Andreas Scheuer hinterließ dem Taxigewerbe zum Abschied zwei neue Instrumente: das Mindestbeförderungsentgelt (MBE) und den Tarifkorridor. Während das MBE noch viele Rätsel aufgibt, lässt sich der Tarifkorridor bereits besser nutzen – doch auch er ist nicht selbsterklärend und bietet Interpretationsspielräume sowie Fallstricke, wie bei dem Deutschen Taxi- und Mietwagentag in Erfurt deutlich wurde.
Seit jeher waren fahrstreckenabhängige Tarife das Markenzeichen des Taxis: Ein geeichter Taxameter misst die Strecke und zeigt den Fahrpreis an, ohne Manipulation durch den Fahrer. 2021 änderte der Gesetzgeber mit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) diese Regel: Über §51 ist nun erstmals die Vereinbarung von Festpreisen auch für bestimmte Regelfahrtstrecken, etwa zur Messe oder zum Flughafen, möglich. Ziel ist, dem Taxi in Konkurrenz zum Mietwagen ebenfalls die Chance zur Digitalisierung zu geben, da Fahrpreise für definierte Strecken bereits im Vorfeld relativ genau berechnet werden können.
Die Gesetzestexter formulierten dies so: „Für Fahrten auf vorherige Bestellung können Festpreise bestimmt oder Regelungen über Mindest- und Höchstpreise getroffen werden, innerhalb derer das Beförderungsentgelt vor Fahrtantritt frei zu vereinbaren ist.“ Damit erhält die Telefonzentrale nun die Kompetenz, Festpreise eigenständig zu vereinbaren.
Die Städte Chemnitz, München, Berlin, Frankfurt, Hamburg und andere setzten die neue Option schnell in ihren Tarifordnungen um – jeweils nach eigenen Vorstellungen. In der Podiumsdiskussion „Tarifkorridor – Vor- und Nachteile“ auf dem BVTM-Taxitag ging es daher vor allem um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ausprägungen.

Ende 2022 nahm Chemnitz als erste Stadt einen Tarifkorridor in die Tarifordnung auf, im September 2023 folgte München als erste Metropole, danach weitere Städte. Üblich sind Spielräume von minus 5 % bis 20–25 % über dem regulären Taxitarif.
Allerdings treten bereits erste Ungereimtheiten auf: Viele, aber nicht alle Tarife berücksichtigen verkehrsbedingte Wartezeiten unterschiedlich. Teilweise wird diese ab der ersten Sekunde gezählt, teilweise gibt es eine entgeltfreie Karenzzeit, die erst endet, bevor die Wartezeit in die Fahrpreisberechnung einfließt. Diese Karenzzeit beginnt in der Regel bei jeder neuen Ampel wieder von vorn. Da sich Wartezeiten, mit oder ohne Karenzzeit, im Voraus nicht genau berechnen lassen, haben einige Städte ihren Tarifkorridor so interpretiert, dass sie die Wartezeit beim Berechnungstarif weglassen und den Ausgleich über die Prozente oberhalb des Grundtarifs schaffen. Dadurch kann ein Tarifkorridorfestpreis in der Hauptverkehrszeit zwar 15 Prozent über dem geschätzten Grundpreis liegen, aber den tatsächlichen Taxameterpreis dennoch unterschreiten.
Gregor Beiner, Unternehmer aus München, bezeichnete dieses Vorgehen als fehlerhaft und empfahl, für geplante Tarifkorridore vorab einen Wert für die erwartete Wartezeit festzulegen und dafür einen etwas kleineren Spielraum zu wählen. Die Ermittlung der Wartezeit gestaltet sich insbesondere bei Karenzzeitmodellen schwierig. Als Faustwert gelten tageszeitabhängig etwa 10–15 %, wobei einzelne Städte deutlich davon abweichen können.
Uneinigkeit herrschte darüber, ob eine Fahrt zu verschiedenen Tageszeiten denselben Preis haben muss. Soll künftig eine KI den Fahrpreis festlegen, müsste der Preis flexibel bleiben, damit die KI Spielraum hat – auch wenn nachfrageabhängige Faktoren wie bei Uber weiterhin außen vor bleiben sollen.
Die Diskussion der Vertreter verschiedener Tarifkorridorstädte – Wolfgang Oertel aus Chemnitz, Gregor Beiner aus München und Hermann Waldner aus Berlin – drehte sich vielfach um diese Unterschiede. Auch Berlin nutzt inzwischen einen Tarifkorridor, hat aber wie viele Städte noch Probleme bei der Festpreiseingabe in die Taxameter. Moderne Taxameter erlauben dies zwar, die Eingabe ist jedoch oft kompliziert und überfordert manche Fahrer. Mit der TSE-Pflicht zum kommenden Jahreswechsel soll dieses Problem weitgehend behoben werden, da Fehleingaben dann nur noch mit aufwändigen Korrekturen berichtigt werden können.
Ärgerlich für die Digitalpioniere im Gewerbe ist das häufige Misstrauen vieler Taxifahrer gegenüber Neuerungen, die ihre Zukunft positiv beeinflussen könnten. Ist es wirklich ein Beinbruch, wenn der Taxameter bei einer Fahrt einmal 5 oder 10 Prozent über dem vereinbarten Festpreis liegt und beim nächsten Mal andersherum? Besonders problematisch sind die Bargeldlosverweigerer, die die Einführung neuer Systeme erschweren. Die Kundenakzeptanz ist dagegen hoch, vor allem bei Geschäftskunden (B2B), die die Kalkulierbarkeit schätzen. Für Privatkunden (B2C) ist attraktiv, dass ein fixierter Festpreis das Risiko von Überzahlungen durch fehlende Ortskenntnis oder Fehler minimiert.
Die Stadt Hamburg, als einzige deutsche Metropole weitgehend mietwagenfrei, testet derzeit eine andere Variante. Dirk Ritter vom Senat stellte ein Modell vor, das in verschiedenen Stufen auch leistungsbezogene Tarifaufschläge von bis zu 50 Prozent prüft, bevor eine endgültige Entscheidung fällt. Zu seinem Bedauern hat sich Hansafunk, Hamburgs größte Zentrale, aus dem Test zurückgezogen und will erst einsteigen, wenn der Festpreiskorridor im allgemeinen Tarif festgelegt ist. Hansafunk-Chef Jan Weber begründet dies mit Bedenken zur Verständlichkeit der Modelle für die Kunden. rw
Impressionen vom Deutschen Taxi- und Mietwagentag (Fotos: Taxi Times)
Hinweis der Redaktion: Taxi Times war beim Deutschen Taxi- und Mietwagentag mit vier Redakteuren vor Ort und konnte deshalb alle, teils parallel stattfindenden Panels besuchen. Lesen Sie die ausführlichen Zusammenfassungen der Panels über die nachfolgend aufgeführten Links.
Übersicht über den Tag 1 des Deutschen Taxi- und Mietwagentags: Erfurt wurde zum Taxi-Mittelpunkt
Übersicht über den Tag 2 des Deutschen Taxi- und Mietwagentags: Freunde? Feinde? Überleben!
Panel „Teilhabe und Daseinsvorsorge – Taxis noch inklusiver machen“: „Taxi für alle“ – wie wäre es mit „Rollitickets“?
25.11.25 RW: Panel Rahmenbedingungen Krankenfahrten: „Gamechanger Krankenfahrten?“
26.11.25 RW: Panel „Plattformen: Freund oder Feind“: Plattformkooperationen – Sackgasse oder ein neuer Weg?
27.11.25: Panel Von obskur bis allgegenwärtig – das ÖPNV-Taxi wächst“ Inkl. Workshop: „Linienverkehr und Taxi brauchen Paartherapie“
28.11.25: Panel Die Kleine Fachkunde: „Wie geht es weiter mit der Kleinen Fachkunde?“
28.11.25: Panel Mindestbeförderungsentgelte: Wo wir jetzt stehen: „MBE – das neue Zaubertool der Taxler“
Beitragsfoto: Grafik Remmer Witte













In Berlin ist der Festpreis mit dem Tarifkorridor der Todesstoß für das Taxigewerbe. Uber & Co haben sich sofort auf das Taxigewerbe gestürzt und werden fortan immer profitieren. Taxis werden vo ihnen grundsätzlich 10% unter Tarif vermittelt. Je nach Nachfrage stehen Mietwagen oder Taxis ganz oben in der Vermittlung. Im Moment meistens Mietwagen. Sollte es die einmal nicht mehr geben (wenn endlich alle Behörden ihre Arbeit machen), werden eben nur noch Taxen vermittelt, zu dann immer höheren Vermittlungsgebühren. Das Taxigewerbe scheint bereits jetzt total abhängig von den Vermittlungsapps zu sein. Kaum ein Taxi in der Hauptstadt ohne Aufkleber von Lyft/freenow, Uber oder Bolt. Einsteiger gibt es kaum noch, selbst vor den großen Hotels werden mehr Taxis mit einer App bestellt, als dass Fahrgäste in eines der zehn wartenden Taxis einsteigen. Meiner Meinung nach war der Taxameterpreis das gerechteste, was es gibt. Vorausgesetzt natürlich, der Kutscher kennt den kürzesten Weg…
Liebe Sonja, In der Sache hast du Recht, aber du machstr den Bock zum Gärtner. Der Todesstoß ist dann aber doch nicht der Festpreis für das Taxi, sondern die Tatsache, dass Uber genug Taxifahrer und Unternehmer in Berlin findet, die jetzt eben für Uber-Taxi fahren. Anstatt also eine wichtige Errungenschaft für das Taxi gleich wieder schlecht zu reden, sollte man lieber alles daran setzen, dass kein Unternehmer für Uber fährt.
Mich würde interessieren, wer mit welcher Kompetenz und Erfahrung diesen Antwort-Kommentar geschrieben hat. Er strotzt vor Parteinahme für einen Vermittler und Mangel an Sachkenntnis. Auch wenn der Festpreis keine Totgeburt ist, ist er mindestens eine hässliche Missgeburt, die die Taxifahrer noch mehr zum Sklaven der Vermittler macht, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Vermittler Uber, Bolt, Freenow oder Waldner heißt. Es kann einfach nicht sein, dass ein bestelltes Taxi, welches Anfahrts und Vermittlungskosten hat, für den Fahrgast billiger sein kann, als ein Taxi, das am Bahnhof, vor dem Hotel oder dem Klub vor dem Fahrgast steht. Das ist aber der Fall. So konnte es sein, dass ich, vor meiner krankheitsbedingten längeren Pause, ganze zwei Stunden vor einem Klub gestanden habe und vor meiner Abfahrt ohne Fahrgast zusehen musste, wie mindestens 20, in Worten zwanzig, Taxen vorfuhren und Fahrgäste abholten, die neben meinem Fahrzeug stehend ihr Handy gezückt und ein Festpreis-Taxi geordert hatten. So auch geschehen mit dem letzten Klubbesucher. Von den 30 oder 40 Mietwagen ganz zu schweigen. Es hat sich eben eingebürgert, dass der Festpreis immer günstiger ist als der normale Tarif es wäre. Ich habe nur einmal, und das war meine erste Festpreisfahrt gewesen, einen um 10 % höheren Preis gehabt. Das war zur Fussball Europameisterschaft gleich nach einem Spielende. Ansonsten immer niedrigere Preise und das auch sehr oft mit mehr als 10 % Skonto. Warum überhaupt?
Danke für Ihren Leserkommentar, Herr Kaya. Wir sind sehr froh, das wir über unsere Kommentar-Funktion jezt endlich denjenigen gefunden haben, der über die notwendige Sachkenntnis verfügt, um die Taxibranche zu retten. Fast schade, dass der Bundesverband erst kürzlich ganz frisch einen neuen Präsidenten gekürt hat. Eigentlich wären Sie der viel bessere Kandidat gewesen.
Nein, im Ernst: Das, was sie da schildern, ist doch der pure Beweis, dass die Festpreise vom Kunden gewollt sind. Am Halteplatz stehen und auf den Einsteiger zu warten, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Taxi ist wertvoll, aber nur dann, wenn das Geschäft endlich aus der Perspektive des Kunden heraus praktiziert wird.
Nehmen Sie es uns nicht übel, aber solange sie am Halteplatz zusehen, wie 20 Fahrgäste vor Ihrer Nase in ein anderes Taxi steigen und Sie die Schuld daran allen Ernstes der Taxizentrale geben, die mit Festpreisen die Kunden davon abhalten, einen Mietwagen zu bestellen, solange ist Ihnen nicht zu helfen.
Also in Düsseldorf ist es in der Verordnung bereits verankert dass jeder Taxi ein EC – Karten Zahlung akzeptieren muss wenn der Kunde mit Karte zahlen möchte und das finde ich gut so . Wirklich perfekt ! Müsste Deutschland weit so sein!
Festpreisberechnung in Düsseldorf
Beispiel Strecke .: Maritim Hotel am Flüghafen zum Düsseldorf HBF Konrad Adenauerplatz.
Entfernung kürzeste Strecke – 9,5 km
Dauer der schnellste Strecke – 20 min
2,7€ pro km
43€ pro Stunde = 0,72€ pro Minute
Mögliche Preisspanne von ausgerechneten Festpreis ( + ) ( – ) 20%
Grundpreis 5€ darf nicht beim Festpreisberechnung mitgerechnet werden.
Die durchschnittliche Geschwindigkeit in
Düsseldorf 25 km/h – 30 km/h
Wir nehmen einfach 30 km/h
In der Regel laut meine Auswertung 10% des Fahrpreises sind es die Wartezeit .
Wenn wir davon ausgehen dann Schaft ein Fahrzeug in 8,5 Stunden Maximal 255 km als
Gesamtlaufleistung in der Stadt.
255 km/2=127,5 km müssten davon besetzt sein/werden .
127,5 km * 2,7€ =344,25€ für die 8,5 Stunden Schicht was völlig gut ist. ( Idealfall die 5 € Grundpreis sollten dann Anfahrt oder Wartezeit bis zum nächste Fahrt amortisieren )
Das heißt die 2,7€ pro km sind für die Dauer/Geschwindigkeit die in der Stadt ( 1 km in zwei Minuten ) zurückgelegt werden können sind in Ordnung . ( Voraussetzung man fährt durchgehend ohne Ampel ) (30km/h durchschnittlich)
Rechnung .: (9,5 km *2,7€ pro km )+(0,72 € pro min * 20min) = 40,05€ Basispreis + – 20 %
Jetzt frage ich mich warum und weshalb dann beim Festpreis Berechnung zusätzlich zu den 2,7€ noch 0,72€ pro Minute für die Dauer der Fahrt von A nach B gerechnet werden müssen ?
Und was ist wenn man eine Fahrt für 1 km und 2 min zum Festpreis bekommt soll man dann für 5€ Max fahren da man den Grundpreis nicht berechnet darf ?
( zum Glück habe ich noch so eine Fahrt nicht bekommen)
von solchen km träumen wir hier in Regensburg bloß. wir machen im durschnitt 60-120 km, ausgenommen wir erwischen sehr gute Auswärtsfahrten, wir haben oft 1-2 km Fahrten und wenig touren, dank unsere NEUEN Mietwagen natürlich