Vor vier Jahren trat das novellierte Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in Kraft, über dessen Änderungen lange und zäh gerungen worden war. Die Bilanz fällt sehr mau aus. Außer Festpreisen für Taxis ist nahezu nichts umgesetzt worden. Immerhin scheint nun bald die Kleine Fachkunde zu kommen, auch wenn diese nur noch vom größeren der beiden deutschlandweiten Taxiverbände unterstützt wird.
Die Bilanz des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) zum vierten Jahrestag des Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts, kurz PBefG-Novelle genannt, lautet auf ein Wort zusammengefasst: „Ernüchternd!“ BVTM-Präsident Herwig Kollar fand bei einem Online-Meeting zur Vorstellung der neuen App „TaxiTrainer“ (siehe gesonderte Meldung) wenig lobende Worte für die bisherige Umsetzung des Gesetzes.
Das offizielle Ziel des Gesetzgebers und aller Beteiligten bestand darin, nach harten Auseinandersetzungen im Vorfeld der Verabschiedung 2021 Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Die gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Mietwagen und Taxis war durch das Entstehen von Online-Plattformen mehr und mehr aufgeweicht worden. „Deshalb hat der Gesetzgeber Handlungsbedarf gesehen, der Kompromiss ist aus unserer Sicht tragbar. Der Gesetzgeber hat ganz zentrale Instrumente aufgenommen, wenn sie richtig angewendet würden, könnte das Ziel einer echten Gleichstellung von Taxi und Mietwagen erreicht werden“, so der BVTM in einer aktuellen Pressemitteilung.
In der Novelle sind neue Instrumente enthalten, die die Abgrenzung ermöglichen sollen – wie beispielsweise das Mindestbeförderungsentgelt für Mietwagen. „Der Gesetzgeber hat auch die Voraussetzung geschaffen, unter bestimmen Bedingungen auch zeitlich und räumliche Reduzierungen zu schaffen“, betonte Kollar. Sogar die Reduzierung von Genehmigungen für Mietwagen sei möglich.
Eine Beobachtung des Bundesverbandes seit der PBefG-Novelle betrifft die Auftragszahlen: Die Bestellung von Fahrten via Telefon und App über Taxizentralen in Deutschland ist seit 2023 signifikant gesunken. „In den größten deutschen Städten ist die Zahl der von Taxizentralen vermittelten Fahrten allein in den letzten zwei Jahren um 26 Prozent zurückgegangen“, so Geschäftsführer Michael Oppermann. „Wir sehen die Novelle mit gemischten Gefühlen. Das ‚Grundgesetz der Mobilität’ wurde ja 2021 geändert, um neuen Entwicklungen wie On-Demand-Verkehren und Plattformen wie Uber und Bolt einen verbindlichen rechtlichen Rahmen zu geben. Einerseits haben Kommunen jetzt die Verantwortung bekommen, das ist grundsätzlich gut. Aber andererseits nehmen die Kommunen ihre Verantwortung kaum wahr, das ist schlecht!“, konstatierte der Verband.
Der Landkreis Lörrach und die Städte Leipzig und Heidelberg haben bisher die Mindesttarife für Plattform-Mietwagen festgelegt, womit der Wettbewerb zumindest dort fair im Sinne des Gesetzes sei (wenn auch in Leipzig nun doch auf längere Dauer ausgesetzt). „Die Plattform-Mietwagen fahren aber in einigen Dutzend deutscher Städte. Und da herrscht weiter Wildwest wie vor der Novelle, weil die Kommunen ihren Job nicht machen“, betonte Oppermann.
Auch bei den Mindestbeförderungsentgelten (MBE) für Mietwagen moniert das Taxigewerbe eine so zögerliche Haltung, dass man eigentlich auch schon von Verweigerung sprechen müsste, wie es von Seiten des Bundesverbandes heißt. BVTM-Vizepräsident Hermann Waldner mahnt, die MBE seien ein nötiges Mittel für fairen Wettbewerb, Plattformen könnten es sich nicht leisten, dagegen zu verstoßen. Schon rechtlich sei dies nicht möglich, aber auch in der Öffentlichkeit würde eine Ignoranz der gesetzlichen Regelungen die Fahrdienste in ein schlechtes Licht rücken. Waldner: „Wir glauben, dass Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen das einzige Instrument zum Erhalt des Taxigewerbes sind“. Festpreise in Taxitarifen würden dagegen schon häufiger eingesetzt. Laut Waldner wird dieses Instrument auch im Wettbewerb benötigt, um Kunden zu halten. Verbindliche Festpreise seien insbesondere bei jüngeren Kunden gewünscht. In Berlin, wo Waldner die Taxizentrale betreibt, wird die vorherige Bezahlung des Fahrpreises in der App dieser Tage eingeführt.
Ein weiteres Defizit der Novelle sei die darin festgehaltene Kleine Fachkunde. Hier ist auch vier Jahre nach Verabschiedung dazu noch keine Entscheidung gefallen. Bereits 2017 war die Ortskundeprüfung für Mietwagenfahrer (und Krankenwagenfahrer) abgeschafft worden – mutmaßlich auf massiven Druck aus der Mietwagenbranche bzw. aus der Uber-Lobby auf das Bundesverkehrsministerium. Für Taxifahrer wurde sie zunächst beibehalten, was zu einem noch stärkeren Wettbewerbsnachteil der Taxibranche führte, die nun zusätzlich zum ruinösen Dumpingwettbewerb mit Nachwuchsproblemen konfrontiert war und schließlich nicht anders konnte, als – entgegen dem Qualtiätsgedanken – eine Abschaffung der Prüfung auch für Taxifahrer zu fordern.
Mit der Umsetzung dieser Forderung im Gesetz wurde aber ersatzweise eine andere fachliche Qualifikation aufgenommen: die sogenannte Kleine Fachkunde. Kollar: „Wir haben zugestimmt, weil wir uns versprochen haben, dass eine besondere Qualitätsoffensive möglich ist. Aber wir müssen jetzt ernüchtert feststellen, dass die Verwaltung dem Gesetzgeber nicht folgt.“ Nirgendwo in der ganzen Bundesrepublik ist es die Voraussetzung, dass Nachweise erbracht werden. Kollar bezeichnet dies als Skandal: „Die Verwaltungen ignorieren den Gesetzgeber.“
Nach Ansicht des BVTM ist nicht nur keine besondere Prüfung für die fachliche Qualifikation für das Fahrpersonal vonnöten. „Wir sehen das nicht nur bei der Fahrerlaubnis, wir sehen das in fast allen anderen Bereichen auch. Das Einzige, was bisher umgesetzt wurde, ist der Festpreis im Taxi und damit die Flexibilisierung des Taxitarifs“, so Kollar. Ansonsten würden alle anderen Instrumente in der Novelle von den Kommunen nicht beachtet.

Ganz anderer Ansicht bezüglich der erforderlichen Qualifikation von Fahrern ist der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV). Nachdem er wie der BVTM lange Zeit die Umsetzung eingefordert und runde Tische dazu angeregt hatte, schwenkte er auf eine resignierte Haltung um – nach dem Motto: Nun brauchen wir die Prüfung auch nicht mehr. Er vertritt seitdem gegenüber der Bundespolitik die Empfehlung, die Fachkunde nicht mehr einzuführen, da viele Unternehmen die Sicherstellung der Qualität ihres Personals – insbesondere auf dem Land – selbst in die Hand genommen hätten. Nun stelle man verwundert fest, dass die Prüfung doch noch kommen solle, allerdings unter Aussparung eines besonders wichtigen Themas, der Kundenorientierung. Eine praxisferne Prüfung, die am grünen Tisch ausgearbeitet wurde – ein solches „Bürokratiemonster“ brauche niemand, äußert sich Meinhardt in einem an Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) gerichteten Brief.
Oppermanns BVTM will die politischen und behördlichen Bemühungen zur Kleinen Fachkunde so kurz vor Ihrer Umsetzung auch weiterhin unterstützen. Er ist zuversichtlich, dass in der Personenbeförderung auch künftig Qualität gefragt sein wird. „Deshalb steht fest, irgendwann werden auch die Behörden aktiv und die Vorgabe des Personenbeförderungsgesetzes umsetzen. Dann werden die Prüfungen wieder obligatorisch. Nur auf die Freiwilligkeit zu setzen, halten wir für den falschen Weg. Es braucht leider einfach den gesetzlichen Zwang. Denn: Wir fahren nicht nur Autos, wir fahren Menschen!“ ar
Beitragsbild: Michael Oppermann, Hermann Waldner, Herwig Kollar; Fotos: Axel Rühle









führt einfach diese verdammte Prüfung ein und gut ist es. Wir brauchen wirklich Qualität und wissen (nichts kann die Ortskunde ersetzen natürlich), aber wobei selbst mit der Fachkunde hätten die neuen Fahrer keine Ahnung wie man fährt, und was der kürzeste weg ist. Aber macht bitte irgendwas, damit es nicht überfüllt ist mit 0815 Fahrern und die Branche noch mehr kaputt geht.
„…könnte eine echte Gleichstellung von Taxi und Mietwagen erreicht werden. “ soll in einer Pressemitteilung des BVTM zum novellierten PbefG stehen.
Ich kann nicht glauben, dass ausgerechnet einer der beiden bundesweiten Taxiverbände eine Gleichstellung von Taxi mit Mietwagen sieht.
Schon die gesetzliche Definition im PbefG betont die Unterschiede.
Es ist die verdammte Aufgabe unserer Verbände, genau diese existentiell und überlebenswichtigen Unterschiede herauszuarbeiten!
Durch solch unbedachte Äußerungen werden die Interessen von Uber&Co vertreten!
Hmmm, mir geht es seltsam mit mir ! Mir war es nämlich unbekannt, daß die sog. Mietwagen (welche ?) ursprünglich eine Ortskenntnisprüfung nachweisen mußten. Und dann sogar früher als Taxi gar keine mehr machen mußten. Sowie die Abschaffung solcher Prüfungen soll durch Uber & Co erreicht worden sein ???? Ich dachte immer, unsere großen Taxifirmen wären LEIDER die Betreiber solchen Unsinns gewesen ???