Mit viel Aufwand installieren die Taxi-Umbauer den vorgeschriebenen Taxi-Alarm in jedes neue Taxi und mit viel Engagement kontrollieren TÜV und Dekra deren Einbau. Aber ist dieser Aufwand noch zu rechtfertigen, wo es doch längst digitalere Methoden gibt?
Diese Frage stellte Gastgeber Christian Linz an die Teilnehmer des TMV-Think-Tank in Bamberg. Linz ist Geschäftsführer des Landesverband Bayern für Taxi- und Mietwagen (LVBTM) und hatte den Think-Tank des Taxi- und Mietwagenverband (TMV) in Bamberg nicht nur hervorragend organisiert, er hatte auch noch Zeit gefunden, einen eigenen Vortrag vorzubereiten, denn er selbst dann aus organisatorischen Gründen kürzen musste. Dies war sehr schade, denn eigentlich hatten die Themen, die er für seinen Vortrag herausgesucht hatte, durchaus das Potential, die Teilnehmenden mitzunehmen, zumal sich aus unternehmerischer Sicht hier auch Einsparpotentiale ergeben könnten. Angekündigt war sein Vortrag unter folgendem Titel: BOKraft – zeitlos oder obsolet: Werbeverbot außerhalb der Türen – Alarmanlage – Farbzwang. Aus zeitlichen Gründen stellte er dann nur das Thema Alarmanlage zur Diskussion, schade.
Aber schon die Alarmanlage brachte das Publikum sofort in Bewegung. Seit den sechziger Jahren schreibt die Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) im Paragraf 25 Folgendes vor: Taxen und Mietwagen müssen mit einer Alarmanlage versehen sein, die vom Sitz des Fahrzeugführers aus in Betrieb gesetzt werden kann. Die Alarmanlage muss die Hupe zum Tönen in Intervallen und die Scheinwerfer sowie die hinteren Fahrtrichtungsanzeiger zum Blinken bringen. Zusätzlich kann das Taxenschild nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 – auch mittels eingebauter roter Leuchtdioden – zum Blinken gebracht werden.

In den sechziger Jahren war gemäß Linz‘ Recherche die Regelung in die BOKraft aufgenommen worden, weil es in diesen Jahren einige Taxiüberfälle mit schlimmen Folgen gegeben hatte. In dieser Zeit waren die Taxler zwar teilweise mit Funkgeräten ausgestattet, teilweise aber auch nicht und so im Vorhandyzeitalter im Zweifel völlig auf sich allein gestellt. Zusätzlich war es noch nicht im Allgemeinwissen verankert, dass Deeskalation in der Überfallsituation bedeutet, dass man in einer Überfallsituation den Bösewichten einfach die Geldbörse überlassen sollte, anstatt diese mit Leib und Leben zu verteidigen.
Die Alarmanlage sollte also die Taxi- und Mietwagenfahrer und deren Geldbörse schützen. Provokativ beschrieb Linz die Situation des damaligen Fahrers nach dem Überfall, dem sein komplettes Bargeld gestohlen worden war und der mangels Münzgeld noch nicht einmal von der nächsten Telefonzelle um Hilfe rufen konnte. Seitdem hat sich viel geändert. Niemand wird mehr für die mitgeführte Geldmenge seine Gesundheit riskieren, dank Kartenzahlungen gibt es erheblich weniger Bargeld im Taxi und in mehr oder weniger jedem Taxi ist zusätzlich wohl mindestens ein Mobiltelefon verfügbar, auf welches sich auch noch die kostenlose SafeNow-App herunterladen lässt. Zusätzlich sind viele Taxis mit einem Stillen Alarm ausgestattet, der eine ganz andere Form der Unterstützung zulässt.
Technisch aber ist der Einbau der vorgeschriebenen Alarmanlage zwar nicht wirklich herausfordernd, aber es bedarf trotzdem eines zusätzlichen und nicht unerheblichen Aufwands, da die heutigen elektronischen Signalsysteme in den Fahrzeugen die gleichzeitige Einzelansteuerung von Hupe, Scheinwerfern, Rücklichtern und Blinkern, die dann in Intervallen dauerhaft aktiv bleiben sollen, keinesfalls vorsieht. Es bedarf daher einer gesonderten Verkabelung für diese Funktion, die dann im Alltag kaum je gebraucht wird.
Linz fragte dann das Publikum, ob sie diese Vorschrift noch als zielführend und notwendig erachten würden und erntete – wie sooft in der Taxibranche – eine sehr vielfältige Reaktion. Natürlich, jeder Taxler kennt das, der Alarm geht mitten in der Nacht irgendwo im Wohngebiet los und die Chauffeure haben keine Ahnung, wo der berühmte rote Knopf ist, der den Spuk wieder beendet. Auch fiel der Begriff Putzalarm, weil es am meisten beim Putzen zu ungewollten Alarmauslösungen kommt.
Gleichfalls vielen Taxlern bekannt ist das Gefühl, mit Betätigen der Alarmanlage nicht sicherer zu sein, sondern so sogar eine Form der Notwehrprovokation auszulösen. Notwehrprovokation liegt vor, wenn jemand einen Angriff selbst provoziert, um sich dann mit dem Recht der Notwehr zu verteidigen. Dies schränkt das Notwehrrecht ein oder schließt es ganz aus, da der Provozierte rechtsmissbräuchlich handelt. Auf den Taxinotalarm übertragen bedeutet dies, dass der Bösewicht durch die plötzliche Alarmlautstärke in Panik gerät und nun die Waffen auch nutzt, die eigentlich nur zur Bedrohung mitgebracht wurden.
Interessant war im Ergebnis aber, dass keiner der Anwesenden von einer Situation berichten konnte, wo der Taxinotalarm tatsächlich jemanden geholfen hatte. Es gab zwar Überfallgeschichten, aber auch keine, wo diese Form des Hilferufs überhaupt das Potential gehabt hätte, Fahrer oder Fahrerin wirklich zu helfen. Trotzdem gab es nicht unbedingt die Zustimmung des Publikums zu der Abschlussthese von Christian Linz, dass der verpflichtende Einbau einer so detailliert vorbestimmten Alarmanlage inzwischen doch wirklich überholt sei. Wer wolle, könne dies doch trotzdem tun und im Übrigen gäbe es ja auch viele besser geeignete Alarmsysteme, postulierte Linz – ohne aber wirklich das gesamte Publikum auf seiner Seite zu haben.
Wenn schon dieses Thema keinen Harmonieeffekt auslöste, was wäre wohl geschehen, wenn Linz die Diskussion um die Farbfreigabe eröffnet hätte? rw
Symbolbild Taxi Alarmanlage: Foto: Remmer Witte









Das wünschen sich Uber Bolts schon lange . Wir gehen nur langsam deren Wünsche nach
Ich widerspreche ausdrücklich der Behauptung, es sei kein Nutzen der Alarmanlage gegeben. Ich habe persönlich zwei Situationen erlebt, bei denen wir einem Kollegen bei Streitigkeiten mit ihren Kunden helfen konnten, als wir durch den ausgelösten Taxialarm auf die Tätlichkeiten aufmerksam wurden.
Eine andere Situation, von mir persönlich als bedrohlich erlebt, konnte ich durch den beschriebenen Stillen Alarm in Verbindung mit sogenannter Funkbetreung entschärfen. Wie es anders ausgegangen wäre, weiß ich nicht, aber die Situation war aufgelöst.
Tatsächlich entscheidend war dabei allerdings der analoge Sprechfunk, der heute nicht mehr eingesetzt wird. Generell hat er erheblich zur Sicherheit beigetragen, weil damit aus dem näheren Umkreis blitzartig Kollegen zu Hilfe gerufen werden konnten.
Die derzeit verfügbaren Systeme leisten das nicht so gut, abgesehen von der Mithörfunktion. Meist sind allerdings mehrere Bedienschritte erforderlich, im Gegensatz zu früher mit einfachem Tastendruck am Funkgerät oder Alarmknopf.
Optischer, akustischer und stiller Alarm sind ein Sicherheitsfaktor. Diese Funktionen an heutige technische Voraussetzungen und Möglichkeiten anzupassen wäre gefragt. An dieser Stelle ist tatsächlich Technologieoffenheit gefordert. Nötige Abschreckung und gewisse Wehrhaftigkeit ohne Waffen reduzieren die Gefahren unseres Berufs.
Absolute Zustimmung! Allein die Rettung auch “nur” eines Lebens rechtfertigt die rechtliche Anordnung eines lauten Alarms. Merkwürdig, dass die Teilnehmenden kein entsprechendes Beispiel parat hatten. So nahm ich als Zuschauer an einem Prozess teil, bei dem ein Zeuge detailliert berichtete, dass er ausschließlich wegen des lauten Taxialarms auf den Taxifahrer aufmerksam wurde, der anschließend durch eine Notoperation gerettet werden konnte. “Digitalere Methoden” wären sein sicherer Tod gewesen. Also Beispiele gibt es offensichtlich genug. “Einsparpotentiale” sind hier völlig fehl am Platze. Streicht man den lauten Alarms, steigt unweigerlich die Opferzahl derjenigen, die durch ebendiesen gerettet worden wären. Hoffentlich hat Herr Linz nicht nur an die zu sparende Kohle gedacht….
In dem Beitrag vermisse ich alternative digitale alarmsysteme.Die Effizienz des alten Sprechfunk wird wahrscheinlich kein System haben
Im Beitrag wird die kostenlose App SaveNow als Alternative genannt.