An der Verkehrssicherheitskampagne „#MehrAchtung“ beteiligen sich ab sofort auch rund 170 Karlsruher Taxis. Wie wichtig die Sensibilisierung auf so genannte „Dooring-Unfälle“ ist, zeigen zwei tragische Folgen solcher Unfälle.
Als „Dooring-Unfälle“ bezeichnen Verkehrsexperten jene Kollisionen zwischen einem Pkw und Fahrradfahrenden, die durch ein plötzliches Öffnen der Fahrzeugtür (Tür = door auf Englisch) verursacht werden, wenn genau in diesem Moment ein Fahrradfahrender am Auto vorbeifährt und dann nicht mehr ausweichen kann.
Auch bei Taxis passieren solche Unfälle, meist verursacht von den Fahrgästen, die beim Aussteigen ohne den nötigen Schulterblick die Türe aufreißen. Um dafür zu sensibilisieren, haben die Fachvereinigung Taxi / Mietwagen im Verband des Verkehrsgewerbes Baden e.V. gemeinsam mit der Taxizentrale Karlsruhe eG rund 340 Bezüge an die Karlsruher verteilt, die dann in 170 Karlsruher Taxis über die Kopfstützen gezogen werden. Auf ihnen ist der Hinweis zu finden, dass man vor dem Aussteigen immer an den Schulterblick denken sollte. Am besten funktioniert das übrigens, wenn man die Türe mit der „türentfernten Hand“ öffnet, da man dazu automatisch den Körper samt Kopf nach hinten drehen muss – also genau dorthin, wohin man auch zur Absicherung blicken sollte.
Zum Startschuss der Aktion war Dr. Albert Käuflein, Bürgermeister von Karlsruhe unter anderem für den Bereich Kultur, öffentliche Sicherheit und Ordnung, an den Hauptbahnhof gekommen, wo die ersten Taxis mit übergezogenen Kopfstützen präsentiert werden konnten. Käuflein richtete ein paar Worte an die anwesenden Taxivertreter sowie an die Pressevertreter, mit denen er sich für das Sicherheitsengagement der Taxibranche bedankte.

Tobias Lang, Geschäftsführer des Verbands des Verkehrsgewerbes Baden, stellte bei seiner Ansprache den Kampagnen-Namen in den Vordergrund: Die Aktion verdeutliche, wie wichtig es sei, dass die Verkehrsteilnehmer untereinander „#MehrAchtung“ zeigen. Allzu oft sei der Fahrgast in Hektik und reißt dann ohne nachzudenken die Türe auf. „Durch die Kopfstützen wird der Fahrgast plakativ daran erinnert, sich vor dem Aussteigen zu vergewissern, dass kein Fahrradfahrer gerade am Taxi vorbeifährt.“
Matthias Zimmermann, Baden-Württembergischer Landesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), lobte die Sensibilisierung, die durch dieses Aktion seitens des Taxigewerbes geschaffen werde. Er betonte aber auch die Aufgabe seines ADFC, den Radfahrern das Selbstbewusstsein zu vermitteln, dass ihnen das Recht zusteht, mit einem Meter Abstand zu Bordstein oder stehenden Fahrzeug zu fahren. Auch damit lassen sich Dooring-Unfälle vermeiden.
Die Folgen solcher Unfälle sind nicht selten sehr gravierend. Die Schauspielerin Wanda Perdelwitz wurde auf einem Fahrrad in der Nähe eines Hamburger Bahnhofs von einer aufgerissenen Tür eines Privatwagens erfasst und dabei tödlich verletzt.
Auch in Berlin machte ein Dooring-Unfall Schlagzeilen. Ein Taxi hielt verbotswidrig auf einer Sperrfläche, eine Fahrgästin riss die Tür auf und der daran vorbeifahrende Radfahrer stürzte schwer. Der Taxifahrer verließ den Unfallort, und die Verursacherin gab dem Radfahrer falsche Kontaktdaten.

Die Folgen des Unfalls waren eine Radiuskopf-Fraktur Typ 2, Knorpelflake 4. Grades (ein Stück Knorpel musste entfernt werden). Knochen reibt nun auf Knochen, das Arthrose-Risiko ist sehr hoch. Das Unfallopfer kann seinen Arm nicht mehr vollständig strecken oder beugen, ihn nicht schwer belasten und hat dauerhafte Einschränkungen – Sportarten wie Tennis sind für ihn nicht mehr möglich.
Finanziell hätte das Unfallopfer Anspruch auf eine Entschädigung im fünfstelligen Bereich – doch weil die Verursacherin falsche Daten angab und der Taxifahrer verschwand, kann es keine Ansprüche durchsetzen. Bis heute bleibt das Unfallopfer auf sämtlichen Kosten sitzen. Für den Mann wurde daher vor einiger Zeit eine Spendenaktion ins Leben gerufen, die auch von der Berliner Taxizentrale unterstützt wird. Der Link zu der Spendenaktion für „Goldi“ wurde allen Berliner Taxifahrern zugänglich gemacht. Auch Taxi Times hat sich mit einer Spende beteiligt und hofft, dass über diese Meldung noch der eine oder andere Taxifahrer seine Solidarität zeigt.
Berlin nimmt übrigens, wie auch Hamburg, an der Kampagne „#MehrAchtung“ teil und hat ebenfalls zahlreiche Taxis der Hauptstadt mit entsprechenden Kopfstützen versehen. Die Aktion ist Teil der vom Bundesverkehrsministerium zusammen mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) initiierten Kampagne #MehrAchtung. Sie wird vom Bundesverband Taxi- und Mietwagen (BVTM) und dessen Mitgliedorganisationen unterstützt, was bei einer ersten Zwischenbilanz ausdrücklich gewürdigt wurde.
Bleibt zu hoffen, dass die Kopfstützen in den Taxis helfen, Dooring-Unfälle künftig zu vermeiden, damit solche Spendenaktionen erst gar nicht mehr nötig werden. jh
Das Beitragsfoto zeigt einen Karlsruher Taxiunternehmer. Foto: Taxi Times








