Verbandsarbeit ist langweilig und mühselig? Von wegen! Die Jahreshauptversammlung des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) zeigte einmal mehr das Gegenteil: ein lebendiges Potpourri aus Informationen, Praxistipps und Networking für den Unternehmensalltag. Den Abschluss bildeten zwei spannende Workshops zu Arbeitsunfähigkeitsrecht und KI-Optionen für Unternehmen.
Die Versammlung der niedersächsischen Taxiunternehmer im Rahmen der GVN-Jahreshauptversammlung begann mit einer Schweigeminute: dieses Jahr hatte das Gewerbe zwei große Verluste zu beklagen. Sowohl Michael Müller, ehemaliger Präsident beider Taxi-Bundesverbände und langjähriger Taxichef in Niedersachsen, als auch Susanne Maluschke, die prägende Kraft der GVN-Taxi-Geschäftsstelle in Hannover, hinterlassen eine große Lücke.
Inhaltlich dominierten anschließend die Themen Uber und TSE. Die verpflichtende Signierung der Taxidaten startet in wenigen Tagen, während plattformbasierte Mietwagen nun verstärkt auch Städte wie Braunschweig, Oldenburg und Wolfsburg erreichen. Stephen Schubert, Geschäftsführer der GVN-Fachvereinigung Taxi Mietwagen, erläuterte die begrenzten Möglichkeiten des Verbands und des Gewerbes, sich gegen den „Raubtier“-Konkurrenten Uber zu wehren. In den Anhörungen zu neuen Konzessionsanträgen sieht er kaum Spielraum – zumal Uber lernfähig sei und bei strengeren Anforderungen der Genehmigungsbehörden schlicht sorgfältigere Anträge einreiche.
Etwas mehr Erfolg verspricht die Initiative des niedersächsischen Verbandes, landesweite Befreiungen vom Wegstreckenzähler grundsätzlich abzulehnen oder zumindest deutlich restriktiver zu handhaben. Als weiteres scharfes Instrument gelten Mindestbeförderungsentgelte (MBE), die jedoch gutachterlich vorbereitet werden sollten, um wirksam zu sein.
Spannend ist auch eine Idee des Rechtsanwalts Lars Maritzen, die er beim TMV-Think-Tank in Bamberg vorstellte: Eine App soll es ermöglichen, Rechtsverstöße von Uber-Fahrzeugen unkompliziert anzuzeigen, ohne dass jede Dokumentation erneut manuell erstellt werden muss – was die Zahl der Meldungen erheblich erhöhen könnte.
Große Aufmerksamkeit galt zudem der TSE. Wer es bis Jahresende nicht schafft, die TSE anzuschließen und anzumelden, sollte sich zeitnah vom Taxameter-Dienst schriftlich bestätigen lassen, dass ein Einbautermin rechtzeitig angefragt wurde, aber wegen hoher Nachfrage oder Lieferproblemen nicht fristgerecht möglich ist. Diese Bestätigung sollte ein Datum und eine grobe Einschätzung des voraussichtlichen Einbautermins enthalten. Sinnvoll ist außerdem, mehrere Betriebe im Umkreis anzufragen, um nachweisen zu können, dass man sich aktiv um Alternativen bemüht hat.
Hoffnung auf eine intensivere und digitalisierte Zusammenarbeit mit Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern und Reha-Kliniken weckt das GVN-Projekt Smartmove, das in den Startlöchern steht. Taxi Times wird darüber in Kürze ausführlich berichten. Zum Abschluss der Tagung der Fachvereinigung präsentierte Joachim Flämig die aktuelle Nutzfahrzeugflotte eines bekannten niedersächsischen Herstellers, und Oliver Daniel stellte das Angebot des neuen Fördermitglieds Daniel Software GmbH zur Abrechnung von Krankenfahrten vor.
In der Hauptversammlung berichtete GVN-Geschäftsführer Benjamin Sokolovic unter dem Motto „weniger Leiterbeauftragte“ vom täglichen Kampf des Verbandes gegen ausufernde Bürokratie – etwa im Bereich der Arbeitssicherheit oder bei restriktiven Ausnahmen zur Wegstreckenzähler-Befreiung. Inspirierend auch für Taxi- und Mietwagenunternehmen könnte ein Erfolg der Speditionsbranche sein: Bei regelmäßigen Gesundheitsprüfungen kann die ausreichende Sehfähigkeit künftig auch vom Optiker bescheinigt werden. Der häufig schwer erhältliche Termin beim Augenarzt entfällt damit. Da es auch bei Fahrgastbeförderern immer wieder zu Verzögerungen bei der P-Schein-Verlängerung kommt, wäre dies möglicherweise ebenfalls eine sinnvolle Option für das Gewerbe.
Auch Personalien spielten auf der JHV eine Rolle. Präsident Mathias Krage wurde altersbedingt verabschiedet. Für Niedersachsens Taxigewerbe noch bedeutsamer ist jedoch die Verstärkung des Teams um Geschäftsführer Stephen Schubert: Anfang Dezember startet Christian Harstick in der zweiten Reihe hinter Schubert. Er soll jene Lücke schließen, die durch die Verschlankung und den Wegfall der vier regionalen Geschäftsstellen im Flächenland entstanden ist. Der gelernte Industriekaufmann hat Transport und Logistik studiert und bringt damit beste Voraussetzungen mit, um die Unternehmen bei ihren vielfältigen aktuellen Herausforderungen zu unterstützen.

Der Abend des ersten Veranstaltungstages gehörte dem geselligen Miteinander im Ballsaal des Tagungszentrums Achtermann in Goslar. Am zweiten Tag berichtete der Präsident des Niedersächsischen Landesarbeitsgerichts, Wilhelm Mestwerdt, lebendig und praxisnah über neue Möglichkeiten, zweifelhafte Arbeitsunfähigkeiten ohne Umweg über den Medizinischen Dienst und nötigenfalls auch gerichtlich prüfen zu lassen. Aufgrund der Fülle an Informationen wird Taxi Times diesen Workshop in einer eigenen Meldung aufgreifen. Gleiches gilt für den zweiten Workshop, in dem KI-Agent Jan Koch eindrucksvoll zeigte, wie weit KI im Unternehmensalltag – insbesondere in der Logistik, aber längst auch im Taxi- und Mietwagensektor – bereits fortgeschritten ist. Bei Uber ist sie schon heute ein zentraler Erfolgsfaktor.
Nach Bamberg (TMV-Think-Tank), Erfurt (BVTM-Taxitag) und Baunatal (FPH Hessen) reiht sich auch die GVN-JHV in Goslar in die Serie hochkarätiger Branchenveranstaltungen dieses Herbstes ein. Wer im Unternehmensalltag manchmal das Gefühl hat, den Herausforderungen dieser Zeit kaum noch gewachsen zu sein, findet auf solchen Verbandstagen garantiert neue Inspiration und konkrete Lösungsansätze. rw
Beitragsfoto: Jahreshauptversammlung des GVN, Foto: Remmer Witte








