Die Polizei in London wirft Uber vor, Ermittlungen gegen Fahrer wegen sexueller Nötigung, illegalem Waffenbesitz und Überfällen wissentlich behindert zu haben, berichtet die in London erscheinende Times. Scotland Yard ermittelte im letzten Jahr in 48 Fällen gegen Uber-Fahrer in London wegen sexuellen Angriffen.
Das für das Londoner Taxi- und Mietwagengewerbe zuständige Kommissariat hat öffentlich „schwerwiegende Bedenken“ über Ubers Zusammenarbeit ausgedrückt. In einem Brief an die Sunday Times schrieb der leitende Polizeiinspektor, Uber würde nur minderschwere Vorfälle der Polizei melden. Schwerwiegende Fälle, die Uber bekanntgegeben würden und der Reputation schaden könnten, würden den Ermittlungsbehörden absichtlich verschwiegen. Die überwiegende Anzahl der Fälle würde der Polizei durch die Opfer selbst bekannt, und ein kleiner Anteil durch die Behörde. Uber habe zwischen sieben Wochen und sieben Monate verstreichen lassen, bevor sie ihnen bekannte Verstöße angezeigt habe. Die Polizei und Genehmigungsbehörde hätten so keine Chance, einzugreifen.
Uber habe damit die öffentliche Sicherheit gefährdet, da ein rechtzeitiges Eingreifen der Polizei Straftaten von Mehrfachtätern hätte verhindern können. Die Firma verletze außerdem die Rechte der Fahrgäste und setze sie Gefahren aus, so die Polizei, wenn sie bekannte Straftaten nicht oder zu spät anzeige.
Laut Polizei handele es sich im Großraum London um mindestens sechs Vergewaltigungen bzw. sexuelle Übergriffe, einen Raubüberfall und zwei Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit, die 2016 begangen wurden. In mindestens einem der sechs von Uber verschwiegenen sexuellen Übergriffe konnte der kriminelle Uber-Fahrer eine zweite Frau angreifen – dieser zweite Fall wäre vermeidbar gewesen, so die Polizei, wenn sie vorher vom ersten Kenntnis gehabt hätte. Einige andere Fälle von sexuellen Übergriffen durch Uber-Fahrer wurden von der Presse aufgegriffen und sorgten für negative Schlagzeilen für den Betreiber der App.
Übereinstimmende Zeugenaussagen von Opfern der Uber-Fahrer bestätigen, dass Uber den hilfesuchenden Fahrgästen den Eindruck vermittelt habe, Uber selber werde die Vorfälle der Polizei melden und Schritte gegen die Fahrer einleiten. Tatsächlich hat Uber die vorgeworfenen Straftaten aber nicht den Behörden gemeldet.
Im Fall des mehrfach vergewaltigenden Sexualstraftäters wurde der Fahrer von Uber befragt, hat aber den Vorfall abgestritten. Daraufhin wurden keine weiteren Maßnahmen ergriffen. Erst nach der zweiten Beschwerde habe man den Fahrer entlassen. Gegenüber der Polizei wollte man die Identität „aus Datenschutzgründen“ nicht preisgeben, solange es keine offizielle Ermittlung gäbe.
Ähnlich ging Uber offenbar in etlichen anderen Fällen vor, wie zum Beispiel in einem Fall von illegalem Waffenbesitz und Gewalttätigkeiten im Straßenverkehr. Hier hantierte Uber anscheinend mit Ausreden, um sich schützend vor den Fahrer zu stellen und verweigerte zunächst die Herausgabe der Daten.
Der Leiter der Polizeieinheit drückte schwerwiegende Bedenken aus, dass Uber seine eigene Reputation über die Sicherheit der Fahrgäste stellen würde und selber entscheide, welche Vorfälle der Polizei oder der Genehmigungsbehörde gemeldet würden. Er forderte Uber auf, auch bekannt gewordene Verstöße und Verdachtsfälle, die unterhalb der Schwelle einer Straftat lägen, der Genehmigungs- und der Führerscheinbehörde zu melden.
In einer Erklärung Uber nannte Uber die Vorwürfe „überraschend“. Der Brief „spiegelt in keiner Weise die gute Zusammenarbeit, welche Uber mit der Polizei pflegt, wider,“ so Uber laut Times in einer Stellungnahme. Weiter schrieb Uber ausweichend: „Wir raten den Leuten, schwerwiegende Vorfälle bei der Polizei anzuzeigen und alle weiteren Untersuchungen zu unterstützen. Aber wir respektieren das Recht des Einzelnen, frei zu entscheiden, ob er solche Anzeigen machen möchte,“ und legt damit nah, dass die Opfer vielleicht gar keine Anzeige wünschen würden.
Die Genehmigungsbehörde TfL nannte das Vorgehen Ubers „völlig inakzeptabel“. Eine Sprecherin sagte, das „offensichtliche Vertuschen“ von Straftaten sei „beschämend“. Die Stadtverwaltung Londons hat in Kürze zu entscheiden, ob der amerikanische Fahrtenvermittler seine Dienste weiter in der Stadt anbieten darf. Zuletzt hatte die Behörde Ubers Erlaubnis wegen erheblicher Bedenken und Protesten unter Auflagen nur für vier Monate, bis September, verlängert. prh
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