Der Bundesverband Taxi und Mietwagen hält an der Kleinen Fachkunde fest und will den Prozess der Einführung weiter konstruktiv begleiten. Der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland will dagegen „die Notbremse ziehen“.
Der große Bundesverband und der kleinere Dachverband haben gegensätzliche Aussagen dazu bekundet, was ihrer Meinung nach aus der „Kleinen Fachkunde“ werden soll, die der Deutsche Bundestag eigentlich im Zuge der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) 2021 gleich hätte mit regeln müssen, was die Abgeordneten aber bis heute nicht zustande gebracht haben. Die Verbände drängten seitdem immer wieder auf die Einführung einer niedrigschwelligen Prüfung, um eine Mindestqualifikation für angehende Taxifahrer sicherzustellen.
Ende Dezember war für den Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) dann Schluss mit der Diskussion. Taxi Times meldete am 2. Januar, dass der TMV ein Treffen mit dem Bundesverkehrsminister nutzte, um gegenüber dem Minister zu beklagen, dass es 40 Monate nach der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) „noch keinerlei Fortschritt bei der Kleinen Fachkunde gibt, inzwischen die Unternehmen alle selbst ausbilden und Behörden schon längst dazu übergehen, aus vorläufigen Genehmigungen endgültige zu erteilen“. „Aus der Sicht des TMV ist die Kleine Fachkunde in dieser Form tot.“ Man brauche kein weiteres Bürokratiemonster.
Jetzt hat der TMV mit einem Brief an den Bundesminister nachgelegt: Er sehe im vierten Jahr der ergebnislosen Diskussion keinerlei Perspektive mehr für eine Kleine Fachkunde. Man habe viel Zeit und Herzblut investiert, doch es passiere nichts. Das könne man keinem Unternehmer mehr erklären. Diese würden mangels staatlicher Aktivität inzwischen selbst ausbilden. Um nicht noch mehr sinnlose Zeit für Sitzungen usw. aufzuwenden, sollte „dieser ganze bürokratische Aufwand beendet und die Kleine Fachkunde beerdigt werden“, so TMV-Präsident Thomas Kroker.
Auch Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt sieht es an der Zeit, die „Notbremse zu ziehen“. Die Verkehrsministerkonferenz habe „verschleppt, vertagt, verschoben und keinerlei ernsthaftes Interesse an der Umsetzung der Kleinen Fachkunde gezeigt“. Die für ihn logische Konsequenz ist ein Appell an Volker Wissing: „Beenden Sie das Projekt Kleine Fachkunde so zügig als möglich.“
Ganz anders sieht man es beim Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM): Seine Position hat sich nicht verändert. „Wir unterstützen die Einführung der einheitlichen Fahrerqualifikation mit der so genannten kleinen Fachkundeprüfung“, so Geschäftsführer Michael Oppermann. Der Bundesverband habe sich frühzeitig für eine einheitliche, bundeseinheitliche und niederschwellige Prüfung stark gemacht. Dass diese bislang noch nicht umgesetzt ist, bezeichnet Oppermann als „ausgesprochen bedauerlich“. Auch nach vier Jahren mache dies die Ortskunde aber keineswegs weniger richtig. „Abweichende Positionen kleinerer Verbände sind weder neu, noch ändern sie etwas an der Position des Bundesverbands.“ Der BVTM werde den Prozess weiter konstruktiv begleiten.
Seit Abschaffung der Ortskundeprüfung besteht praktisch keine Qualifikationshürde mehr für Anwärter auf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (FzF, auch Personenbeförderungsschein/P-Schein genannt). Lediglich der Besitz eines Führerscheins seit mindestens drei Jahren, ein halbwegs sauberes polizeiliches Führungszeugnis und die gesundheitliche Eignung sind seitdem Voraussetzung zum Befördern von Personen in Taxis oder Mietwagen. Orts- und Sprachkenntnisse oder auch nur minimale Vorstellungen einer guten Dienstleistung spielen dafür bundesrechtlich keine Rolle mehr. Jeder, der mit Taxifahrgästen spricht, hat eine Ahnung davon, wie dieser Qualitätsabsturz bei der Kundschaft ankommt. ar
Beitragsbild: obere Reihe: Wolfgang Oertel (BVTM-Vizepräsident), Michael Oppermann (BVTM-Geschäftsführer), Dr. Volker Wissing (Bundesverkehrsminister), Herwig Kollar (BVTM-Präsident), Hermann Waldner (BVTM-Vizepräsident); untere Reihe: Patrick Meinhardt (TMV-Hauptgeschäftsführer), Dr. Volker Wissing, Thomas Kroker (TMV-Präsident); jeweils v.l.n.r.; Fotos: BVTM (oben), TMV (unten)