Der Essener Taxifahrer Norbert Czwienk hat von Fahrgästen den Namen „Gentleman“ bekommen. Seine Erzählung schreit nach Nachahmung und sollte zugleich ein warnendes Beispiel für Geiz-ist-geil-Konsumenten sein.
Ein Gastbeitrag von Norbert Czwienk
Gentleman contra Heuschrecke! Persönlichkeit gegen Anonymität! Verlässlichkeit contra Rosinenpickerei! Fairer Preis gegen Lockvogelangebot! Warum „Geiz ist geil“ manchmal böse endet! Eine wahre Begebenheit vom letzten Wochenende:
Kürzlich erhielt ich von drei Damen eine Anfrage für eine Vorbestellung. Sie wollten nach einer Großveranstaltung Samstag um 0 Uhr von der Westfalenhalle in Dortmund abgeholt werden und in den Essener Süden fahren. Laut Routenplaner sind das 42,1 Kilometer. Das hätte nach Taxitarif ca. 110 Euro gekostet. Ist schon eine Hausnummer.
Für meine Stammkunden biete ich für solche längeren Fahrten immer günstige Festpreise an, seit der Kilometerpreis im Taxitarif vor knapp 2 Jahren erhöht wurde. Ich gehe dabei durchaus an meine Schmerzgrenze, um meine Stammkunden bei weiten Fahrten für ihre Treue zu belohnen.
Mein angebotener Festpreis von der Westfalenhalle Dortmund war deshalb 80 Euro. Ein wirklich hervorragendes Angebot. Die Kundin sagte dann: „Uber fährt für 40 Euro. Und man kann da jetzt auch vorbestellen.“ 40 Euro von Dortmund ist bei gewerblicher Personenbeförderung in keinster Weise machbar – wirtschaftlich nicht darstellbar. Nach Abzug von 30 Prozent Vermittlungsprovision und 19 Prozent Mehrwertsteuer verbleiben dem für Uber fahrenden Mietwagenunternehmen gerade mal 21,61 Euro Nettoumsatz. Davon können noch nicht einmal die Fahrzeugkosten gedeckt werden, geschweige denn ein Fahrer vernünftig bezahlt werden. Solche Preise führen zu Steuerhinterziehung und Sozialbetrug mit Schwarzarbeit. Wir Steuerzahler müssen dann auch noch für das Bürgergeld der Uber-Fahrer aufkommen.
Solche Preise sind Lockvogelangebote des Raubtierkapitalisten Uber, mit denen das Taxigewerbe als Wettbewerber ausgeschaltet werden soll, um dann nach Erreichung einer marktbeherrschenden Stellung die Preise nach Angebot und Nachfrage diktieren zu können. In vielen Städten auf dieser Welt hat Uber die bestehenden Taxiunternehmen inzwischen so stark dezimiert, dass die Uber-Preise aufgrund des geringen Angebots derart in die Höhe geschossen sind. Die Menschen sehnen sich nun nach den ehemals verlässlichen Taxipreisen. Da die Taxiunternehmen aber inzwischen Pleite gegangen und verschwunden sind, diktiert nun Uber die Preise und sucht sich die Fahrten aus. Das ist Rosinenpickerei. Die ehemalige Grundversorgung durch das Taxi wurde so zunichte gemacht.
Es kam dann aber am Ende in Dortmund zu einem Szenario, welches ich bereits erwartet hatte: Die Kundin rief mich nachts um halb eins aus Dortmund an, wo ich denn sei. Ich hatte allerdings inzwischen in Essen bereits andere Fahrten angenommen und konnte nun nicht mal eben nach Dortmund kommen. Kein Uber-Fahrer hat die unwirtschaftliche Fahrt von 40 Euro von Dortmund nach Essen angenommen. Die drei Kundinnen standen sprichwörtlich im Regen und kamen mitten in der Nacht nicht von Dortmund weg.
Nach der Großveranstaltung wollten hunderte Menschen nach Hause. Das führt dazu, dass der Algorithmus von Uber dann nicht mehr 40 Euro, sondern zwischen 150 und 200 Euro für so eine Fahrt verlangt: Preise nach Angebot und Nachfrage.
So wird es in Zukunft normal sein, wenn die Kunden weiterhin die Raubtierkapitalisten unterstützen und das Taxigewerbe mit unredlichen Mitteln, ständigen Gesetzesverstößen, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit kaputt gemacht wird.
Deshalb mein Tipp an meine treuen Stammkunden: Wenn Sie zu einer Veranstaltung fahren, dann machen Sie sich rechtzeitig Gedanken, wie sie von dort nach Hause kommen! Ich nehme gerne auch frühzeitig ihre Vorbestellung zu einem für den Kunden günstigen Preis an, der aber wirtschaftlich tragfähig ist. Und auf mich ist Verlass! Ich sage nur zu, was ich auch leisten kann. Ich lasse Sie nicht im Regen stehen!
Deshalb haben mir meine Fahrgäste den Namen Gentleman gegeben. nc
Beitragsbild: KI-generiert









Das ist wirklich eine gute Geschichte, die ich auch aus meinem Umfeld so ähnlich bestätigen kann. Mein Kunde sprang bis an die Decke, als die Stadtfahrt 30 € kostete. Mit Uber sei er die 120 km von Berlin bis Gerbisbach für 80 € gefahren.
Letztendlich müssen es die Kunden selbst lernen…
Angebot und Nachfrage bestimmt den Preis. Und das ist gut so!
Danke für Ihre Kommentar, aber für das Taxigewerbe trifft das nicht zu. Das Taxi unterliegt der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht. Mit diesen drei Säulen garantiert die Branche eine 24/7 Verfügbarkeit und erfüllt somit den gesellschaftspolitischen Auftrag, als Teil des ÖPNV für die mobile Daseinsvorsorge zu sorgen.
Es ist nicht „richtig so“! In der Zeiten wo Nachfrage niedrig ist ist es eine absolute Sklavenarbeit und wenn die Nachfrage hoch ist nenne ich es abzocke …. das ist das was dem Land große Schäden verursacht!!!
Liebe Redaktion,
Respekt für Eure Antwort auf den Kommentar von Olaf Priebe.
Manchmal kann man … am besten mit sturer Höflichkeit begegnen.
Aber vielleicht lernt Herr Priebe es auch noch, wenn er alt genug wird, das Taxi zu BENÖTIGEN und es dann schmerzlich vermissen wird.
Lieber Leser, danke für das Lob. Uns ist sehr wichtig, dass in diesem Forum immer sachlich argumentiert wird und vor allem, dass niemand persönlich beleidigt wird. Deshalb haben Sie sicher auch dafür Verständnis, dass wir eine Passage Ihres Leserkommentars unkenntlich gemacht haben.
Tut👍