächst einmal noch zu den alten Konditionen abrechnen zu dürfen, wie ein Initiator der Interessengemeinschaft gegenüber Taxi Times bestätigte. Eine andere Deutung könnte sein, dass die DAK der Überzeugung ist, jetzt doch ausreichend Vertragspartner gefunden zu haben, die zu den von ihr vorgegebenen Konditionen fahren wollen. Dies dürfte aufgrund der Vielzahl an Unternehmen, die sich mittlerweile der Interessengemeinschaft angeschlossen haben, aber unwahrscheinlich sein.
Der Fachverband Personenverkehr Hessen (FPH) begnügt sich allerdings nicht damit, medialen Druck auf die DAK aufzubauen. Parallel versucht der Geschäftsführer Mathias Hörning auch, die Aufsichtsbehörden ins Boot zu holen. Er informierte die hessischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden darüber, dass die DAK hessische Taxibetriebe in die Existenznot treibe und geltendes Recht untergrabe. Die Krankenkasse DAK Gesundheit versuche demnach offenbar, hessische Taxiunternehmen, die der Tarifpflicht in ihren jeweiligen Pflichtfahrgebieten unterliegen, durch Knebelverträge für Krankenfahrten zur Umgehung geltender Vorschriften zu drängen.
Die FPH führt dazu ein Beispiel aus Kassel an: Nach dem behördlich festgelegten Taxitarif der Stadt Kassel erhalte ein Taxibetrieb im Pflichtfahrgebiet für 5 Besetztkilometer 14,50 Euro, also 24 Prozent mehr als das, was die DAK derzeit anbiete. In Ballungsgebieten wie Frankfurt lägen die behördlich festgesetzten Taxitarife nochmals deutlich höher. Die DAK fordere mit ihren Verträgen also Preise ein, die deutlich unter den gesetzlich vorgeschriebenen Taxitarifen in den jeweiligen Pflichtfahrgebieten liegen. Durch solche Dumpingforderungen setze die DAK Gesundheit nicht nur die wirtschaftliche Existenz vieler Taxiunternehmen aufs Spiel, sondern verlange von diesen, geltendes Tarifrecht zu missachten, sollten sie auf diese Bedingungen eingehen.
Der FPH fordert daher die hessischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden auf, ihrer Kontrollfunktion nachzukommen. Mathias Hörning, Geschäftsführer des FPH richtet seinen dringenden Appell an die hessischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden, hier schnellstmöglich einzuschreiten und die unzulässigen Vertragsofferten der DAK Gesundheit an die hessische Taxibranche zu untersagen, bevor die Taxiunternehmen in Hessen von einer marktbeherrschenden Krankenkasse über Knebelverträge in die Illegalität gedrängt werden.
Die Krankenfahrt-Abrechnungsspezialistin Gisela Spitzlei unterstützt die hessischen Unternehmer bei ihrem Kampf mit einem Post in der vielgelesenen Taxi-Times-WhatsApp-Gruppe. Sie schreibt: „Wenn die Unternehmer zusammenhalten, kann hier der nötige Druck entstehen“ Gerade in Hessen müssten sich alte Unternehmer erinnern, wozu das Nachgeben und Unterschreiben der Dumpingpreis-Angebote geführt habe. In den neunziger Jahren hatte die AOK Hessen genau das gleiche Spiel gespielt. Statt zusammenzuhalten wurde damals – von Angst getrieben und auch wegen des Hinweises, dass die anderen ja unterschrieben hätten – auf den miserablen Preis eingegangen. Der Leiter der AOK brüstete sich (damals) stolz damit, man sei halt nicht dafür da, die überbordenden Gewinne des Gewerbes zu finanzieren. Die Folgen seien noch heute zu spüren. „Macht darum nicht den gleichen Fehler erneut“ mahnt Spitzlei und ermuntert: „Zusammen seid ihr stark. Jede Fahrt, für die keine Abrechnung nach einem fairen und wirtschaftlichen Vertrag direkt abgerechnet wird, bedeutet auch für die DAK erheblichen Verwaltungsaufwand. Anstatt leicht zu verarbeitende DTA Sätze nutzen zu können, müssen die Daten nun von den Mitarbeitern der DAK eingepflegt werden. Sparen ist dann auch für die Kasse nicht wirklich drin.“
Gleichzeitig stellt Spitzlei in ihrem Post auch die vermeintliche Sparoption in Bezug auf Krankenfahrten für die Kassen infrage. Sie schreibt: „Wie will man denn die hohen Kosten, die unter anderem durch politische Entscheidungen verursacht sind, auffangen? In dem man die Position, die gerade einmal ein halbes Prozent der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen darstellt, mit Dumpingpreisen beglückt? Auch wenn hinter diesem halben Prozent mehr als 40 Millionen Fahrten stehen: Dort zu sparen und damit Unternehmer in den Ruin zu treiben bedeutet langfristig, den Bedarf nicht mehr mit preiswerten Beförderern zu decken, sondern die jetzt schon explodierenden Kosten im Rettungsdienst unbezahlbar zu machen. Das nun beschlossene Krankenhausreformgesetz mit seinen Spezialisierungen und Behandlungszentren wird den Bedarf an Fahrten auch noch erhöhen. Was nützt das tollste Zentrum mit Spezialisten, wenn die Patienten keine Möglichkeit haben, dorthin zu kommen?“
Spitzleis Appell an die Branche: „Wehrt euch, und zwar auch unsere Kilometermillionäre. Was nützen euch viele Fahrten, wenn nichts dabei übrig bleibt? Wir fahren kein Stückgut, sondern Menschen in einer physischen und psychischen schwierigen Lebenslage und diese tolle Leistung verdient faire und wirtschaftlich tragbare Vergütungen. Mit Klatschen und Loben kann man kein Auto kaufen, keinen Tank füllen und Mitarbeiter anständig bezahlen.“ rw
Anmerkung der Redaktion: Die DAK hätte sich sicherlich ruhigere Weihnachten gewünscht. Der Widerstand gegen das Preisdumping der Krankenkassen bei Krankenfahrten, allen voran der DAK, ist längst überfällig. Sollten die hessischen Taxibetriebe damit Erfolg haben, wäre das ein wichtiger Game-Changer mit bundesweiten Signal. Und es sollte gleichzeitig ein guter Vorsatz für alle Taxiunternehmer in der Republik und noch mehr für die verantwortlichen Verbandsfunktionäre sein, im Jahr 2025 auf den hessischen Zug aufzuspringen.
Auszug aus den Appellen zum Beitritt zur IG für faire Vergütungen von Krankenfahrten für die DAK Gesundheit
Beitragsfoto: Collage Remmer Witte