Aufgrund des Weisungsrechts steht es Arbeitgebern grundsätzlich frei, Arbeitszeiten festzulegen bzw. zu ändern. Allerdings dürfen bestimmte Grenzen des Direktionsrechts dabei nicht überschritten werden. Kurzfristig hilft daher oft nur wertschätzende Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Auch die Taxi- und Mietwagenbranche kennt die Situation zu Genüge: Der Dienstplan hängt bereits aus, private Termine sind geplant und plötzlich wirft eine kurzfristige Änderung alles über den Haufen. Gerade in Branchen wie Gastronomie, Pflege oder der Dienstleitung kommt es vor, dass Vorgesetzte den Schichtplan auf die Schnelle umstellen, etwa um Personallücken zu füllen. Doch wie weit geht hier das Direktionsrecht eines Arbeitgebers? Was ist mit dem Arzttermin, der seit Wochen feststeht, dem bereits bezahlten Konzertticket oder der organisierten Kinderbetreuung, wenn der Chef plötzlich den freien Tag streicht?
Paragraf 106 Gewerbeordnung regelt dazu: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.“ Im Alltag ist die zeitliche Grenze, bevor der Arbeitgeber sein umfassendes Direktionsrecht zu überschreiten droht, in der Regel die Veröffentlichung des Dienstplans. Hängt dieser aus, ist er abgesprochen oder steht im Intranet, ist dieser bekanntgegebene Dienstplan in der Regel für beide Seiten verbindlich. Eine nachträgliche Änderung stellt eine einseitige Weisung dar, die nur unter besonders strengen Voraussetzungen zulässig ist.
Basis dieser Wertung ist dabei nicht das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), sondern das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG), wo unter Paragraf 12 die Arbeit auf Abruf geregelt wird. Für diese ist dort eine Vorankündigungsfrist von vier Kalendertagen vorgeschrieben und dieses Prinzip hat das Arbeitsgericht Berlin 2012 auf reguläre Dienstpläne übertragen: „Hat der Arbeitgeber den Arbeitseinsatz per Dienstplan festgelegt, kann er nicht ohne Weiteres davon abrücken, sondern muss eine den Umständen nach angemessene Ankündigungsfrist einhalten – im Grundsatz etwa vier Tage.“
Bei insbesondere kurzfristigeren Änderungen verlangt die Rechtsprechung dann eine besondere Interessenabwägung und der Arbeitgeber darf so bei jeder Änderung zwar seine betrieblichen Interessen nach wie vor realisieren, muss aber in besonderem Maße auch die berechtigten privaten Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Ohne gewichtigen Grund ist eine kurzfristige Neufestlegung der Arbeitszeit unverhältnismäßig und damit unwirksam. Mit anderen Worten: Änderungen in letzter Minute verstoßen in der Regel gegen Treu und Glauben und haben rechtlich keinen Bestand, wenn keine wirklich überzeugenden Gründe vorliegen.
Natürlich gibt es Ausnahmefälle, in denen eine kurzfristige Umstellung eines Dienstplans trotzdem gerechtfertigt sein kann. Typische Beispiele sind etwa plötzliche Krankheitsfälle, kurzfristige Kündigungen oder auch unvorhergesehene Auftragsspitzen. Gleiches gilt für die Technik, ist das Taxi kaputt und kein Ersatz verfügbar, kann es nötig sein, Mitarbeiter vorzeitig nach Hause zu schicken und dafür Ersatzschichten anzuordnen. Allerdings muss der Arbeitgeber im Ernstfall belegen können, dass die kurzfristige Planänderung wirklich erforderlich war, um den Betriebsablauf zu sichern. Nicht ausreichend wären beispielsweise hausgemachte Probleme wie Personalmangel, schlechte Planung, vergessene Urlaubsanträge oder allgemeiner Stress im Betrieb. Kurzfristige Änderungen dürfen auch nie eine Dauerlösung sein, sondern nur als Ultima Ratio in echten Notsituationen erfolgen. Wird also fast jede Woche “spontan” am Dienstplan gedreht, liegt ein systematischer Missbrauch vor, der unzulässig ist.
Zusätzlich muss der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmer so früh wie möglich über kurzfristige, aber auch über grundsätzliche Änderungen im Dienstplan informieren. Idealerweise fragt er sogar vorab nach Ihrer Zustimmung. Es reicht nicht, einfach kommentarlos am Schwarzen Brett den Plan abzuhängen oder im digitalen System etwas umzuschreiben, ohne sicherzustellen, dass der Mitarbeiter die Änderung tatsächlich erfährt. Außerhalb der Arbeitszeit sind Beschäftigte nämlich nicht verpflichtet, ihre E-Mails oder SMS auf Dienstplan-Updates zu checken. Das Recht auf Nichterreichbarkeit schützt Mitarbeiter in ihrer Freizeit. Der Arbeitgeber muss also von sich aus dafür sorgen, dass die Info rechtzeitig ankommt.
Um die Komplexität der Abwägungsnotwendigkeit auch außerhalb der Vier-Tage-Frist zu verdeutlichen, sei hier ein Fall aus der Praxis des Arbeitsgerichts Hagen geschildert. Geklagt hatte ein Kurierfahrer mit einer 25-Stunden-Arbeitswoche (Montag bis Freitag) und täglichen Arbeitszeiten zwischen 8 und 13 Uhr. Der Arbeitgeber änderte die Arbeitszeiten und verlangte, dass er ab sofort montags bis donnerstags 20 Minuten weniger und freitags 7 Stunden mit Pause arbeiten sollte. Der Arbeitnehmer weigerte sich, hauptsächlich, weil er freitags 2 Stunden länger arbeiten sollte und reichte Klage ein. Die Ablehnung der neuen Arbeitszeiten begründete er wesentlich damit, dass die Betreuung seines Hundes so gefährdet sei.
Das Arbeitsgericht Hagen entschied hier im Sinne des Arbeitnehmers, da der Arbeitgeber die Interessen des Arbeitnehmers bei der Neuverteilung der Arbeitszeit nicht genügend berücksichtigt habe. Aus Gründen des Tierschutzes dürfe der Hund nicht so lange unversorgt bleiben. Der Arbeitnehmer könne seinen Hund nicht sieben Stunden plus Wegezeiten allein lassen. Hunde seien Rudeltiere, die bei längerfristigem Alleinsein aufgrund ihrer Urängste in Stress geraten. Zudem müsse gesichert sein, dass sie regelmäßig ihre Notdurft verrichten können. Eine anderweitige Unterbringung des Hundes (Hundesitter oder Tierpension) und die Zumutung der dafür anfallenden Kosten käme nur dann in Betracht, wenn tatsächlich gewichtige betriebliche Gründe vorlägen. Nach der Auffassung des Arbeitsgerichts Hagen war dies allerdings nicht gegeben. Zum einen suchte der Arbeitgeber sogar Fahrer für die Vormittags-Touren und zum anderen nannte er keinen wirklichen Grund, der den Einsatz des Arbeitnehmers am Freitagnachmittag rechtfertigte. (Urteil vom 16.02.2021, 4 Ca 1688/20). Anders wäre es in diesem Fall allerdings wohl gewesen, wenn der Arbeitergeber dafür einen anderen Arbeitnehmer ohne Hund zur Übernahme der fraglichen Schichten verpflichtet hätte.
Um den Betriebsfrieden zu wahren, kommt also vor allem eine gute Kommunikationskultur innerhalb des Unternehmens zum Tragen. Dazu ein Beispiel aus dem Taxialltag: bei kleineren und mittleren Betrieben kommt es beispielsweise regelmäßig vor, dass sich erst zur Feierabendzeit herauskristallisiert, dass noch eine Tour übrigbleibt, die in keine der Schichten mehr passt. Wer also soll jetzt länger fahren? Rechtlich ergäbe sich hier ein Patt, denn einerseits kann der Arbeitgeber wohl zwingende betriebliche Gründe vortragen, warum hier die Schichtzeit einmalig überzogen werden soll, und andererseits haben im Zweifel alle Mitarbeiter zwingende Gründe, warum sie entweder heute gerade nicht können oder aber nicht schon der oder die Doofe sein wollen.
Wen also soll das das Los treffen? Hier kommt die Rechtsprechung an ihre Grenzen und es bleibt nur noch die Diplomatie. Aber auch dann kann es einvernehmliche Lösungen geben, wie Babette Mahnert und Jens Marggraf kürzlich in ihrem Podcast Taxi-to-Go erarbeitet haben („Feierabendkonflikt“ vom 09.September 2025). Die beiden sind damals bewusst ergebnisoffen an das Problem herangegangen und konnten so allein auf Basis wertschätzender Zusammenarbeit tolle Vorschläge aufzeigen, wie sich auch solche Patt-Situationen möglicherweise erfolgreich auflösen lassen. Interessiert? Der Podcast Taxi-to-Go lässt sich überall dort finden, wo es Podcasts gibt. rw
Beitragsfoto: Remmer Witte









Die Realität unseres Gewerbes liegt ganz weit jenseits dieser im Grunde erstrebenswerten Planbarkeit. Trotzdem richtig. Nicht nur weil’s geltendes Recht ist.
Doch weil die Umsätze schmelzen wie Gletscher im Klimawandel, zutreffendender: gestohlen werden durch die kriminellen Pseudotaxis aus dem Mietwagengewerbe, wird diese Thematik bald bedeutungslos werden.
13 Jahre UberBolt&Co und nur minimale Fortschritte im Kampf um unsere Rechte!
Wir als Bürger sind offensichtlich auf dem Weg, unsere Rechtsordnung dem Lobbyismus dieser Demokratieverächter geschmeidig auszuliefern und nach deren Gutdünken nicht anzuwenden!
Wollen wir wirklich, dass das so weitergeht???