Was die Taxibranche seit Jahren angeprangert, wird nun auch von einer großen Tageszeitung hinterfragt: Halten Uber-Fahrer tatsächlich ihre gesetzlich vorgeschriebene Rückkehrpflicht ein? Die Antwort ist keine Überraschung und zeigt wieder einmal, wie plump sich Uber seiner Verantwortung entzieht und damit die täglichen Rechtsbrüche seiner Partner duldet.
Die Westdeutsche-Allgemeine Zeitung, kurz WAZ, hat im Selbstversuch überprüft, ob es die Mietwagenfahrer mit der Rückkehrpflicht ganz genau nehmen. Anlass dazu war kürzlich ein diesbezüglich geäußerter Verdacht von Seiten der Herner-Stadtverwaltung. Da in Herne offiziell kein Subunternehmer des Generalunternehmers Ennoo Safe Drive ansässig ist, scheint dieser Verdacht nicht ganz von der Hand zu weisen.
Um sich ein Bild von der Situation zu verschaffen, hat die Redaktion zu verschiedenen Zeitpunkten Fahrzeuge bestellt und musste feststellen, dass die App eine Wartezeit zwischen drei und maximal 11 Minuten angibt. Zu wenig Zeit, um mit einem Auto aus dem benachbarten Bochum (dort sind Uber-Partner ansässig) nach Herne zu fahren, aber Mietwagen dürfen ja erneut Fahrten annehmen, wenn Sie sich gerade auf dem Rückweg zum Betriebssitz befinden. In der WAZ-Redaktion ist man dann recht schnell darauf gekommen, dass eine Verzögerung der Rückfahrt durchaus lukrativ sein kann und erklärt damit auch die Häufung der Sichtungen von Uber Fahrzeugen im Stadtgebiet. Mal sollen die Fahrzeuge minutenlang mit eingeschaltetem Warnblinker auf der Straße stehen, oder auch im Schneckentempo über Parkplätze fahren und das ganz ohne Fahrgäste.
Die WAZ bemerkt hier ganz treffend: „So lange würden selbst Ortsunkundige nicht durch die Gegend irren.“ Permanent, so wurde bei den Recherchen festgestellt, seien fünf bis sieben Uber-Fahrzeuge im Herner Stadtzentrum verfügbar. Warum die Verletzung der Rückkehrpflicht so lukrativ für die Mietwagenfahrer ist, das zeigt ein kleines Rechenexempel.
Der wahre Grund ist, dass die Fahrten absolut unprofitabel wären, wenn das Auto immer wieder zu seinem Betriebssitz nach Bochum fahren würde. Eine Testfahrt vom Herner Stadtzentrum nach Crange kostet bei Uber 8,92 Euro. Für die Fahrt zurück zum Betriebssitz, einer Strecke von ungefähr 15 bis 20 Kilometer, würde mindestens eine Zeit von 45 Minuten veranschlagt werden. Da ist es eindeutig, dass ein Betrag von 8,92 Euro, von dem noch eine saftige Provision an Uber für die Vermittlung gezahlt wird, nicht ausreicht, um betriebswirtschaftlich lohnend zu arbeiten. Genau aus diesem Grund sind Taxis auch teurer. Ihr Tarif wird von der Stadt vorgegeben und orientiert sich an den Betriebskosten sowie am Mindestlohn und nicht an einer Gewinnmaximierung.
In Herne sind übrigens insgesamt 69 Taxis konzessioniert und immerhin 83 Mietwagen, die sich auf 18 Unternehmern verteilen. Knapp die Hälfte dieser Mietwagenflotte (41 Fahrzeuge) gehören Krankentransportunternehmen. 29 Fahrzeuge, die auch vom Wegstreckenzähler befreit sind, werden im Flughafentransfer (vier Unternehmen mit 17 Fahrzeuge), einem Busreiseunternehmen mit 11 Mietwagen und ein Limo-Service mit einem Auto, eingesetzt.
13 weitere Fahrzeuge werden von den örtlichen Taxibetrieben als Mietwagen eingesetzt. Alles also Fahrzeuge, die klassischerweise nicht für Uber-Fahrten fahren. Das wird auch von einer Uber-Sprecherin indirekt bestätigt, denn laut ihrer Aussage sollen keine Uber-Partner in Herne angesiedelt sein. Sie bestätigt auch, dass in der Fahrer-App eine „technische Lösung zur Einhaltung der Rückkehrpflicht“ integriert sei. Wie deren Funktionsweise aussieht, lässt sie allerdings offen. Erst kürzlich hatte das Kölner Landgericht eindeutig festgelegt, dass die aktuelle Ausgestaltung der UberX-App wettbewerbswidrig sei, gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verstoße und sie deshalb so nicht eingesetzt werden dürfe.
Die Herner Stadtverwaltung, so die WAZ, schließe allerdings nicht aus, Kontrollen der Rückkehrpflicht einzuführen. Mit anderen Worten, so etwas gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht, was die Mietwagen in Herne derzeit unantastbar werden lassen. Scheinbar ist eine Mietwagenkontrolle für die Stadt ungleich schwieriger durchzuführen, wenn die Mietwagen in einem anderen Kreis konzessioniert sind.
Den ortsansässigen Taxibetrieben hilft das natürlich auch nicht weiter. Wie Insider der Redaktion berichteten, sei der Wettbewerb durch Plattform-vermittelte Mietwagen eine echte Bedrohung für das Taxigewerbe. Der Umsatz sei bereits spürbar zurückgegangen. Die Einführung eines Mindestbeförderungsentgelts, wie im nahegelegenen Essen bereits geplant, würde auch in Herne die Situation sicher entspannen, aber laut einer Sprecherin der Stadt sei eine Einführung nicht geplant. Mit der Begründung, dass es schließlich in Herne keine entsprechenden Mietwagen gäbe. Dieses Argument darf aber nicht greifen, denn ein MBE darf soweiso nur das Gebiet der eigenen Kommune betreffen – und dann würde es in Herne eben auch für alle auswärtig einfallenden Fahrzeuge gelten. sg
Beitragsfoto: Auch wenn Herne auf diesem Bild eher ruhig aussieht, im Personenbeförderungsgewerbe brodelt es. Foto: pixabay








