Das Berliner Arbeitsgericht hat über die Klage eines Taxifahrers entscheiden müssen, der seine vom Taxameter als Pause aufgezeichneten Zeiten als Arbeitszeiten erstattet bekommen möchte.
Ein Berliner Taxifahrer hatte eines der größeren Berliner Taxiunternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten auf Nachzahlung verklagt. Im Betrieb seines Taxiunternehmens werden Taxameter eingesetzt, die nach drei Minuten Stillstand durch einen Signalton zum Tastendruck auffordern. Reagiert darauf der Taxifahrer nicht, registriert der Taxameter ab diesem Moment die weitere Arbeitszeit bis zum Starten des Motors bzw. drücken einer Taxametertaste. Bei der anschließenden Abrechnung wird diese Zeit dann als „Nicht-Arbeitszeit“ gerechnet und muss dementsprechend auch nicht bezahlt werden.
Der klagende Taxifahrer wollte diese Zeiten aber als Arbeitszeit erstattet bekommen, da er die Nutzung der so genannten„Totmanntaste“ als unzumutbar befand. Darüber sollte ursprünglich bereits im April verhandelt werden, der Prozess wurde jedoch auf den 10. August verlegt.
Das nun gefällte Urteil des Berliner Arbeitsgerichts gibt dem Taxifahrer überwiegend Recht (Aktenzeichen 41 Ca 12115/16). „Ein Taxiunternehmen kann von einem bei ihm als Arbeitnehmer beschäftigten Taxifahrer nicht verlangen, während des Wartens auf Fahrgäste alle drei Minuten eine Signaltaste zu drücken, um seine Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren.“ heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Die vom Taxiunternehmen getroffene Regelung bezüglich des Signalknopfes verstoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Dieses verbiete eine unverhältnismäßige Erfassung von Daten des Taxifahrers. Das Interesse des Arbeitgebers, die Arbeitsbereitschaft des Taxifahrers zu kontrollieren, erfordere keine so enge zeitliche Überwachung. Das Gericht stuft die „Totmanntaste“ damit ähnlich ein, wie schon die Referentin für sozialen Arbeitsschutz der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, Nadia Schley.
Abgewiesen hat das Arbeitsgericht hingegen die Klage zum Umfang der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen. „Der Taxifahrer ist verpflichtet gewesen, diese einzuhalten. Dies sei ihm auch möglich gewesen, da er den Beginn und die Dauer der Ruhepausen selbst bestimmen konnte.“
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin kann das Taxiunternehmen jetzt Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einlegen. nu
Symbol-Foto: Taxi Times
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Hat denn das Gericht geklärt wie engmaschig der Arbeitgeber die Arbeitsbereitschaft kontrollieren darf? Hält es zum Beispiel 15 min für zumutbar?
Das Problem ist (und das ärgert auch den Anwalt der Arbeitgeberseite): Das gericht hat eine Pressemeldung auf basis des mündlichen Urteils vom 10.8.17 heruasgegeben. Die schriftliche Ausfertigung ist noch keiner Seite zugestellt worden, daher kann diese Frage nicht beantwortet werden.
Die Redaktion
Wenn der Taxameter alle Standzeiten aufzeichnet kann natürlich auch ausgewertet werden, ob der Fahrer gesetzlich vorgeschriebene Pausen tatsächlich genommen hat. Was ist, wenn Fahrer diese Pausen eben gar nicht nehmen (was ja wohl in der Praxis sehr häufig passiert) und es dann zu einem Unfall kommt. Wer hat dann alles Zugriff auf diese Daten? Kann der Unfallgegner darauf zugreifen und dann eben argumentieren, dass der Fahrer aufgrund fehlender Pausen übermüdet war und somit am Unfall schon aus diesem Grund mitschuldig ist? Können Aufsichtsbehörden diese Daten einsehen und dann Betriebe abmahnen oder Schlimmeres tun wegen Missachtung gesetzlicher Arbeitsschutzbestimmmungen? Willkommen im Überwachungsstaat 2017.