Erst gestern hatten tausende Taxler den Verkehr rund um den Altstadtring lahmgelegt. Heute wird in München wieder demonstriert. Es geht um die sofortige Einführung eines Mindestbeförderungsentgeltes. Wenn heute die SPD und die CSU dagegen stimmen, dürfte es noch viele Demos dieser Art in München geben.
In der heutigen Sitzung des Münchner Stadtrats stehen der Original-Antrag der SPD mit den Grünen für eine sofortige Einführung des Mindestbeförderungsentgeltes zur Wahl und alternativ dazu ein Änderungsantrag – ebenfalls der SPD – der einen Aufschub im weitere 12 Monate bedeuten würde. Diesen Änderungsantrag hatte die SPD erst am Montagnachmittag auf Drängen des Münchner Oberbürgermeisters eingebracht und damit den eigenen Koalitionspartner, die Grünen, düpiert und gegenüber dem Taxigewerbe Wortbruch begangen.
Ohne ein MBE für Mietwagen geht die Taxibranche innerhalb der nächsten Monate pleite. Das ist Fakt und deshalb ist eine Einführung alternativlos. Sie ist aber auch deshalb alternativlos, weil die aktuell über 2.500 Mietwagen, die in der Stadt für Plattformen wie Uber und Bolt Fahrten zu Dumpingpreisen durchführen, dieses Geschäftsmodell nur dadurch aufrechterhalten können, weil sie gegen allerlei Vorschriften verstoßen. 59 von 60 Mietwagenbetriebe – das ergaben Betriebsprüfungen des KVR – umgehen unter anderen die Rückkehrpflicht, zahlen keinen Mindestlohn und begehen Sozialversicherungsbetrug. All das erzwungen durch die niedrigen Fahrpreise, die von Uber und Bolt vorgegeben werden.
Alleine deshalb ist eine Stadt wie München verpflichtet, mit Gegenmaßnahmen wie eben jenem MBE entgegenzuwirken. Darüber waren sich die SPD und die Grünen nach dreijährigen(!) Beratungen einig. Doch nun knickt plötzlich der SPD-Bürgermeister ein, beeindruckt von einer beispiellosen Gegenkampagne von Uber und Bolt, deren Argumente allerdings auf Fake anstatt auf Fakten beruhen. Auch die Argumente, mit denen der Oberbürgermeister Dieter Reiter gestern gegenüber den Medien seinen Wortbruch zu erklären versuchte, halten einem Faktencheck nicht stand. Man könnte sie sogar als bewusste Irreführung interpretieren.
Mit dem nun eingebrachten Änderungsantrag will man das KVR beauftragen, mit den Plattformen eine Preisvereinbarung auf freiwilliger Basis abzuschließen. Dafür hat man 12 Monate Zeit. Das wären weitere 12 Monate, in denen jeder Mietwagenunternehmer gezwungen wäre, weiterhin Rechtsverstöße zu begehen und der Staat wie auch die Stadt um Steuereinnahmen betrogen würden. 12 Monate, in denen einzig und alleine die Plattformen Gewinn machen. 12 Monate, nach denen es wahrscheinlich keine Münchner Taxibetriebe mehr gibt.
Das alles ließe sich vermeiden, wenn heute in der Vollversammlung des Münchner Stadtrats die Mitglieder der SPD und der CSU nicht für den Änderungsantrag stimmen, sondern für eine sofortige Einführung des MBE. Das wäre beispielsweise möglich, indem die SPD und die CSU den Fraktionszwang aufheben. Es ist der letzte Strohhalm, an den sich die Taxibranche heute noch klammert – und wofür sie heute nochmal auf der Straße demonstrieren wird.
Wenn dieser letzte Strohhalm von den Münchner Stadträten der CSU und der SPD heute nicht ergriffen wird, dürfte es ein sehr unruhiger Sommer und ein sehr unruhiges Oktoberfest in München werden. Die Taxler haben angekündigt, ab dann mindestens einmal wöchentlich auf der Straße zu demonstrieren. Für das Oktoberfest überlege man sich zudem weitere Maßnahmen. jh
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